Sojka-Streichquartett: Böhmische Kammermusik (CD)

Ersteinspielungen böhmisch-mährischer Vorklassik

von Walter Eigenmann

Dan­kens­wer­ter­weise über­zeu­gen klei­nere CD-Labels wie das vor vier Jah­ren gegrün­dete deut­sche TYX­art immer wie­der mit CD-Pro­duk­tio­nen, die einer­seits mit stils­ti­schen Kon­zep­tio­nen völ­lig abseits des kom­mer­zi­el­len Main­streams agie­ren, aber gleich­zei­tig auf hohe künst­le­ri­sche und auf­nah­me­tech­ni­sche Qua­li­tät Wert legen. Ein gutes Bei­spiel die­ses Anspru­ches von TYX­art-Grün­der und -Recor­ding-Pro­du­cer Andreas Zieg­ler stellt auch die jüngste TYX­art-Kam­mer­mu­sik-Pro­duk­tion dar, die böh­misch-mäh­ri­sche Kom­po­nis­ten des 18. Jahr­hun­derts mit aus­ge­such­ten und kaum auf­ge­führ­ten, kom­po­si­to­risch aber exqui­si­ten Streich­quar­tet­ten vor­stellt. Dabei prä­sen­tiert das Pra­ger Sojka Quar­tet mit Mar­tin Kos und Mar­tin Kaplan (Vio­li­nen), Josef Fiala (Viola) und Hana Vitkova (Vio­lon­cello) als Erst­ein­spie­lun­gen drei Quar­tette von Anto­nin Kam­mel, Flo­rian L. Gas­s­mann und Anton Zim­mer­mann sowie die C-Dur-Sonate von Franz Koc­z­wara für 2 Vio­len und Cello.

Technisch filigran und fein durchgehört

String Chamber Music - Sojka Quartet - Kammel u.a. - TYXart - CoverDas durch­wegs tech­nisch fili­gran und fein durch­ge­hört musi­zie­rende Sojka stellt gerade mit den bei­den Quar­tet­ten des Haydn-Weg­be­rei­ters Kam­mel (op. 7/2) sowie des kom­po­si­to­risch sehr weit­ge­fä­cher­ten Spät­ba­ro­cken und Mar­tini-Schü­lers Gas­s­mann (Nr.2/1804) zwei beson­ders exem­pla­ri­sche Werke des böh­misch-mäh­ri­schen Musik-Erbes vor, wel­ches die Mann­hei­mer Schule um Stamitz bis hin­ein zur Wie­ner Früh­klas­sik teils initi­ierte, teils ver­voll­stän­digte. Auch mit Zim­mer­manns F-Dur-Quar­tett (op.3/3) prä­sen­tie­ren die vier Sojka-Strei­cher ein die Ori­gi­na­li­tät böh­mi­scher Kam­mer-Kom­po­nis­ten ein­drück­lich doku­men­tie­rende Erst­ein­spie­lung, deren unge­wöhn­li­che, varia­tive Satz­folge und die spiel­tech­nisch vir­tuose Anfor­de­run­gen stel­lende Archi­tek­to­nik her­vor­ra­gend her­aus­ge­ar­bei­tet werden.

Rhythmisch agil und doch klanglich satt

Weitgefächerter böhmischer Spät-Barocker und Wiener-Vorklassik-Wegbereiter: Florian Leopold Gassmann (1729-1794)
Weit­ge­fä­cher­ter böh­mi­scher Spät-Baro­cker und Wie­ner-Vor­klas­sik-Weg­be­rei­ter: Flo­rian Leo­pold Gas­s­mann (1729-1794)

Die Affi­ni­tät des Sojka-Quar­tetts zu die­sem böh­mi­schen Erbe des frü­hen 18. Jahr­hun­derts über­rascht umso mehr, als die vier Musi­ker bis anhin eher mit Wie­ner Klas­sik, vor allem aber mit moder­ner tsche­chi­scher Kam­mer­mu­sik (Samiec, Cer­vinka, Pexidr u.a.) sowie mit Inter­pre­ta­tio­nen der Zwei­ten Wie­ner Schule (Schön­berg, Webern u.a.) in Erschei­nung getre­ten sind, und sie unter­streicht damit ein­drück­lich die künst­le­ri­sche Fle­xi­bi­li­tät und sti­lis­ti­sche Spann­weite die­ser Strei­cher-For­ma­tion. Das Quar­tett inter­pre­tiert grund­sätz­lich mit rhyth­mi­scher Agi­li­tät und trotz­dem betont sat­tem Quar­tett-Klang, der wohl nicht nur der Auf­nah­me­tech­nik, son­dern auch dem leicht hal­li­gen Auf­nah­me­ort (Ober­pfäl­zi­scher Bezirk-Fest­saal) geschul­det ist.

Das Prager Sojka-Streichquartett stellt in dem kleinen, aber feinen Klassik-Label TYXart seltene, jedoch exqusite Kammermusiken von bedeutsamen böhmisch-mährischen Komponisten der Frühklassik vor: Kammel, Gassmann, Koczwara und Zimmermann. Die interessante CD-Produktion enthält ausschliesslich Ersteinspielungen, das Quartett musiziert dabei filigran und mit doch betont füllig-sattem Streicherklang. Eine empfehlenswerte Novität.
Das Pra­ger Sojka-Streich­quar­tett stellt in dem klei­nen, aber fei­nen Klas­sik-Label TYX­art sel­tene, jedoch exqu­site Kam­mer­mu­si­ken von bedeut­sa­men böh­misch-mäh­ri­schen Kom­po­nis­ten der Früh­klas­sik vor: Kam­mel, Gas­s­mann, Koc­z­wara und Zim­mer­mann. Die inter­es­sante CD-Pro­duk­tion ent­hält aus­schliess­lich Erst­ein­spie­lun­gen, das Quar­tett musi­ziert dabei fili­gran und mit doch betont fül­lig-sat­tem Strei­cher­klang. Eine emp­feh­lens­werte Novität.

Das Sojka ver­bin­det dabei geglückt das melo­disch Leicht-Unbe­schwerte des böh­mi­schen Kolo­rits mit dem dyna­misch kraft­voll nach­ge­zeich­ne­ten Zugriff in den Kopf­sät­zen, und es fin­det dann wie­der schön mit­schwin­gen­des Melos in den ruhi­gen Tei­len. In ein­zel­nen Pas­sa­gen mag der Glanz der Gei­gen­hö­hen etwas zu kurz kom­men zuguns­ten der fül­lig-dunk­len Tie­fen, aber das dürfte auf klang­ge­schmack­li­cher Prä­fe­renz des Sojka-Quar­tetts basieren.

Abge­run­det wird die ebenso inter­es­sante wie über­ra­schende CD-Publi­ka­tion durch ein infor­ma­ti­ves, mehr­spra­chi­ges, das musik­his­to­ri­sche Umfeld der Quar­tette und ihrer Kom­po­nis­ten kurz beleuch­ten­des Book­let. Kaufempfehlung! ♦

Sojka Quar­tet: String Cham­ber Music by 18th Cen­tury Bohe­mian Com­po­sers – Kam­mel, Gas­s­mann, Koc­z­wara, Zim­mer­mann – TYX­art 2016

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Streich­quar­tett auch über das Pavel-Haas-Quar­tet: Pro­ko­fiew – Streich­quar­tette 1 & 2

und zum Thema (Früh-)Klassik auch über „Die Schöp­fung“ von Joseph Haydn

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