Angela Mund: Das Alter meines Vaters (Gedicht)

Das Alter meines Vaters

Angela Mund

das alter meines vaters

ist keine see­rose im nach­bar­teich, die weisse haut­bö­gen entfaltet
sich son­nen­süch­tig in den him­mel streckt
ist flie­gen­ge­krön­tes wur­zel­werk, der nach­bar steht im schlamm
und in den hän­den der muf­fige rest für den kom­post gegenüber.

schö­ner wer­den ist sache der blu­men und jun­gen mädchen
wip­pen­der locken, ver­hak­ter schlüs­sel­beine, des abdrucks
schma­ler becken im frisch gemäh­ten gras.

das altern meines vaters

ist das war­ten auf erd­bee­ren, ent­täuschte mün­der beim kamillentee,
das drän­gen in der kin­der­stimme, ver­giss nicht den thy­mian für die bratkartoffeln,
wie immer, noch ein­mal die beete zude­cken, bevor der win­ter kommt.

älter wer­den ist das schwei­gen auf dem beifahrersitz,
strich­li­nien auf der beschla­ge­nen fens­ter­scheibe, die geschich­ten aus dei­ner hand
hal­len in kar­ten und ker­ben nach, kein wort,
das mir zum abschied die arme reicht, bis wir uns wiedersehen.

ist der schlaf unge­nutz­ter samen im boden­frost, ver­schwie­ge­nes weiss­wer­den der wipfel,
über den gar­ten krei­sen späte vögel, ewige luft­gra­vur, wäh­rend einem selbst noch nicht mal
krä­hen­füsse wach­sen, die hecken­schere liegt zuge­schneit hin­term teich, ver­eiste momente am
ufer­rand, ver­giss nicht, der nach­bar braucht sie noch, im nächs­ten jahr.

die rose schnei­det sich nicht
von allein.


Angela Mund - Autorin - Glarean MagazinAngela Mund

Geb. 1986 in Illmenau/D, Arbeit im Thea­ter­be­trieb als Regis­seu­rin und Thea­ter­pädgo­gin, lebt in Magdeburg

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