Peter Biro: Der Fluch der Aphrodite

Der Fluch der Aphrodite

Peter Biro (Text und Fotos)

Ich kam, sah und siechte”

So hat­te ich mir mei­ne ak­tu­el­le Fe­ri­en­rei­se auf Zy­pern nicht vor­ge­stellt. Was ur­sprüng­lich als ein klei­ner, zwei­wö­chi­ger Aus­flug auf die me­di­ter­ra­ne Son­nen­in­sel ge­plant war (und als sol­cher auch an­fing), en­de­te mit ei­nem Auf­ent­halt in ei­nem her­un­ter­ge­kom­me­nen Aus­sät­zi­gen­asyl. Ein denk­bar stei­ler Ab­stieg für ei­nen qua­li­täts­be­wuss­ten, fröh­li­chen Wel­ten­bumm­ler. Aber be­gin­nen wir von vorn.

Aphrodites wunderbare Reisepläne

Mei­ne äu­ßerst rei­se­kun­di­ge Ge­mah­lin kam mit der Idee, mei­ne be­vor­ste­hen­den zwei Fe­ri­en­wo­chen im Sep­tem­ber auf Zy­pern zu ver­brin­gen. Das sei eine idea­le De­sti­na­ti­on in die­ser Jah­res­zeit: Son­ni­ges Wet­ter, war­mes Meer und eine mit Pi­ni­en und Zy­pres­sen ge­spren­kel­te Land­schaft ganz nach un­se­rem Ge­schmack. Und als be­son­ders ver­lo­cken­de Drein­ga­be für Wohl­ge­impf­te wie wir: Die Be­frei­ung von Co­vid-Tests bei der Einreise.
Für uns mit un­se­rer be­währ­ten Lang­stre­cken­er­fah­rung be­deu­te­te der Flug von we­ni­ger als vier Stun­den ei­nen ver­gleichs­wei­se ge­müt­li­chen Hüp­fer. Nach kur­zer De­bat­te über die De­tails der Un­ter­brin­gung ei­nig­ten wir uns auf eine Wo­che in ei­ner an­ge­mie­te­ten Vil­la im Nord­wes­ten, ge­folgt von ei­nem Ho­tel­auf­ent­halt im Süd­os­ten. Bis zum Wech­sel des Auf­ent­halts­or­tes wür­den wir uns au­ßer­dem ein Auto mie­ten, wel­ches der ört­li­chen Ge­pflo­gen­heit ent­spre­chend, spie­gel­ver­kehr­te In­ne­rei­en auf­weist (in der Me­di­zin heißt die­ser sel­te­ne, an­ge­bo­re­ne Um­stand si­tus in­ver­sus). In Zy­pern herrscht näm­lich Links­ver­kehr. Auch die­se Her­aus­for­de­rung quit­tier­te ich mit nur ei­nem Ach­sel­zu­cken, was, wie sich spä­ter her­aus­stell­te, doch nicht so ein­fach war wie theo­re­tisch an­ge­dacht. Aber auch da­mit ging es nach­her gut, ins­be­son­de­re nach­dem ich mir fest vor­ge­nom­men hat­te, mich nach je­dem Rechts­ab­bie­gen be­wusst links zu hal­ten; es war schon er­staun­lich, wie­viel Auf­merk­sam­keit und Wil­lens­kraft die kon­stan­te Ein­hal­tung die­ses gu­ten Vor­sat­zes erforderte.

Romantischer Sonnenuntergang über der Akamas-Halbinsel im Norden Zyperns
Ro­man­ti­scher Son­nen­un­ter­gang über der Aka­mas-Halb­in­sel im Nor­den Zyperns

Gu­ten Mu­tes und mit al­len Re­qui­si­ten ei­nes Strand­ur­laubs aus­ge­stat­tet tra­ten wir die wohl­ge­plan­te Rei­se an. Zwar ist die In­sel in etwa von Ost nach West durch eine Waf­fen­still­stands­li­nie zwi­schen dem grie­chi­schen Sü­den und dem tür­kisch be­setz­ten Nor­den ge­teilt. Aber der nord­west­li­che Zip­fel mit der na­tur­be­las­se­nen Aka­mas-Halb­in­sel ge­hört noch zum grie­chi­schen Teil. Und dort, am wo­gen­den Bu­sen der Na­tur, fan­den wir die “Lat­chi Lu­xu­ry Vil­la”, in der wir un­se­re ers­te Ur­laubs­wo­che ver­brach­ten. Der ge­räu­mi­ge Bun­ga­low mit Gar­ten und Pool war eine an­ge­mes­se­ne Un­ter­brin­gung für uns zwei ver­wöhn­te Welt­rei­sen­den. Die klei­ne Ha­fen­stadt bei Neo Cho­rio war pit­to­resk und bot aus­ge­dehn­te Strän­de und Ver­pfle­gungs­mög­lich­kei­ten mit reich­lich Lo­kal­ko­lo­rit. Der Aka­mas-Na­tur­park mit sei­nen Pi­ni­en­wäl­dern ist von holp­ri­gen Na­tur­pfa­den durch­zo­gen, auf de­nen man nur mit Quads oder Bug­gys ver­keh­ren kann – grund­sätz­lich nur in hals­bre­che­ri­schem Tem­po; eine Tä­tig­keit, der wir auch zwei gan­ze Aus­flugs­ta­ge widmeten.

