Andrew Soltis: Studying Chess Made Easy

Anregungen für das persönliche Schachtraining

von Malte Thodam

Wenn Schach­spie­ler ihr Kön­nen ver­bes­sern möch­ten, bedeu­tet das in der Regel harte Arbeit. Gerade älte­ren Spie­lern mit Ver­pflich­tun­gen wie Arbeit und Fami­lie fällt es nicht leicht, ein loh­nen­des Trai­ning in regel­mäs­si­gen Abstän­den zu absol­vie­ren. Kin­dern und Jugend­li­chen fal­len dage­gen viele Dinge auf spie­le­ri­sche Art zu, die Erwach­sene sich hart erar­bei­ten müs­sen. Erschwe­rend kommt hinzu, dass die Fülle an Infor­ma­tio­nen im Schach ganz beson­ders erdrü­ckend ist. Man kauft irgend­ein belie­bi­ges Buch über seine Lieb­lings­er­öff­nung, und ver­sucht mit Mühe ein paar Vari­an­ten zu behal­ten. Irgend­wann legt man das Buch müde und frus­triert aus der Hand, ver­bes­sert hat man sich dabei kaum. Sicher haben viele Schach­spie­ler ähn­li­che Erfah­run­gen gesammelt.

Ein Weg zum richtigen Schachstudium

Schach Andrew Soltis - Studying Chess made easy - Batsford CoverVom Umgang mit sol­chen Pro­ble­men und dem Weg zum rich­ti­gen Schach­stu­dium han­delt ein beim eng­li­schen Ver­lag Bats­ford erschie­ne­nes Buch. Der inter­na­tio­nale Meis­ter und Jour­na­list Andrew Sol­tis berich­tet in “Stu­dy­ing Chess made easy” stell­ver­tre­tend für viele andere Spie­ler über Jac­ques Ros­se­aus bit­tere Erfah­run­gen mit dem Stu­dium des Schach­spiels. Der Staats­theo­re­ti­ker habe, so Sol­tis, nach sei­nen ers­ten Par­tien gegen einen Ama­teur vol­ler Elan ein Schach­brett, Figu­ren und das damals beste auf dem Markt erhält­li­che Schach­buch gekauft. Stunde um Stunde soll Ros­seau die Vari­an­ten stu­diert haben. Doch als er zurück ans Schach­brett kam, war das Ergeb­nis sei­nes ambi­tio­nier­ten Trai­nings völ­lig ernüch­ternd: Ein ums andere Mal ver­lor Ros­seau gegen den sel­ben Ama­teur, der ihm einige Monate zuvor das Schach­spie­len bei­gebracht hatte. Offen­bar war Ros­se­aus Vor­ha­ben, die Theo­rie genau­es­tens zu stu­die­ren und zu behal­ten, zum Schei­tern ver­ur­teilt, es hatte ihn eher ver­wirrt als sein Spiel verbessert.

Wie mit dem Überfluss an Schachinformationen umgehen?

Falsches Training: Aufklärer Rousseau (r.) beim Schachspielen gegen den Prinzen Conti (Cousin von Louis XV)
Fal­sches Trai­ning: Auf­klä­rer Rous­seau (r.) beim Schach­spie­len gegen den Prin­zen Conti (Cou­sin von Louis XV)

Mit dem Über­fluss an Infor­ma­tio­nen im Schach umzu­ge­hen ist also eines der The­men, die Sol­tis behan­delt. Er beschreibt nach wel­chen Kri­te­rien man Bücher für das eigene Trai­ning aus­wäh­len kann, wel­che Trai­nings­me­tho­den nutz­brin­gend sind, und wel­che zuletzt eher wenig prak­ti­ka­bel. So beschreibt er seine eige­nen frü­he­ren Trai­nings­er­fah­run­gen als Bei­spiel für den fal­schen Weg des Schach­stu­di­ums. Sol­tis ver­suchte Eröff­nungs­bü­cher akri­bisch durch­zu­ar­bei­ten, was für ihn jedoch wenig erhel­lend war, da es in ihnen oft keine Ant­wor­ten auf seine Fra­gen gab. Wir alle ken­nen diese Fra­gen, die dann auf­tau­chen, wenn eine Vari­ante ohne jeg­li­che Erkä­rung im Text mit einem “Informator”-Symbol – sagen wir: “+=” – endet, und wir schlicht­weg nicht wis­sen, warum eigent­lich. Diese Art zu ler­nen, die Sol­tis mit dem Ler­nen für die Schule ver­gleicht (er spricht von Pau­ken), habe ihn womög­lich um Jahre zurückgeworfen.

