Frauen-Schach-Weltmeisterschaft 2020

Ju Wenjun verteidigt ihren WM-Titel

von Walter Eigenmann

Ges­tern ging in der “Blue Hall” der FEFU-Uni­ver­sity von Vla­di­vos­tok die Frauen-Schach-Welt­meis­ter­schaft 2020 der FIDE zuende. Die amtie­rende Welt­meis­te­rin Ju Wen­jun ver­tei­digte den Titel gegen ihre Her­aus­for­de­rin Alek­san­dra Gor­yach­kina knapp mit einem Play­off-Resul­tat von 2½-1½, nach­dem die vor­aus­ge­gan­ge­nen regu­lä­ren Par­tien ein Unent­schie­den von 6-6 gezei­tigt hatten.

Die zwei Welt­klasse-Spie­le­rin­nen foch­ten ihr WM-Match, des­sen erste Hälfte im chi­ne­si­schen Shang­hai und anschlies­send im rus­si­schen Vla­di­vos­tok aus­ge­tra­gen wurde, auf einem ins­ge­samt sehr hohen Niveau aus. Jede der ins­ge­samt 16 Par­tien war hart umkämpft, das längste Game dau­erte gar über 100 Züge. Dazu moti­viert mag auch das ver­hält­nis­mäs­sig hoch­do­tierte Preis­geld haben: 300’000 Euro bekam die Gewin­ne­rin, immer­hin noch 200’000 die Unterlegene.
Dabei erwie­sen sich die bei­den Gross­meis­te­rin­nen als abso­lut eben­bür­tig. Sechs der zwölf Par­tien ende­ten remis, die ande­ren sechs teilte man sich in je drei Siege.

Die amtierende Schach-Weltmeisterin Ju Wenjun (links) schickt sich zum ersten Zug an, gespannt erwartet von ihrer Herausforderin Aleksandra Goryachkina. Im Hintergrund die iranische WM-Schiedsrichterin Shohreh Bayat.
Die amtie­rende Schach-Welt­meis­te­rin Ju Wen­jun (links) schickt sich zum ers­ten Zug an, gespannt erwar­tet von ihrer Her­aus­for­de­rin Alek­san­dra Gor­yach­kina. Im Hin­ter­grund die ira­ni­sche WM-Schieds­rich­te­rin Shohreh Bayat, deren “Kopf­tuch-Skan­dal” an der WM nicht nur in ihrem Hei­mat­land, son­dern auch in der Schach­welt für hit­zige Dis­kus­sio­nen sorgte…

Knapper Sieg im Tiebreak

Im gest­ri­gen Play­off hatte das Duo den Titel­ge­winn in vier Schnell-Par­tien mit je 25 Minu­ten Bedenk­zeit auszumachen.
Gor­yach­kina war dem Sieg im ers­ten Spiel sehr nahe, und auch im zwei­ten Spiel domi­nierte sie, aber die Her­aus­for­de­rin konnte ihren Vor­teil in bei­den Fäl­len nicht umsetzen.
Beim drit­ten Angriff tischte Ju Wen­jun die glei­che Eröff­nung wie im ers­ten Spiel auch, aller­dings mit einer Ver­bes­se­rung, die ihr eine aggres­si­vere Vor­ge­hens­weise erlaubte und schliess­lich den vol­len Punkt einbrachte.

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Im letz­ten Spiel hatte die Rus­sin also mit den weis­sen Figu­ren zu gewin­nen. Dem­entspre­chend setzte sie alles auf eine Karte, wagte ein Bau­ern­op­fer, um die Initia­tive ergrei­fen zu kön­nen. Aber ihre ältere und erfah­re­nere Geg­ne­rin gab das Mate­rial zurück und ver­mochte die Balance bis zum Remis zu sichern, was ihr genügte, die Krone zu behal­ten. ♦ [Wal­ter Eigen­mann]

Nach­fol­gend einige Top-Shots aus den 16 Games. (Maus­klick auf einen Zug oder eine Vari­ante öff­net ein Ana­lyse-Fens­ter, wo sich auch das betr. PGN-File down­loa­den lässt).
Hier kann man alle Par­tien im PGN-For­mat run­ter­la­den.

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Chi­ne­si­sches Spit­zen­schach auch über das Super-GM-Tur­nier in Danz­hou 2017

… sowie über den Titel-Gewinn von Ju Wen­jun vor zwei Jah­ren: Chi­ne­si­sche Domi­nanz gefestigt

Ein Kommentar

  1. Danke für den infor­ma­ti­ven Bericht. Den Sieg von Ju kann ich aller­dings nicht als “ver­dient” bezeich­nen. Nicht nur, dass das End­re­sul­tat denk­bar knapp aus­fiel (ok, Play­offs sind im Sport immer halt mit Glück ver­bun­den). Auch in ein­zel­nen Remis-Par­tien stand Gor­yach­kina mehr als ein­mal auf Gewinn! Den sie halt im “jugend­li­chen Über­ei­fer” dann wie­der weg­warf. Aber für mich ist die Rus­sin DIE Talent-Ent­de­ckung des letz­ten Jah­res im inter­na­tio­na­len Frau­en­schach! Serge

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