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Na­tür­lich war uns die my­tho­lo­gi­sche Ge­schich­te um Aphro­di­tes Schaum­ge­burt an den Ge­sta­den der In­sel be­kannt. Was wir nicht wuss­ten, war, dass die pro­mi­nen­te Dame, das Ur­bild al­ler Kos­me­ti­ke­rin­nen, über­all auf Zy­pern ihre Spu­ren hin­ter­las­sen hat­te – sehr zum Wohl­ge­fal­len der lo­ka­len Ge­schäfts­welt. Na­he­zu fast al­les, was se­hens- oder be­mer­kens­wert ist, trägt ih­ren wer­be­wirk­sa­men Na­men. Das sind un­zäh­li­ge Ta­ver­nen, Piz­ze­ri­as, Aus­flugs­boo­te und al­ler­lei Sei­fen und Wasch­pul­ver. Und na­tür­lich sind di­ver­se Se­hens­wür­dig­kei­ten und Na­tur­phä­no­me­ne mit ih­rem Na­men verbunden.

Auf der Aka­mas-Halb­in­sel be­sich­tig­ten wir “Aphrodite‘s Bath”, eine Süß­was­ser­quel­le in ei­ner ni­schen­för­mi­gen Ver­tie­fung im wild über­wu­cher­ten Berg­hang, al­ler­dings mit Plansch­ver­bot für Nor­mal­sterb­li­che. Un­weit da­von gibt es das “Aphro­di­te Beach”, wo wir uns, der my­tho­lo­gi­schen Be­deu­tung des Or­tes voll­kom­men be­wusst, in die war­men Flu­ten stürz­ten, um ih­nen an­schlie­ßend in dra­ma­ti­scher Ma­nier wie­der zu ent­stei­gen. Ir­gend­wie ge­lan­gen die­se Aus­stie­ge mei­ner Frau weit über­zeu­gen­der als mir.
Dann wei­ter im Sü­den ist noch “Aphrodite‘s Rock”, eine Fels­for­ma­ti­on im tür­kis­blau­en Meer, die post­kar­ten­ar­ti­ge Mo­ti­ve für Fo­to­auf­nah­men von Da­men bie­tet, die, ih­rer be­rühm­ten Ge­schlechts­ge­nos­sin nach­ei­fernd, sich vor der gran­dio­sen Ku­lis­se in las­zi­ve Po­sen wer­fen. Wei­te­re Aphro­di­sia­ka hat­ten wir nicht mehr ins Pro­gramm ge­nom­men, da­für war un­se­re Fe­ri­en­zeit zu kurz.

Kei­ne Fra­ge, die zy­prio­ti­sche Gas­tro­no­mie ist be­son­ders wohl­schme­ckend und in­fol­ge­des­sen be­rühmt. Sie be­ruht zum gro­ßen Teil auf frisch ge­fan­ge­nen Mee­res­früch­ten, in­sel­ei­ge­nem Ge­mü­se und von ur­alten Bäue­rin­nen bei Son­nen­auf­gang ge­zupf­ten Kräu­tern. Dar­über hin­aus wird fast al­les mit Krü­meln von Fe­ta­kä­se be­streut. Das eben­falls au­to­chtho­ne Oli­ven­öl mit­samt ein­ge­leg­ten gan­zen Früch­ten run­det das Gan­ze ab. Man bleibt nicht hung­rig auf Zy­pern. Im Ge­gen­teil. Ich muss­te mir al­ler­dings im Ver­lauf des Zy­pern­auf­ent­halts neue Ho­sen zulegen.

Aphrodites gastliche Herbergen

Felsformation namens “Aphrodite’s Rock” an der Südküste der Insel
Fels­for­ma­ti­on na­mens “Aphrodite’s Rock” an der Süd­küs­te der Insel

Ob­wohl es heißt, dass man am sieb­ten Tage ru­hen soll, sat­tel­ten wir statt­des­sen un­se­ren Fiat und fuh­ren an das dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setz­te, süd­öst­li­che Ende der In­sel, das we­sent­lich tou­ris­ti­scher er­schlos­sen ist und ent­spre­chend auch mehr Kom­fort bie­tet. Wir zo­gen in un­ser sehr schi­ckes, brand­neu­es Adults Only-Ho­tel im si­che­ren Be­wusst­sein des­sen, dass nun die zwei­te, noch lu­xu­riö­se­re Hälf­te un­se­rer Ur­laubs­rei­se an­bre­chen würde.
Zu­nächst sah es da­nach auch aus. Das Zim­mer mit Pracht­bal­kon und Pan­ora­ma­blick zum azur­blau­en Meer, aus­ge­dehn­te Pool­land­schaft so­wie Ser­vice vom Bes­ten ver­spra­chen ei­nen ta­del­lo­sen Auf­ent­halt. Di­rekt ne­ben der an­gren­zen­den Klip­pe gab es eine klei­ne, kie­sel­san­di­ge Bucht, in der man ins kör­per­war­me Meer wa­ten und zwi­schen Fi­schen und Schild­krö­ten her­um­schwim­men konn­te. Es war ein­fach zu per­fekt, um so zu bleiben.

