Maximilian Ehrhardt: None but the Brave (Harfenmusik)

Saitenzauber aus Wales

von Horst-Dieter Radke

1983 war es das Album “The Music of Tur­lough O’Carolan” von Patrick Ball, das nicht mehr von mei­nem Plat­ten­tel­ler her­un­ter wollte, wie­der und wie­der gehört wer­den musste. Natür­lich lässt so etwas dann nach einer Weile nach, und auch andere Musik kommt zu ihrem Recht. So ähn­lich ging es mir aber jetzt, fast vier­zig Jahre spä­ter mit dem Album “None but the Brave” von Maxi­mi­lian Ehr­hardt.

Wäh­rend Patrick Ball auf der Lang­spiel­platte aus­schliess­lich auf ori­gi­näre, für die kel­ti­sche Harfe geschrie­bene Musik setzte, spielt Maxi­mi­lian Ehr­hardt neben wali­si­schen und schot­ti­schen Volks­wei­sen Musik, die für die wali­si­sche Harfe adap­tiert wurde, etwa von Vivaldi, Corelli oder Hän­del. Er benutzt dabei die Wali­si­sche Tri­pel­harfe, bei der die Sai­ten in drei Ebe­nen ange­ord­net sind. Ehr­hardt spielt ein neues Instru­ment, das nach einem his­to­ri­schen aus dem 18. Jahr­hun­dert gebaut wurde.

Walisische Barockmusik

Walisische Tripelharfe - Tim Hampson - 18. Jahrhundert - Glarean Magazin
Wali­si­sche Tri­pel­harfe, gebaut im 18. Jahr­hun­dert von Tim Hampson

Die Musik, die auf die­ser CD ein­ge­spielt wurde, stammt aus drei Manu­skript­samm­lun­gen der wali­si­schen Natio­nal­bi­blio­thek in Abe­ryst­wyth, sowie aus einer Samm­lung von John Parry (1710-1776). Die­ser gilt als der berühm­tes­tes wali­si­sche Har­fe­nist sei­ner Zeit. Wie der ein hal­bes Jahr­hun­dert frü­her lebende Ire Tur­lough O’Carolan war er blind. Bekannt war er damals als Parri Ddall, Rhi­wa­bon (der Blinde Parry aus Rua­bon). Rhiwabon/Ruabon war ein klei­ner Ort in Wales.

John Parry arbei­tete den gröss­ten Teil sei­nes Lebens für die Adels­fa­mi­lie Wil­liams-Wynn in Wynnstay und in Lon­don. Sein Sohn Wil­liam Parry (1792 – 1791) malte ein Bild von ihm, auf dem er mit geschlos­se­nen Augen an der wali­si­schen Trip­pel­harfe zu sehen ist. Der intro­ver­tierte Aus­druck des Musi­kers passt gut zu den Stü­cken, die Maxi­mi­lian Ehr­hardt ein­ge­spielt hat. Das Bild ist heute im Wali­si­schen Natio­nal­mu­seum in Car­diff zu sehen. Man­che der Stü­cke und Bear­bei­tun­gen aus den Manu­skript­samm­lun­gen stam­men eben­falls von John Parry.

Der blinde Harfenist

John Parry - Harfenist England - Glarean Magazin
Der blinde eng­li­sche Har­fen-Vir­tuose John Parry (1710-1782)

Die Har­fen­mu­sik John Par­rys ist Barock­mu­sik mit folk­lo­ris­ti­schem Ein­schlag, wobei die tra­di­tio­nel­len Ele­mente nicht stö­rend oder nivel­lie­rend zwi­schen den baro­cken Melo­dien ste­hen, son­dern sich ein­fü­gen, als gehör­ten sie da schon immer hin. Die Harfe klingt trans­pa­ren­ter als das Cem­balo, sicher weil das Spiel mit den Fin­gern direkt an den Sai­ten eine grös­sere Beein­flus­sung der­sel­ben zulässt, als die durch Kiele ange­ris­se­nen Sai­ten des Tas­ten­in­stru­ments. Auch die bei Barock­mu­sik übli­chen forte-piano-Effekte klin­gen auf der Harfe weni­ger abrupt.
Beim Hören der CD bekomme ich Lust, den Musi­ker Ehr­hardt live mit die­ser Musik zu erle­ben. Ich hoffe, dazu habe ich ein­mal Gelegenheit…

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Die Musik wurde von Deutsch­land­ra­dio auf­ge­nom­men und von Carpe Diem Records ver­öf­fent­licht (CD-16321). Das Book­let ist infor­ma­tiv, berich­tet aus­führ­lich über die wali­si­sche Harfe und ihre Musik. Dafür gibt es von mir eine Kaufempfehlung. ♦

Maxi­mi­lian Ehr­hardt: None but the Brave – Har­fen­mu­sik des 18. Jahr­hun­derts aus Wales, Audio-CD, Carpe Diem Records / Deutschlandfunk

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Har­fen-Musik auch über Eng­lichova (Harp) & Veverka (Oboe): Impres­si­ons (CD)

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