Statt­des­sen setzt der Gross­meis­ter auf eine Aus­wahl von Trai­nings­me­tho­den, die er nach den genann­ten Erfah­run­gen als die sinn­volls­ten Metho­den zur Ver­bes­se­rung der Spiel­stärke erach­tet. Dabei nennt er das wohl Wich­tigste gleich zu Beginn: “Lear­ning chess should be fun”. Eben dies wird kaum der Fall sein, wenn man unrea­lis­ti­sche Ziele wie das Durch­ar­bei­ten einer Eröff­nungs­en­zy­klo­pä­die ver­folgt. Sol­tis warnt davor, dass man auf diese Art eher noch weni­ger trai­niert als zuvor. Zuletzt droht der Spass am Schach auf die­sem Wege völ­lig ver­lo­ren zu gehen.

Die Bedeutung der Muster-Erkennung

Hartes Training: Youngster Andrew Soltis (r.) in New York gegen die Schach-Legende Bobby Fischer
Har­tes Trai­ning: Youngs­ter Andrew Sol­tis (r.) in New York gegen die Schach-Legende Bobby Fischer

Wel­che Vor­schläge hat Sol­tis nun anzu­bie­ten, um ein effek­ti­ves Selbst­stu­dium zu ermög­li­chen? Zum einen emp­fiehlt er das Aus­spie­len von tech­nisch gewon­ne­nen Stel­lun­gen gegen den Com­pu­ter. Das klingt plau­si­bel, denn der Rech­ner zwingt zu genauen Zügen unter Wett­kampf­be­din­gun­gen – die Uhr läuft schliesslich.
Andrew Sol­tis macht den Leser aus­ser­dem auf die grosse Bedeu­tung der Mus­ter­er­ken­nung auf­merk­sam, weist aber auch dar­auf hin, dass es unnö­tig ist, sehr sel­tene Mus­ter zeit­rau­bend und müh­se­lig im Gedächt­nis zu spei­chern. Als Bei­spiel gibt er etwa das End­spiel Turm gegen Turm und Läu­fer an, das in der Pra­xis nicht nur sehr sel­ten ist, son­dern auch nach genauem Stu­dium keine Gewinn­ga­ran­tie für die stär­kere Par­tei bietet.

Greifbar für die Praxis

Andrew Soltis neue Schach-Trainings-Anleitung lockt den Leser nicht mit simplen Versprechen, sondern zeigt verschiedene interessante Methoden zur Verbesserung der eigenen Spielstärke auf. Sein Buch liest sich flüssig und dürfte jedem Schachspieler neue Anregungen für das eigene Training geben.
Andrew Sol­tis neue Schach-Trai­nings-Anlei­tung “Stu­dy­ing Chess Made Easy” lockt den Leser nicht mit simp­len Ver­spre­chen, son­dern zeigt ver­schie­dene inter­es­sante Metho­den zur Ver­bes­se­rung der eige­nen Spiel­stärke auf. Sein Buch liest sich flüs­sig und dürfte jedem Schach­spie­ler neue Anre­gun­gen für das eigene Trai­ning geben.

Der Autor lockt den Leser nicht mit simp­len Ver­spre­chen, zeigt aber in von­ein­an­der unab­hän­gi­gen Kapi­teln ver­schie­dene inter­es­sante Metho­den zur Ver­bes­se­rung der eige­nen Spiel­stärke auf. Sein Buch liest sich flüs­sig und dürfte jedem Schach­spie­ler einige neue Anre­gun­gen für das eigene Trai­ning geben. Erfreu­lich ist dabei, dass Sol­tis nicht nur ver­schie­dene Metho­den emp­fiehlt, son­dern auch detail­liert die ein­zel­nen Vor­ge­hens­wei­sen beschreibt. So wird sein Rat greif- und für den Leser in der Pra­xis anwend­bar. Wer also das eigene Schach­trai­ning umge­stal­ten möchte (und des Eng­li­schen leid­lich mäch­tig ist), der kann bei der Wahl die­ses Buches kaum einen Feh­ler machen. ♦

Andrew Sol­tis, Stu­dy­ing Chess Made Easy (engl.), 256 Sei­ten, Bats­ford / Anova Books, ISBN 978-1906388676

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Heinz Brun­tha­ler: Ihre Schach­kom­bi­na­tio­nen für 2010
… sowie zum Thema Mus­ter-Erken­nung über

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