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Und eben­dar­um blieb es nicht so. Am drit­ten Tag ver­spür­te ich eine ge­wis­se Un­päss­lich­keit, spä­ter kam ein dump­fer Kopf­schmerz dazu, das sich bei je­dem Hus­ten­stoß ver­stärk­te. Letz­te­re be­ruh­ten auf ei­nen stän­di­gen Hus­ten­reiz, der die Tri­as der häu­figs­ten Co­vid-Sym­pto­me de­ko­ra­tiv ab­schloss. Mit ei­nem Wort, die ge­fürch­te­te Er­kran­kung war bei mir schein­bar aus­ge­bro­chen, und das trotz er­folg­ter, dop­pel­ter Imp­fung sie­ben Mo­na­te zu­vor. Von un­ziem­li­chen Be­fürch­tun­gen ge­plagt hielt ich mich etwa zwei Tage lang vor­nehm­lich im Hin­ter­grund, und heg­te die Hoff­nung, dass sich das al­les ge­ben wür­de. Es gab sich aber nicht, die Kopf­schmer­zen schrien förm­lich nach Tabletten.
Dann ent­schloss ich mich zur Klä­rung des Sach­ver­halts. In der be­nach­bar­ten Apo­the­ke ab­sol­vier­te ich ei­nen so­ge­nann­ten Ra­pid Test, der in fünf Mi­nu­ten die Ge­wiss­heit brach­te: Ich hat­te ei­nen sog. Impf­durch­bruch und war an Co­vid er­krankt. Durch den Test tauch­te mein Name au­to­ma­tisch in den An­na­len der Ge­sund­heits­be­hör­de auf, und da das Er­geb­nis ein­deu­tig po­si­tiv war, be­gann mein dras­ti­scher Ab­stieg vom lu­xus­ver­wöhn­ten Rei­sen­den zum als all­ge­mein­ge­fähr­lich gel­ten­den Aus­sät­zi­gen, der vom Rest der Mensch­heit fern­zu­hal­ten ist.
Hät­te ich den Test nicht durch­ge­führt, wäre mir die Äch­tung wahr­schein­lich er­spart ge­blie­ben, aber ich wäre gleich­zei­tig eine wan­dern­de An­ste­ckungs­quel­le für ah­nungs­lo­se Mit­men­schen ge­wor­den – eine Schuld und Ver­ant­wor­tung, die ich nicht auf mich neh­men wollte.

Aphrodites herzzerreißende Verzweiflung

Das po­si­ti­ve Test­ergeb­nis lös­te eine gan­ze Rei­he bü­ro­kra­ti­scher Ak­ti­vi­tä­ten aus: Ich wur­de noch ein­mal ge­tes­tet, an­schlie­ßend muss­te ich eine de­tail­lier­te Lis­te mei­ner Be­geg­nun­gen der letz­ten Tage er­stel­len und mich fürs Ab­ho­len in ein be­son­de­res Iso­la­ti­ons­ho­tel be­reit­ma­chen. Mei­ne Frau, die nach­weis­lich Co­vid-ne­ga­tiv war und das auch glück­li­cher­wei­se blieb, schwank­te in ih­rer Hal­tung mir ge­gen­über zwi­schen Trös­tung und blu­ti­gen Lynch­phan­ta­sien. Ich ver­such­te ihre Ba­lan­ce mehr in Rich­tung der ers­te­ren zu len­ken und nahm herz­zer­rei­ßend Ab­schied von ihr, als ich von ei­nem grim­mig drein­bli­cken­den Ta­li­ban­kämp­fer ab­ge­führt wur­de. Sie hät­te an­dern­tags nach Hau­se flie­gen kön­nen, ent­schloss sich aber zu blei­ben und mei­ne zehn­tä­gi­ge Iso­la­ti­on abzuwarten.

Ich nahm also Ab­schied von al­lem, was mir lieb und teu­er war: Lieb war die Frau, teu­er war das vor­zei­tig ver­las­se­ne Adults Only-Ho­tel. Al­lein schon die Fahrt in die “Eden Res­sort” ge­nann­te, be­hörd­lich ge­führ­te Ab­schot­tungs-In­sti­tu­ti­on gab mir schon ei­nen Vor­ge­schmack auf den nun un­auf­halt­sam ein­set­zen­den so­zia­len Ab­sturz: Der Klein­trans­por­ter, mit dem man mich weg­karr­te, war ein un­be­que­mer, schä­bi­ger Ge­fäng­nis­bus, mit dem man wahr­schein­lich zum Tode Ver­ur­teil­te zur Hin­rich­tung zu fah­ren pfleg­te. Vom Fah­rer kom­plett ab­ge­trennt saß ich al­lein in ei­ner iso­lier­ten Pas­sa­gier­ka­bi­ne und konn­te durch die klei­nen Fens­ter die ent­setz­ten Ge­sich­ter von Pas­san­ten am Stra­ßen­rand be­ob­ach­ten, die mich mit be­trof­fe­nem Ge­sichts­aus­druck wahl­wei­se vol­ler Mit­leid oder vor Ent­set­zen an­guck­ten. Sie schie­nen das beige Ge­fährt zu ken­nen, mit dem man die In­sel von ge­fähr­li­chen Sub­jek­ten zu rei­ni­gen pflegte.

