W. Ehrismann: Meditation über “Grande Arlequinade”

Ein Maskenreigen

Bild-Me­di­ta­ti­on über das Ge­mäl­de “Gran­de Arlequinade”

von Wal­ter Ehrismann

Walter Ehrismann: Grande Arlequinade, Oeltempera und Sand auf Leinwand
Wal­ter Ehris­mann: Gran­de Ar­le­quina­de, Oel­tem­pe­ra und Sand auf Leinwand

Vor uns ein wir­rer Mas­ken­rei­gen von Ge­sich­tern – klei­ne Zir­kus­kunst­stü­cke wer­den uns dar­ge­bo­ten: Seil­tän­zer, Gauk­ler, Tra­pez­künst­ler be­herr­schen die Sze­ne. Her­risch di­ri­giert ein far­big ge­schmink­ter Clown die Grup­pe. Akro­ba­ten, der grün­ge­sich­ti­ge Zau­be­rer, Feu­er­schlu­cker, Schar­la­ta­ne und Har­le­ki­ne un­ter ih­rer schwar­zen Au­gen­mas­ke. Ein ho­her Fe­der­drei­spitz be­deckt den Kopf – schwarz­blau, grün, rot und gold sind die vor­herr­schen­den Far­ben, aus tiefs­tem, schwär­zes­ten Grund ans Licht ge­bracht. Rhom­ben­ar­tig ge­wür­felt ihr Fle­cken­kleid. Sie  un­ter­hal­ten die stau­nen­de Men­ge. Der Weis­se führt sie an. Sein glit­zern­des Sei­den­kos­tüm mit den zu­ge­spitz­ten Ach­sel­pols­tern, die sam­te­ne Pump­ho­se, der hohe Hut ver­lei­hen ihm dia­bo­li­sche Wür­de. Auf dem Sa­xo­phon bläst er schau­er­li­che Töne. Sie wir­ken wie die Schreie ar­chai­scher Klageweiber.
Ge­mes­se­nen Schritts um­run­det er die Men­ge. End­lich steht er vor mir, beugt sich zu mir her­ab. Sein auf­ge­ris­se­ner Mund und die Oh­ren sind grell­rot ge­schminkt, das Ge­sicht ist er­starrt un­ter sei­ner blei­chen Mas­ke. Aus lee­ren Au­gen­höh­len fi­xiert er mich. Über al­lem liegt ein Hauch hei­te­rer Schwer­mut. Al­les, was ich in dem Bild er­ken­ne, das sich vor mir aus­brei­tet, er­zählt et­was über mich. Auch wenn ich nichts sehe: Ich bin es. ♦

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