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Didaktisch interessanter Violin-Unterricht
von Walter Eigenmann
Geigenschulen gibt es, nach ein paar Jahrhunderten abendländischer Kunstmusik, mittlerweile wie Sand am Meer (oder Saiten auf der Welt). Und doch fällt findigen Experten (bzw. Musik-Verlagen) immer wieder Neues ein zu jenem Instrument, von dem zwar “der Himmel voll hängt”, aber das auch solche “Teufel” wie z.B. Paganini virtuos “traktierten”. Eine neue “Geigenschule” von Eva-Maria Neumann setzt eine alte Tradition fort.
Zu jenen PädagogInnen, welche didaktisch unausgetretene Wege für junge Musik-Sprösslinge und deren Geigen-Wunsch bahnen, gehört offenbar die Aachener Violinistin und Orchester-Musikerin Eva-Maria Neumann. Die bekannte Musikerlehrerin (und autobiographische Schriftstellerin) Neumann legt das erste Heft ihrer “Geigenschule für Kinder im Einzel- und Gruppenunterricht” vor. Es umfasst alle thematischen Schwerpunkte des typischen Violine-Anfänger-Spiels: Musik auf leeren Saiten, Fingersatz auf einer/mehreren Saiten, Dritte Lage oder Lagen-Wechsel, Anfänger-Bogentechniken u.a.
Fantasie mit Technik verbunden
Nun kann man, wie zuweilen ehemalige GeigenschülerInnen noch als Erwachsene zu stöhnen pflegen, die oft schwierige Materie “Geigenunterricht” dezidiert akademisch darbieten – oder aber so wie diese neue Edition. Denn auf eine abwechslungsreiche, die kindliche Spiel- und Entdecker-Lust befriedigende Unterweisung legte Neumann sichtlich Wert: Die jungen Violinkünstler können musikalische Puzzles lösen, mit Klängen experimentieren, Texte und Titel selber erfinden oder sich gar an ersten Improvisationen versuchen. Dazu die Autorin: “Mein ganz besonderes Anliegen ist es, fantasievolles kreatives Gestalten mit einer fundierten technischen Ausbildung zu verbinden.”
Mehrstimmig mit ausgeprägten Melodien
Für die Motivationssteigerung des wöchentlichen Unterrichts hat Neumann weitgehend auf (die einst so vielgenutzten bzw. -gehassten) “Etüden” verzichtet und stattdessen konsequent auf zwei- bzw. mehrstimmiges Spielen von melodisch ausgeprägtem Liedmaterial gesetzt. Zudem sind sämtliche Stücke im Schüler-Lehrer-Duett ausführbar, für entsprechend ausgebildete PädagogInnen oder dann auch zum Konzertieren mit Zuzüger liegt als besonderes Highligt ein eigenes Klavier-Begleitheft bei. (Hingegen fehlt dieser Geigenschule jenes Medium, auf das der neuzeitliche Instrumentalunterricht immer häufiger zurückgreift, nämlich die Compact-Disk mit ihren spezifisch Möglichkeiten des häuslichen Playback-Spielens, Memorierens und Variierens.)
Frühkindliches Geigenspiel optisch unterstützt
Äuβerlich kommt das neue Geigenheft betont “frisch-fröhlich-farbig” daher, ohne dass allerdings der Notentext seine Dominanz verloren hätte bzw. mit allzu üppigem Bildchen-Salat zugepinselt worden wäre. Der von Pia Eisenbarth witzig illustrierte Band ist vielmehr layouterisch locker-flüssig strukturiert, mit einem groβzügigen Notensatz, der auch für Lehrer-Notizen genügend Platz hält.
Alles in allem der Eröffnungsband einer abgerundeten, um das frühkindliche Geigenspiel verdienten Edition, die im Instrumentalunterricht jener Lehrerschaft, welche neuen pädagogischen Bestrebungen gegenüber aufgeschlossen ist, gewiss ihren Weg machen wird. ♦
Eva-Maria Neumann: Geigenschule / Heft 1, Breitkopf & Deutscher Verlag für Musik, 124 Seiten, ISMN 200405590