Einziger Lichtblick im "Eden Resort": Der Blick vom Balkon in die nähere Umgebung; nah und fern zugleich
Ein­zi­ger Licht­blick im “Eden Re­sort”: Der Blick vom Bal­kon in die nä­he­re Um­ge­bung; nah und fern zugleich

Bei der An­kunft ins ab­ge­le­ge­ne Iso­la­ti­ons­ho­tel wur­de ich von ei­ner nach As­tro­nau­ten­art ver­mumm­ten Ge­stalt in Emp­fang ge­nom­men und in mein Zim­mer ge­lei­tet. Der Ali­en sprach kein Wort mit mir, mach­te nur un­miss­ver­ständ­li­che Ges­ten und ließ mich al­lein und et­was rat­los in mei­ner tris­ten Ke­me­na­te zu­rück. Welch ein Un­ter­schied zur ser­vi­len Katz­bu­cke­lei des Be­dien­per­so­nals im Ho­tel! Un­ter­wür­fi­ges Ver­hal­ten mir ge­gen­über konn­te ich noch nie aus­ste­hen, jetzt aber be­gann ich mich ge­ra­de­zu da­nach zu seh­nen. Das gan­ze Am­bi­en­te mei­ner neu­en Blei­be ver­ström­te den Charme ei­ner si­bi­ri­schen Ju­gend­her­ber­ge zu Zei­ten Ni­ki­ta Chrust­schows. Für das Not­wen­digs­te war ge­sorgt, aber auch nicht mehr: Bett­wä­sche, Hand­tuch, Sei­fe und ein Was­ser­ko­cher. Die dro­hend auf­ge­leg­te Haus­ord­nung klang nicht viel an­ge­neh­mer als die­je­ni­ge ei­nes In­sti­tuts für schwer­erzieh­ba­re Klein­kri­mi­nel­le. Das kar­ge, ziem­lich ab­ge­wetz­te und lieb­los ein­ge­rich­te­te Dop­pel­zim­mer durf­te ich al­lei­ne be­woh­nen, was ein Pri­vi­leg war, wie man mir an­schlie­ßend ver­si­cher­te. An­de­re In­sas­sen muss­ten sich zu zweit ein Zim­mer teilen.

Aphrodites trostlose Siechengruft

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Da­mit be­gann mein zehn­tä­gi­ger Auf­ent­halt in ei­ner In­sti­tu­ti­on, die al­lem An­schein nach auf ei­ner Ro­man­vor­la­ge von Kaf­ka be­ruh­te: Lan­ge, schumm­rig be­leuch­te­te Kor­ri­do­re, kei­ner­lei Schmuck an den Wän­den, aber über­all Ka­me­ras an der De­cke. Ge­le­gent­lich husch­ten mies­ge­laun­te Ge­stal­ten aus oder ins Zim­mer. Die über­wie­gen­de Mehr­zahl der Ho­tel­gäs­te wa­ren rus­si­sche Rei­sen­de, die nach der An­kunft ge­tes­tet und für po­si­tiv be­fun­den wur­den. Die we­nigs­ten wa­ren wie ich wäh­rend des Auf­ent­halts er­krankt. Wer wäh­rend der Iso­la­ti­on nicht an Co­vid ster­ben wür­de, dem droh­te der Tod durch Lan­ge­wei­le und Ver­ein­sa­mung. Man soll­te sich mög­lichst nur im Zim­mer auf­hal­ten, konn­te aber auch auf den Flur hin­aus­ge­hen und mit an­de­ren In­sas­sen sei­ne Er­fah­run­gen und ne­ben­bei auch sei­ne Vi­ren aus­tau­schen. Drau­ßen vor dem Haus war ein klei­ner, höchst di­let­tan­tisch ab­ge­sperr­ter Be­reich zum Luft­schnap­pen be­reit­ge­stellt. Dort traf ich die an­de­ren De­lin­quen­ten, de­ren wich­tigs­te Be­schäf­ti­gung das Rück­wärts­zäh­len der Tage war – auf Rus­sisch na­tür­lich. Ein Glück, dass wir ei­nen halb­wegs funk­ti­ons­fä­hi­gen WIFI hat­ten, so dass der wack­li­ge Kon­takt zur Au­ßen­welt ei­ni­ger­ma­ßen auf­recht­erhal­ten wer­den konnte.

