Rebecca Gablé: Der dunkle Thron (Roman)

Geschichte in Geschichten

von Gün­ter Nawe

Es waren in jeder Hin­sicht auf­re­gende Zei­ten, die Eng­land zwi­schen 1529 und 1553 erlebte. Hein­rich VIII. wird sich von der katho­li­schen Kir­che los­sa­gen, eine Frau nach der ande­ren hei­ra­ten. Einige, wie Anne Boleyn, lan­den auf dem Scha­fott. Auf dem Scha­fott lan­det auch der papst­treue Tho­mas Beckett. Wie über­haupt Anhän­ger der katho­li­schen Kir­che vor Ver­fol­gung nicht sicher sind. Ande­rer­seits gibt es refor­ma­to­ri­sche Ten­den­zen, die von Deutsch­land aus auf die Insel kommen.

Intrigen um Heinrich VIII.

Rebecca Gablé: Der dunkle Thron - Historischer Roman - Lübbe Verlag

Eine kri­ti­sche Gemenge­lage also, die nicht nur die Gesell­schaft in Unruhe ver­setzt, son­dern auch die Mon­ar­chie. Wäh­rend sich Hein­rich VIII. bemüht, einen Thron­fol­ger in die Welt zu set­zen, gibt es immer noch Mary, seine Toch­ter und damit die legi­time Thron­fol­ge­rin – und Papis­tin. Auf sie set­zen die Eng­län­der ihre Hoff­nun­gen. Als spä­tere Köni­gin wurde sie als “Bloody Mary” bekannt. Sie ist “die his­to­ri­sche Haupt­fi­gur” im neuen Roman von Rebecca Gablé. Aus ihrer Per­spek­tive erzählt die Autorin – und gibt ihr so die Gele­gen­heit, etwas an ihrem Bild in der Geschichts­schrei­bung zu kor­ri­gie­ren. Um sie und die Kon­tra­hen­ten herum hat Rebecca Gablé das gesamte his­to­ri­sche Per­so­nal der Zeit her­vor­ra­gend in Szene gesetzt.
Mary steht als fik­tive Haupt­fi­gur Nicho­las of Waring­ham gegen­über. Und damit sind wir “im Roman”. “Der dunkle Thron” ist der nun vierte Band der mitt­ler­weile berühm­ten Waring­ham-Saga, mit der die Autorin nicht nur alle Best­sel­ler­lis­ten erklom­men, son­dern auch eine mil­lio­nen­fa­che Fan­ge­meinde gefun­den hat. Das hat wie­derum etwas mit der sehr gelun­gene Mischung aus Fak­ten und Fik­tion, die diese schon fast bei­spiel­haf­ten und lite­ra­risch anspruchs­vol­len his­to­ri­schen Romane der Gablé auszeichnet.

Gefährliche Abenteuer und politische Händel

Königin von England und Protestantismus-Hasserin: Maria I. Tudor (
Köni­gin von Eng­land und Pro­tes­tan­tis­mus-Has­se­rin: Maria I. Tudor (“Bloody Mary”)

Mary und Nick: Sie ken­nen sich von Kind­heit an. Sie sind befreun­det und irgend­wie liebt er sie auch ein wenig. Auf jeden Fall ist er immer an ihrer Seite, wenn es gilt, sie von ihrem gröss­ten Feind, ihrem Vater, zu beschüt­zen. Denn Mary ist nicht nur ein Sta­chel im Flei­sche Henry VIII., sie steht sei­ner Hei­rats­po­li­tik ebenso ent­ge­gen wie sei­nen kir­chen­po­li­ti­schen Plä­nen. Und Nick? Als Erbe einer her­un­ter­ge­kom­me­nen Baro­nie hat er nicht nur wirt­schaft­li­che Pro­bleme zu bewäl­ti­gen. Als Earl steht er auch mit­ten im poli­ti­schen Gesche­hen sei­ner Zeit. Auf einer Seite ist er dem König den Vasal­len­eid schul­dig, auf der ande­ren Seite steht eben Mary. Eine Posi­tion, die zu Ver­wick­lun­gen führt, Gefah­ren für Leib und Leben birgt. Gefähr­li­che Aben­teuer sind für ihn zu bestehen, poli­ti­sche Hän­del aus­zu­fech­ten, Fami­li­en­pro­bleme zu lösen. Er kämpft, stürzt, steht wie­der auf. Er liebt und lei­det, zeigt Mut und Schwä­che, glaubt und zweifelt.

