David Safier: Jesus liebt mich (Roman)

Aberwitzige Fabulierlust

von Walter Eigenmann

Da­vid Sa­fier, er­folg­rei­cher Dreh­buch-Au­tor von TV-So­aps wie “Ber­lin, Ber­lin”, “Ni­ko­la” oder “Mein Leben&ich”, legt nach sei­nem schräg-schril­len Best­sel­ler “Mie­ses Kar­ma” eine wei­te­re Kost­pro­be sei­ner aber­wit­zi­gen Fa­bu­lier­lust und -kunst vor. In “Je­sus liebt mich”, ei­ner mo­der­nen, mit teils ur­ko­mi­schen, teils durch­aus auch plat­te­ren Gags an­ge­rei­cher­ten, mit­nich­ten blas­phe­mi­schen, schon gar nicht sek­tie­re­ri­schen Ko­mö­die – für Pu­ris­ten viel­leicht gar Co­me­dy -, han­delt Sa­fier die Ge­schich­te ei­ner ganz spe­zi­el­len Lie­be ab.

Ma­rie, An­fang 30, ei­gent­lich ziem­lich un­re­li­gi­ös, hat ge­ra­de ih­rem Freund Sven just vor dem Trau­al­tar mit ei­nem deut­lich ver­nehm­ba­ren “Nein!” den Lauf­pass ge­ge­ben. Kurz dar­auf lernt sie ei­nen Zim­mer­mann ken­nen, der den vä­ter­li­chen Dach­stuhl re­pa­rie­ren soll: Jo­shua. Jo­shua ist, ganz im Ge­gen­satz zu Ma­ries frü­he­ren Ty­pen, ein­fühl­sam, sen­si­bel, völ­lig selbst­los. Ma­rie ver­liebt sich – und fällt buch­stäb­lich aus al­len Wol­ken, als ihr der frem­de Zim­mer­mann er­öff­net, dass er – Je­sus sei.

…weil ich ein oller Kiffer bin”

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Da­vid Sa­fier: Je­sus liebt mich

Ori­gi­nal­ton Sa­fier: “‘Du glaubst mir nicht, dass ich Je­sus bin’, stell­te er fest. War­um konn­te er nicht ein­fach sa­gen: Du, die gan­ze Je­sus-Num­mer war ein ziem­lich dum­mer Scherz. Den habe ich nur ge­macht, weil ich ein ein ol­ler Kif­fer bin. Da­mit hät­te ich sehr gut le­ben kön­nen. Dar­auf hät­te man eine ge­mein­sa­me Zu­kunft auf­bau­en kön­nen. ‘Dir fehlt der Glau­be’, merk­te Jo­shua sach­lich an. Und dir eine Zwangs­ja­cke, dach­te ich…”

Attacke auf pseudospirituelle Rührseligkeit

David Safier - Schriftsteller - Glarean Magazin
Da­vid Sa­fier (*1966)

Man täte Da­vid Sa­fier völ­lig un­recht, ord­ne­te man sei­ner süf­fi­gen “Jesus”-Lovestory ir­gend­wel­ches re­inkar­na­ti­ves, über­haupt be­son­ders re­li­giö­ses, wo­mög­lich gar Dos­to­jew­ski-Ge­dan­ken­gut (“Gross­in­qui­si­tor”) zu. Auch wenn dar­in eine Men­ge mis­sia­ni­sche (Un-)Heilsverkündigung – Sa­tan und Erz­engel in­klu­si­ve – zu fin­den ist. “Je­sus liebt mich” ist ein­fach ein flo­ckig-lo­cke­rer, ge­konnt for­mu­lier­ter, zu­wei­len arg ka­lau­ern­der, aber non­stop ori­gi­nel­ler Un­ter­hal­tungs­ro­man, ge­streckt mit zahl­lo­sen ver­ba­len – und üb­ri­gens 16 tat­säch­li­chen – Co­mic-At­ta­cken auf so man­che ge­sell­schafts­mo­ra­li­sche und pseu­do­spi­ri­tu­el­le Rühr­se­lig­keit un­se­rer Zeit. Al­les in al­lem 300 Sei­ten lang ein Lese-Spass ers­ter Güte, und wer schon Sa­fiers “Kar­ma” moch­te, wird bei sei­nem “Je­sus” voll­ends vor hei­te­rer Ehr­furcht in den Bo­den ver­sin­ken. Für Chris­ten und Atheisten. ♦

Da­vid Sa­fier: Je­sus liebt mich, Ro­man & s/w-Zeich­nun­gen, Kind­ler Ro­wohlt rororo Ver­lag, 304 Sei­ten, ISBN 978-3463405520

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin zum The­ma “Hu­mor in der Li­te­ra­tur” auch über den Dio­ge­nes-Band Weih­nach­ten mit Ringelnatz

so­wie zum The­ma Ro­man-Li­te­ra­tur über Char­lot­te Roth: Die Kö­ni­gin von Berlin

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