Drei Mal am Tag klopf­te es kurz an der Tür, und wenn man öff­ne­te, bau­mel­te an der Klin­ke be­reits eine Tüte mit der nächs­ten Mahl­zeit. Die­se war men­gen­mä­ßig in Ord­nung, aber über die Qua­li­tät und Schmack­haf­tig­keit gin­gen die Mei­nun­gen aus­ein­an­der; zu­min­dest für die­je­ni­gen, die noch schme­cken und rie­chen konn­ten. Die­se schwank­ten zwi­schen “scheuß­lich” und “er­träg­lich”. Im­mer­hin, Zy­pern ließ sei­ne in Un­gna­de ge­fal­le­nen Be­su­cher nicht ver­hun­gern. Al­ler­dings ließ es sie deut­lich spü­ren, dass sie als Vi­rus­trä­ger höchst un­will­kom­men wa­ren, und dass man sie nur aus hu­ma­nis­ti­schen Grün­den am Le­ben hal­ten würde.

Persönliche Einladung zu einer Mahlzeit im “Eden Resort” genannten Aussätzigenasyl
Per­sön­li­che Ein­la­dung zu ei­ner Mahl­zeit im “Eden Re­sort” ge­nann­ten Aussätzigenasyl

Die sich in der Iso­la­ti­on ent­fal­ten­den Pro­ble­me wa­ren vie­ler­lei Art: Aus­ge­lie­fert­sein, Ver­ein­sa­mung, Amei­sen­pro­zes­si­on ent­lang des Bett­rands, ein Schlan­gen­fraß von ei­ner Ver­pfle­gung, und na­tür­lich al­lem vor­an die zäh­flie­ßend um sich grei­fen­de Lan­ge­wei­le. Die­se Um­stän­de wech­sel­ten sich in ver­schie­dens­ten Kom­bi­na­tio­nen ab. Al­lei­ne die Vor­stel­lung, dass die­ses Elend zehn ewig­wäh­ren­de Tage und Näch­te an­dau­ern wür­de, lie­fer­te ins­be­son­de­re am An­fang reich­lich Roh­stoff für eine zünf­ti­ge Depression.
Aber man darf auch nicht die an­ge­neh­men Sei­ten der Ab­schot­tung ver­ges­sen: man konn­te un­ge­stört sei­nen Ge­dan­ken nach­hän­gen. Al­ler­dings, spä­tes­tens nach zwei Stun­den hat­te ich sämt­li­che mei­ne Ge­dan­ken auf­ge­braucht, und es kam nichts Neu­es mehr hin­zu. Ich be­schloss mei­ne Er­leb­nis­se auf­zu­schrei­ben, als in­ves­ti­ga­ti­ver Jour­na­list di­rekt am Ort des Ge­sche­hens ge­wis­ser­ma­ßen. Ich wür­de sie dem Feuil­le­ton der New York Times an­bie­ten, oder noch bes­ser, sie als Bei­trag für den Pu­lit­zer-Preis ein­rei­chen. Aber die kost­ba­ren Ein­ge­bun­gen ver­sieg­ten schnell, und es fie­len mir nur die­se lar­moy­an­ten Jam­mer­zei­len ein.

Abends vor dem Ein­schla­fen wünsch­te ich mir als Ers­tes, an­dern­tags wo­an­ders auf­zu­wa­chen. Mei­net­we­gen in­mit­ten ei­ner Au­to­bahn­kreu­zung, oder in der Wüs­te Gobi, auf ei­ner Müll­hal­de, in ei­nem Schlacht­haus, oder so­gar in­mit­ten ei­nes die­ser neu­ar­ti­gen Gyms von schwit­zen­den Män­nern um­la­gert – egal wo, nur nicht wie­der hier. Doch es half nichts, ich er­wach­te je­den Mor­gen in den nass­ge­schwitz­ten La­ken des “Eden Re­sorts” wie an ei­nem sich fort­wäh­rend wie­der­ho­len­den Mur­mel­tier­tag. Na­tür­lich ven­ti­lier­te ich ins­ge­heim so mei­ne Aus­bruchs­phan­ta­sien. Am bes­ten soll­te ich ana­log zum Skla­ven Jim ei­ni­ge Ab­schieds­wor­te mit Blut auf Klo­pa­pier hin­ter­las­sen, aber wo­her die streich­fä­hi­ge Blut­wurst neh­men? Die Auf­pas­ser da­nach zu fra­gen, hät­te mei­ne Ab­sich­ten aufgedeckt.

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Nein, wie sich bald her­aus­stell­te, aus dem streng über­wach­ten Kom­plex war kein Ent­kom­men mög­lich. Die elen­de Be­hau­sung, wel­che pas­sen­der­wei­se bes­ser Aphro­di­tes Sie­chen­gruft hät­te hei­ßen sol­len, hielt sei­ne po­si­tiv ge­tes­te­ten und ne­ga­tiv ge­stimm­ten In­sas­sen mit den mus­ku­lö­sen Ar­men ei­ner für­sorg­li­chen Bra­chi­al­schwes­ter aus der ge­schlos­se­nen Psych­ia­trie fest. Wo­hin hät­te man auch aus­rei­ßen sol­len? Wenn man zu­fäl­li­ger­wei­se kei­nen Olig­ar­chen zum Freund hat­te, der ei­nen in ei­ner heim­li­chen Ak­ti­on aus ei­ner ab­ge­le­ge­nen Bucht ab­ho­len und auf sei­ner Jacht da­von­se­geln wür­de… Tja, dann könn­te man dem Mar­ty­ri­um ein vor­zei­ti­ges Ende set­zen. Mein bes­ter Freund ist lei­der kein Olig­arch, nicht mal stell­ver­tre­ten­der As­sis­tenz­buch­hal­ter auf Stun­den­ba­sis, und eine Jacht hat er auch nicht. Nur ein ab­ge­wetz­tes Surf­board. Was blieb: wei­ter­hin die Zeit rück­wärts zählen.

