Bruno Schlatter: Höhenwegkoller (Gedicht)

Höhenwegkoller

Höhen­weg­kol­ler
ange­sichts des Schweisses
keine Überraschung
Schritt um Schritt
den Bei­zen zu
Hum­meln ficken Rotklee
Erd­gril­len schnurren
im Gebüsch klapperts
wie Schlangen
Meckernde Ziegen
abseits der Gemsställe
plötz­lich riecht es nach Walderdbeeren
Kurze Halte
hoch über dem Tal
Blick auf Alpen
und Bahn
Don­nernde Bäche
stie­ben über Felsen
aus ver­kars­te­ten Höhen
Baumlosigkeit
öff­net die Erde schutzlos
der Erosion
Trampelpfade
bie­ten Anrissstellen
Sommervogelballett
umschwirrt kalk­weisse Beine
setzt sich wie­der zu gemein­sa­mem Tratsch
bereit zu neuen Aufführungen
für nächste Wanderer
Glü­hende Sonne
brennt die Köpfe leer
hoch­rote Glatzen
leuch­ten im Schweissmeer

Da und dort
rutscht der Berg
cen­ti­me­ter­weise pro Tag
bis der letzte Geduldsfaden
in einem Gewit­ter reisst
und alles gleitet
Haus und Schober
Wald und Weide
ineinanderkeilt
sich über­schlägt am stei­len Hang
pur­zelt über die Klippe
und fällt in die Schlucht

Die Berg­geis­ter
tan­zen ihren Siegestaumel
gegen über­mü­tige Zivilisation


Bruno Schlatter - Autor Glarean MagazinBruno Schlat­ter

Geb. 1964 in Schöftland/CH, Päd­ago­gik-Stu­dium zum Sekun­dar­leh­rer, umfang­rei­che Tätig­keit als Musi­ker, bil­den­der Künst­ler und Lite­rat, lebt in Rombach/CH

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Neue Lyrik auch das Gedicht von
Miros­lav Dusa­nic: Traum des Munch
… sowie zum Thema Schwei­zer Lyri­ker die neuen Gedichte von
Mat­thias Ber­ger: Kommunion

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