Starke Männerfiguren

Rebecca Gable - Der dunkle Thron - Glarean Magazin
Erfolgs­au­torin his­to­ri­scher Romane: Rebecca Gablé

Nicho­las of Waring­ham ist eine starke Figur. Und bewährt sich glän­zend. “Viel­leicht sind Män­ner wie ich so über­holt und über­flüs­sig gewor­den wie alte Schlacht­rös­ser, die meine Vor­fah­ren einst gezüch­tet haben. Aber kein Waring­ham hat sich je einem Tyran­nen unter­wor­fen. Und ich schwöre bei Gott, ich werde nicht der erste sein”. Es gibt zwar kein his­to­ri­sches Vor­bild für ihn, so Rebecca Gablé in einem Inter­view mit dem Glarean Maga­zin, aber “es hätte Nicho­las of Waring­ham… geben können”.

Mit dem vierten Roman der Waringham-Saga legt Rebecca Gablé, die
Mit dem vier­ten Roman der Waring­ham-Saga legt Rebecca Gablé, die “Köni­gin des his­to­ri­schen Romans”, wie­der einem span­nen­den und sehr unter­hal­ten­den Roman vor. Mit pro­fun­dem Wis­sen aus­ge­stat­tet zeich­net sie sprach­mäch­tig und fan­ta­sie­reich ein far­ben­freu­di­ges Bild Eng­lands an der Naht­stelle von Mit­tel­al­ter und Renaissance.

Wie in allen ihren Roma­nen ver­steht es die Autorin auch in “Der dunkle Thron” her­vor­ra­gend, Geschichte in Geschich­ten zu erzäh­len – kennt­nis­reich, far­ben­präch­tig und sprach­mäch­tig. Ihr “Herz gehöre dem eng­li­schen Mit­tel­al­ter”, hat Rebecca Gablé ein­mal gesagt. Mehr noch: Aus­ge­stat­tet mit einem pro­fun­den Wis­sen um die Zeit ver­die­nen die Romane der stu­dier­ten Medi­ävis­tin und Ger­ma­nis­tin im wahrs­ten Sinne des Wor­tes das Prä­di­kat “historisch”.Mit “Der dunkle Thron” hat Rebecca Gablé das Mit­tel­al­ter ver­las­sen und ist in der Renais­sance ange­kom­men. Aber es sind ja immer die Zusam­men­hänge und Über­gänge, die Epo­chen der Geschichte so span­nend machen. Ein Span­nung, die auch durch die gesamte aben­teu­er­li­che Geschichte von Nicho­las of Waring­ham hin­durch zu spü­ren ist. Aber nicht nur daran ist es Rebecca Gablé gele­gen. Sie möchte ihre Leser unter­hal­ten. Und das ist ihr – wie schon mit den frü­he­ren Waring­ham-Roma­nen – her­vor­ra­gend gelungen. ♦

Rebecca Gablé, Der dunkle Thron, His­to­ri­scher Roman, 956 Sei­ten, Lübbe-Ehren­wirth Ver­lag, ISBN 978-3-431-03840-8

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema His­to­ri­scher Roman auch über 
Sarah Lark: Die Insel der roten Mangroven

… und zum Thema Mit­tel­al­ter die Bio­gra­phie von
Judith Klin­ger: Robin Hood

Ein Kommentar

  1. In eige­ner Sache:
    Selbst­ver­ständ­lich han­delt es sich nicht – wie fälsch­li­cher­weise in der Rezen­sion ver­merkt – um Tomas Beckett, somndern um Tho­mas More, der unter Hein­rich VIII. auf dem Scha­fott gelan­det ist.
    Bitte um Nachsicht.
    Gün­ter Nawe

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