Aphrodites bedauernswerte Jünger

Wer­fen wir nun ei­nen Blick auf die In­sas­sen, die im glei­chen Schla­mas­sel steck­ten wie ich. Auf den drei Eta­gen wa­ren dem Ver­neh­men nach an die 130 Ver­ur­teil­te ein­quar­tiert, aber den meis­ten von ih­nen be­geg­ne­te ich nicht. Mei­ne be­nach­bar­ten Flur­kol­le­gen wa­ren mit we­ni­gen Aus­nah­men lau­ter Rus­sen: Ein­zel­per­so­nen oder Fa­mi­li­en mit Kin­dern al­ler Al­ters­grup­pen. Alle ver­such­ten den Klei­nen den Zwangs­auf­ent­halt so an­ge­nehm wie mög­lich zu ge­stal­ten und ver­sorg­ten sie mit ein­ge­schmug­gel­ter Eis­creme oder un­ter­hiel­ten sie mit im­pro­vi­sier­ten Spie­len wie Bow­ling mit ei­nem Gum­mi­ball und lee­ren Wasserflaschen.
In dem klei­nen Vier­eck drau­ßen vor dem Haus lie­fen un­end­li­che Dis­kus­si­ons­run­den zwi­schen den In­sas­sen, die sich ver­mut­lich stets um das­sel­be dreh­ten: un­se­rem Schick­sal als weg­ge­sperr­te Aus­sät­zi­ge. Das al­ler­dings ist aus sprach­li­chen Grün­den nur eine Ver­mu­tung. Un­ter den Rus­sen gab es eine Mehr­zahl, die kei­ne an­de­re Spra­che be­herrsch­te, und eine Min­der­heit, die pas­sa­bel Eng­lisch konn­te. Zu den Letz­te­ren ge­hör­te ein ar­me­ni­sches Pär­chen aus Ge­or­gi­en. Sie wur­den von den Er­eig­nis­sen auf ih­rer Hoch­zeits­rei­se ein­ge­holt, die ih­nen wohl in denk­wür­di­ger Er­in­ne­rung blei­ben dürf­te. Die ein­zi­gen Nicht-Rus­sen wa­ren ein jun­ges Paar mit Klein­kind aus Bir­ming­ham, er Last­wa­gen­fah­rer, sie Heb­am­me und sel­ber hoch­gra­dig schwan­ger. Dann gabs noch ei­nen In­der und zwei Sy­rer, die un­un­ter­bro­chen an ih­ren Han­dys hingen.

Meine Gäste zu den regelmäßigen Mahlzeiten mit dem teilweise ungenießbaren Schlangenfrass. Den Gästen hat es immerhin vorzüglich geschmeckt
Mei­ne Gäs­te zu den re­gel­mä­ßi­gen Mahl­zei­ten mit dem teil­wei­se un­ge­nieß­ba­ren Schlan­gen­frass. Den Gäs­ten hat es im­mer­hin vor­züg­lich geschmeckt

Als Iso­la­ti­ons-An­fän­ger muss­te ich den nach und nach er­fol­gen­den Ab­gang mei­ner alt­ein­ge­ses­se­nen Ka­me­ra­den er­le­ben, die lang­sam durch neue Ein­lie­fe­run­gen er­setzt wur­den. Mit ei­ner ge­wis­sen Be­frie­di­gung nahm ich mei­ne Ent­wick­lung vom an­ste­cken­den Grün­schna­bel zum Qua­ran­tä­ne-Ve­te­ra­nen zur Kennt­nis und ver­sorg­te mei­ner­seits die Neu­an­kömm­lin­ge mit wert­vol­len Tipps. Ei­ner da­von war der vir­tu­el­le Ein­kauf von kom­fort­ver­bes­sern­den Din­gen im na­he­ge­le­ge­nen Ramsch­la­den. Das spiel­te sich so ab, dass der La­den­be­sit­zer, ein ge­wis­ser De­me­tri­os, ei­nem per Whats­App über hun­dert Bil­der von sei­nen La­den­re­ga­len zu­schick­te. Dar­auf konn­te man in müh­sa­mer Such­ar­beit die ge­wünsch­ten Pro­duk­te lo­ka­li­sie­ren, de­ren grie­chi­sche Auf­schrif­ten ei­nen je­doch oft zum Rät­sel­ra­ten ver­an­lass­ten: Wa­ren das nun ge­rös­te­te Pis­ta­zi­en in Wa­sa­bi­k­rus­te oder as­sor­tier­te Pfeil­spit­zen aus Bron­ze für die Be­la­ge­rung von Tro­ja? Wahr­schein­lich erstere.

