Paula Irmschler: Superbusen (Roman)

Ironisches Überprüfen von Vorurteilen

von Horst-Dieter Radke

Nach dem Le­sen des Ro­mans “Su­per­bu­sen” von Pau­la Irm­schler hat man das Ge­fühl, das sich zur Not auch in Chem­nitz le­ben lies­se, und dass eine Zeit jen­seits von brau­ner Het­ze auch für die­se Stadt zu­min­dest vor­stell­bar ist…

Paula Irmschler: Superbusen - Roman, 312 Seiten, Claassen, ISBN 978-3-546-10001-4

Die Hand­lung von “Su­per­bu­sen” ist schnell er­zählt: Jun­ge Frau zieht nach Chem­nitz um zu stu­die­ren, ge­nau­er: um Di­stanz zwi­schen sich und der Fa­mi­lie zu brin­gen. Das war frü­her, im Buch je­doch spä­ter. Es be­ginnt näm­lich da­mit, dass die Prot­ago­nis­tin zu­rück nach Chem­nitz will. Um ihr Stu­di­um end­lich ab­zu­schlies­sen. Oder was an­de­res, was sie noch nicht so ge­nau weiss. Im­mer­hin klappt der An­schluss an die alte Cli­que wie­der, und plötz­lich grün­det man eine Band und geht auf Tour. Nicht auf die gros­se, son­dern eher eine klei­ne spon­ta­ne, bei der die Gage auch schon mal aus dem be­steht, was die Leu­te in den Hut wer­fen. Der gros­se Durch­bruch bleibt aus, man geht wie­der aus­ein­an­der, will spä­ter wei­ter­ma­chen, doch da­von er­fährt man nichts ge­nau­es, denn vor­her ist das Buch aus.

Wie Saufen mit der besten Freundin

Ein un­an­ge­nehm oran­ger Auf­kle­ber vor­ne auf dem Buch er­klärt, dass das Buch wie Sau­fen mit der bes­ten Freun­din ist. Hin­ten gibt es ein kaum les­ba­res Zi­tat, dass von ei­nem Pop-Ro­man spricht, den der Zi­tat­ge­ber kaum noch für mög­lich ge­hal­ten hat. Ir­gend­wo da­zwi­schen liegt wohl die Wahrheit.
Chem­nitz ist ver­mut­lich der letz­te Ort, den sich eine Au­torin oder ein Au­tor für ei­nen Ro­man aus­su­chen soll­te. Aber wie Pau­la Irm­schler zeigt: Es funk­tio­niert trotz­dem. Ins­be­son­de­re lo­ckert es das Vor­ur­teil, dass in Chem­nitz nur brau­ne So­cken le­ben. Of­fen­sicht­lich doch nicht, auch wenn sie manch­mal in der Über­zahl zu sein schei­nen, zu­min­dest bei Auf­mär­schen. Die Prot­ago­nis­tin ist ger­ne bei Ge­gen­de­mos da­bei und fühlt sich in der lin­ken Sze­ne ver­or­tet, was aber auch kein Zu­cker­schle­cken ist. Die Mä­dels­band scheint die rich­ti­ge Sa­che zu sein, um heil aus al­lem raus­zu­kom­men. Je­den­falls hat sie eine the­ra­peu­ti­sche Wir­kung, denn auch die Trau­ma­ti­sie­rung, im­mer als “Di­cke Rand­fi­gur” zu gel­ten wird am Ende aufgelöst.

Ironie gegen Kitsch

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Dass das al­les nicht zu ei­ner su­per­kit­schi­gen Mat­sche ge­rät, ist der Iro­nie zu ver­dan­ken, mit der die Au­torin ihre Prot­ago­nis­tin und das Be­gleit­per­so­nal lie­be­voll aus­ge­stat­tet hat, und die die klei­nen Ma­cken – zum Bei­spiel den Hang zum La­den­dieb­stahl oder die frü­he Vor­lie­be für Brit­ney Spears – nicht all­zu­stark in den Mit­tel­punkt rü­cken lässt. Nach dem Le­sen hat man das Ge­fühl, das sich zur Not auch in Chem­nitz le­ben lies­se, und dass eine Zeit jen­seits von brau­ner Het­ze auch für die­se Stadt zu­min­dest vor­stell­bar ist.

Su­per­bu­sen” von Pau­la Irm­schler ist ein sub­jek­ti­ves und manch­mal et­was lang­sa­mes Buch, das sich trotz­dem gut le­sen lässt. Ich weiss nicht, ob man es viel­leicht noch in zehn Jah­ren le­sen möch­te, ich emp­feh­le des­halb, es jetzt zu le­sen. Es mo­ti­viert, Vor­ur­tei­le auf ih­ren Sinn­ge­halt zu prü­fen, und es er­in­nert dar­an, wie wich­tig Freund­schaf­ten sind. ♦

Pau­la Irm­schler: Su­per­bu­sen – Ro­man, 312 Sei­ten, Cla­as­sen, ISBN 978-3-546-10001-4

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