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Belanglose Oberflächen-Bespiegelung
von Christian Busch
“Ein Roman über die faustische Sehnsucht des Menschen, zu erkennen was die Welt im Innersten zusammen hält”; Anknüpfung an die Tradition der Bekenntnisliteratur eines Augustinus oder Rousseau mit einer gegen Gott hadernde (Hiob) und nach Erlösung strebende Hauptfigur – so wurde der Debütroman “Und erlöse mich” von Konstantin Sacher von der Presse angekündigt, als ein “mitreissender Roman über das Dickicht eigener wie fremder moralischer Ansprüche.”
Um es gleich vorweg zu sagen: Erlöst wird am Ende höchstens der Leser – von der Lektüre eines nur oberflächliche Belanglosigkeiten auf sprachlicher Schmalspurkost servierenden, viel versprechenden, aber wenig haltenden Roman.
Snobistische Existenz
Keine Frage, der Romanheld führt (gemäss Verlagswerbung) eine “snobistische Oberflächenexistenz” (“Was ist das Leben denn mehr als eine Abfolge von Gedanken?”), die dem Leser ungebrochen aus der Ich-Perspektive aufgezwungen wird. Wie reagiert man, wenn man von einem Fremden gefragt wird, ob man ihn für ein “egoistisches Arschloch” halte? Ganz einfach: Man geht weiter seines Weges, denn das über jemanden herauszufinden ist wahrlich keine Anstrengung wert. Und damit stolpert der Leser über die erste Hürde und bleibt an ihr hängen. Wen juckt’s? Dem Autor gelingt so genau das nämlich nicht, was seine ungleich berühmteren Vorgänger auszeichnet: Seine Figur für den Leser einzunehmen.
Exhibitionistische Verzweiflung
Und so reiht sich in der Folge Episode an Episode, mühsam zusammengehalten durch den völlig künstlich anmutenden roten Faden der mehr exhibitionistisch als bekenntnisbedürftig anmutenden inneren Verzweiflung. Der Leser erträgt dann die meistens in sexuelle Eskapaden mündenden Abschnitte mit wachsender Teilnahmslosigkeit und innerer Distanzierung. Keine moralische Verurteilung, kein Voyeurismus, auch keine peinliche Berührtheit empfindet man, so banal und tiefenentspannt wirkt das alles. Allenfalls ein Kopfschütteln über das kopf-, ziel- und ergebnislose Eintauchen einer belanglosen Schmalspurexistenz in die Hippie-Kommune auf einer zum Glück nicht namentlich genannten und in Verruf gebrachten spanischen Insel kann dies beim Leser hervorrufen. Dass der Held Theologie studiert, wird durch die dann doch immerhin peinliche Frage gestützt, ob sich Gott in der weiblichen Muschi offenbare. Kostprobe gefällig: “Und Gott ist wie die Muschi einer Frau das Versprechen des nicht endenden Lebens”.
Zahnloses Orakeln
Auch an den weiblichen Vertreterinnen im Roman, heissen sie nun Sarah oder Christina, hat man keine Freude, sind sie doch mit einer gegen Null gehenden Tiefenschärfe gezeichnet, wenn sie ihrem Helden immer wieder bereitwillig zu Diensten sind.
Das dicke Ende bleibt nicht aus, wobei man darüber streiten kann, ob es im äusserst hemdsärmeligen und abrupten Romanschluss besteht oder in dem zahnlosen Orakeln des Helden über die Begriffe Glaube, Liebe und Hoffnung.
Konstantin Sachers Roman „Und erlöse mich“ enttäuscht auf ganzer Linie, da sein Plot nur auf künstlich-oberflächlichen Säulen aufgebaut ist und auch sprachlich keinerlei Tiefgang besitzt. So taugt er allenfalls als Drei-Groschen-Roman.
Konstantin Sachers Roman enttäuscht auf ganzer Linie, da sein Plot nur auf künstlich-oberflächlichen Säulen aufgebaut ist und auch sprachlich keinerlei Tiefgang besitzt. So taugt er allenfalls als Drei-Groschen-Roman, nicht jedoch als anspruchsvolle Literatur oder Belletristik für 20 Euro. Sein seelenloser Monolog wühlt nicht auf, weil der unglaubwürdige Charakter des Helden nur eine unechte, inszenierte Plastikpuppe ist, die von allen verwendeten Begriffen wie Liebe, Seele, Schuld oder Tod nichts versteht. ♦
Konstantin Sacher: Und erlöse mich, Roman, 240 Seiten, Hoffmann und Campe Verlag, ISBN 978-3-455-00175-4
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