Screenshot von meinem Mobilphon mit den über hundert Fotos von den Auslagen des benachbarten Ramschladens, der sich Supermarket nannte. Daraus sollten sich die Insassen die gewünschten Produkte aussuchen und bestellen
Screen­shot von mei­nem Mo­bil­phon mit den über hun­dert Fo­tos von den Aus­la­gen des be­nach­bar­ten Ramsch­la­dens, der sich Su­per­mar­ket nann­te. Dar­aus soll­ten sich die In­sas­sen die ge­wünsch­ten Pro­duk­te aus­su­chen und bestellen

Wenn man das Ge­wünsch­te end­lich er­kannt und lo­ka­li­siert hat­te, dann sand­te man das ent­spre­chen­de Re­gal­bild wie­der zu­rück mit ei­nem Hin­weis wie “2 pcs of the stran­ge loo­king yel­low item on the up­per row in third po­si­ti­on from left, plea­se. And a bana­na”. Au­ßer­dem schick­te man dem ge­schäfts­tüch­ti­gen De­me­tri­os – nach Über­win­dung stärks­ter in­ne­rer Hemm­nis­se – sei­ne Kre­dit­kar­ten­de­tails und war­te­te auf die Lie­fe­rung. Letz­te­re traf meist am Nach­mit­tag ein, und man wur­de von der Re­zep­ti­on an­ge­ru­fen, um das Be­stell­te bei der Pfor­te ent­ge­gen zu neh­men. Die­se öff­ne­te sich für ei­nen Se­kun­den­bruch­teil und fiel nach der Ent­ge­gen­nah­me der Sen­dung gna­den­los schnell wie­der ins Schloss. Da­nach stand man er­neut ein­sam und ver­las­sen vor dem wie­der her­me­tisch ver­sperr­ten Him­mels­tor und zog mit sei­nen An­ti­de­pres­si­va schwer­mü­tig von dannen.

Ein­mal am Tag kam ein Ver­mumm­ter vor­bei und hielt ei­nem eine Pis­to­le an den Kopf. Okay, sein Ther­mo­me­ter sah nur wie eine Pis­to­le aus. Aber auf dem Dis­play er­schie­nen un­mit­tel­bar die Zei­chen der Zeit: “36,4°C” oder “Sterb­li­cher, dein Le­ben nä­hert sich sei­nem Ende”.
Mei­ne Tem­pe­ra­tur war glück­li­cher­wei­se stets nor­mal, aber um dem Tod ein Schnipp­chen zu schla­gen, buch­te ich für den Tag mei­ner vor­ge­se­he­nen Ent­las­sung schon mal vor­sorg­lich den Rück­flug. Das hielt ich für ein wirk­sa­mes Mit­tel, die Zu­kunft vor­weg­zu­neh­men bzw. ge­zielt zu mei­nen Guns­ten zu be­ein­flus­sen. Wenn der Trick klappt, könn­te sich das als le­bens­ver­län­gern­de Maß­nah­me er­wei­sen. Dann wer­de ich schon mal ein Ti­cket zum Sil­ves­ter­ball von 2076 bu­chen – zu mei­nem 120. ge­wis­ser­ma­ßen, den ich am liebs­ten mit Ka­vi­ar, Cham­pa­gner und ei­nem Dut­zend Gogo-Tän­ze­rin­nen mit rosa Fe­der­bo­as ver­brin­gen möchte.

Aphrodites keimende Hoffnung

Zwei Ausserirdische beim Montieren einer Überwachungskamera über dem kleinen, umfriedeten Luftschnappareal der Heimbewohner
Zwei Aus­ser­ir­di­sche beim Mon­tie­ren ei­ner Über­wa­chungs­ka­me­ra über dem klei­nen, um­frie­de­ten Luft­schn­ap­pare­al der Heimbewohner

In­zwi­schen kor­re­spon­die­re ich in Bild und Ton mit mei­ner von der In­fek­ti­on ver­schon­ten Frau. Mei­ne Idee vom Sil­ves­ter­ball im 2076 fand sie sehr gut, bis auf die Sa­che mit den rosa Fe­der­bo­as. Zwölf da­von sei­en ein­fach zu viel für ei­nen Hun­dert­zwan­zig­jäh­ri­gen. Sie hat sich aus Kum­mer über mein Schick­sal eine klei­ne Lu­xus­suite ge­mie­tet mit di­rek­tem Pool­zu­gang und nicht weit vom Strand. Dort ver­sucht sie das Strand­le­ben stell­ver­tre­tend für mich zu genießen.
Im Ge­gen­satz zu mir muss sie sich selbst ver­sor­gen, wäh­rend ich hier alle An­nehm­lich­kei­ten der Voll­pen­si­on in An­spruch neh­men darf. Nichts wünscht sie sich so sehr wie eben­falls Mahl­zei­ten in grü­nen Plas­tik­tü­ten au­ßen an den Tür­knopf ge­hängt zu be­kom­men. So ist nun mal das trau­ri­ge Schick­sal des al­lein­ge­las­se­nen Lu­xus­rei­sen­den: man/frau kann nicht al­les ha­ben. Aber sie weiß auch, dass sie auf kei­nen Fall ins “Eden Re­sort” rein darf. Sie muss stark sein und die War­te­zeit auf mei­ne Frei­las­sung in der Ein­sam­keit ih­rer Lu­xus­woh­nung mit Meer­blick aus­hal­ten. Arme Marina!

Die 10 Tage be­gan­nen zu­nächst un­merk­lich, da­nach ganz sach­te ab­zu­per­len. Noch sie­ben Tage, noch sechs Tage, noch fünf Tage (gleich Halb­zeit)! Noch vier Tage, noch drei Tage, noch zwei Tage (gleich La­ger­kol­ler). Da­bei habe ich ei­nen neu­en Re­kord auf­ge­stellt: 30 ge­ra­de­zu un­ge­nieß­ba­re Mahl­zei­ten, die in grü­nen Tü­ten am Tür­knopf hin­gen, auf­ge­ges­sen und verdaut.
Dann blieb nur noch ein Tag, d.h. we­ni­ger als 24 Stun­den! Ich be­kam ein Aus­tritts­zer­ti­fi­kat, wel­ches mir be­schei­nig­te, dass ich wie­der ein Mensch wie je­der an­de­re war und kein Staats­feind mehr. Man frag­te so­gar, auf wel­che Uhr­zeit ich das Taxi be­stel­len wol­le, wel­ches mich ab­ho­len soll­te. Oh! Ein “Taxi, taxi, oder bes­ser ταξί!”, welch ein wun­der­vol­les Wort aus der klas­si­schen An­ti­ke, ur­sprüng­lich wohl der Kriegs­wa­gen von Me­ne­la­os – dach­te ich zu­min­dest. Stimmt lei­der nicht, es kommt vom la­tei­ni­schen taxa für die Be­rech­nung ei­nes Fahr­prei­ses. Mir egal, Haupt­sa­che es bringt mich ge­schwind weg von hier.

Aphrodites spürbare Erleichterung

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An­zei­ge

Wäh­rend Sie die­se Zei­len le­sen, die mit ga­ran­tiert vi­rus­frei­en Trä­nen der Re­kon­va­les­zenz ge­schrie­ben wur­den, bin ich be­reits in der Schweiz bei der Ar­beit und bli­cke mit Er­stau­nen und Dank­bar­keit auf mei­ne Rei­se nach Zy­pern zu­rück. So ein Aben­teu­er ist nicht je­der­manns Sa­che. Auf die ängst­lich vor­ge­tra­ge­ne Fra­ge des fran­zö­si­schen Schrift­stel­lers Ar­thur Rim­baud an sei­nen Freund und Be­rufs­kol­le­gen Ar­thur Schnitz­ler, was er denn tun soll­te, ant­wor­te­te die­ser mit dem viel­zi­tier­ten: “Du fragst mich, was Du tun sollst? Ich sage Dir, lebe wild und ge­fähr­lich!” Ich hal­te es mit dem Ös­ter­rei­cher. Der über­vor­sich­ti­ge Rim­baud igno­rier­te den freund­li­chen Rat sei­nes Kol­le­gen und starb jung im Bett. Mir kann das, jetzt mit dem bal­di­gen Er­rei­chen des 65. Le­bens­jahrs, wohl nicht mehr passieren…
Ich bit­te um Nach­sicht für den plötz­li­chen Ab­bruch die­ses Dis­kur­ses an die­ser Stel­le. So­eben habe ich her­aus­ge­fun­den, dass es sehr ver­lo­ckend wäre, eine Fluss­kreuz­fahrt auf dem Obe­ren Nil zum Tan­gan­ji­ka-See zu un­ter­neh­men. Die Ma­la­ria schert mich we­nig bis gar nicht, schließ­lich habe ich ei­nen Mü­cken­spray. Und Ebo­la – Schne­bo­la… ist mir Wurst! ♦


Prof. Dr. med. Pe­ter Biro

Prof. Dr. Peter Biro - Arzt und Schriftsteller - Glarean MagazinGeb. 1956 in Gross­wardein (Ru­mä­ni­en), 1970 Emi­gra­ti­on nach Deutsch­land, Me­di­zin­stu­di­um in Frankfurt/Main, seit 1987 An­äs­the­sist am Uni­ver­si­täts­spi­tal Zü­rich und Do­zent für An­äs­the­sio­lo­gie, schreibt kul­tur­his­to­ri­sche Es­says und hu­mo­ris­ti­sche Kurz­pro­sa, lebt in Feldmeilen/CH

Le­sen Sie im GLAREAN MAGAZIN au­ßer­dem die Sa­ti­re von Pe­ter Biro: Schreib­blo­cka­de oder Der Förs­ter und die Jägerin

… so­wie die Sa­ti­re Ein schö­nes neu­es Hob­by für den star­ken Mann


Ein Kommentar

  1. ein köst­li­cher bei­trag, vie­len dank da­für! man schwankt beim le­sen zwi­schen dem ernst der sa­che und dem lo­cke­ren um­gang da­mit. habe je­den­falls häu­fig ge­schmun­zelt über die­ses zy­prio­ti­sche aus­sät­zi­gen­heim. die arme aphro­di­te, sie hat­te es schon nicht ganz leicht mit dem kriegs­gott ares – und jetzt corona… 😉
    gruss. Sarah

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