Michael Hofmeister: Alexander Ritter (Musiker-Biographie)

Wundervolle Geschichte zwischen uns allen

von Gün­ter Nawe

Ken­nen Sie den Kom­po­nis­ten Alex­an­der Rit­ter? Wenn nein, dann kön­nen Sie die­sen nicht unbe­deu­ten­den Kom­po­nis­ten jetzt ken­nen ler­nen. Dies ist nicht zuletzt ein Ver­dienst von Michael Hof­meis­ter, der sein Dis­ser­ta­ti­ons­thema die­sem Musi­ker zwi­schen Richard Wag­ner und Richard Strauss gewid­met hat.

Michael Hofmeister Alexander Ritter – Leben und Werk eines Komponisten zwischen Wagner und Strauss - Rezension Glarean MagazinAlex­an­der Rit­ter, 1833 in Narva gebo­ren, 1896 in Mün­chen gestor­ben, hat in Dres­den schon sehr früh Richard Wag­ner ken­nen gelernt, stand spä­ter mit ihm im regen Brief­kon­takt. Er stu­dierte in Leip­zig Vio­line bei Fer­di­nand David, lernte bereits 1844 Franz Liszt ken­nen. Rit­ter gehörte zum Kreis von Peter Cor­ne­lius und Joa­chim Raff; er war Vio­li­nist in der Wei­ma­rer Hof­ka­pelle. 1854 hei­ra­tete er Fran­ziska Wag­ner, eine Nichte von Richard Wag­ner. Nach Enga­ge­ments als Gei­ger und Diri­gent in Stet­tin, Würz­burg und Chem­nitz wurde er 1882 unter Hans von Bülow Kon­zert­meis­ter an der Mei­nin­ger Hof­ka­pelle. In Mei­nin­gen lernte er auch Richard Strauss ken­nen, der spä­ter in sei­nen Erin­ne­run­gen schrei­ben sollte, dass Rit­ter “ent­schei­den­den Aus­schlag für meine zukünf­tige Ent­wick­lung” haben sollte. 1886 fin­den wir Alex­an­der Rit­ter in Mün­chen, wie er sich um die För­de­rung jun­ger Kom­po­nis­ten kümmerte.

Illustrer Komponisten-Freundeskreis

Michael Hof­meis­ter wid­met sich in sei­ner Dis­ser­ta­tion, die nun als Buch unter dem Titel “Alex­an­der Rit­ter – Leben und Werk eines Kom­po­nis­ten zwi­schen Wag­ner und Strauss” (erschie­nen als “Wag­ner Kon­texte” Band 1 im Tec­tum Ver­lag) nicht nur aus­führ­lich der Bio­gra­phie des Kom­po­nis­ten. Er geht auch ebenso aus­führ­lich auf die Bezie­hun­gen Rit­ters u. a. zu Richard Wag­ner ein.

Alexander Ritter (4. von rechts) im Freundeskreis seines Vorbildes Richard Wagner: u.a. Hans von Bülow, Friedrich Uhl, Richard Pohl, H. v. Rosti, A. de Gasperini, Adolf Jensen, Felix Draeseke, Leopold Damrosch, Heinrich Porges, Michael Moszonyi
Alex­an­der Rit­ter (4. von rechts) im Freun­des­kreis sei­nes Vor­bil­des Richard Wag­ner: u.a. Hans von Bülow, Fried­rich Uhl, Richard Pohl, H. v. Rosti, A. de Gas­pe­rini, Adolf Jen­sen, Felix Drae­seke, Leo­pold Dam­rosch, Hein­rich Por­ges, Michael Moszonyi

In einem klei­nen Exkurs “Eine wun­der­volle Geschichte zwi­schen uns allen” beschreibt Hof­meis­ter zum Bei­spiel die Bezie­hun­gen zwi­schen dem Exi­lan­ten Wag­ner und der Fami­lie Rit­ter. Spä­ter wird er auch auf die engen Bezie­hun­gen zu Richard Strauss ein­ge­hen. Bezie­hun­gen, die nicht immer von Dauer sind. So wird sich Richard Strauss spä­ter von Rit­ter abwen­den. Es wird “alte und neu Freunde” im Leben des Alex­an­der Rit­ter geben: Hans von Bülow und Peter Cor­ne­lius, Her­mann Levi, Clara und Robert Schumann.

Ein Leben zwischen Erfolg und Resignation

Es war ein Leben zwi­schen Erfolg, Schei­tern und Resi­gna­tion, das uns Michael Hof­meis­ter in sei­ner gross­ar­ti­gen Stu­die nahe bringt. Er schliesst eine Lücke in der Wag­ner- und Strauss-For­schung, indem er sich die­sem Kom­po­nis­ten wid­met, der als sich als Ver­fech­ter einer neu­deut­schen Musik­rich­tung zeigte. Womit wir beim Werk wären, das Hof­meis­ter aus­führ­lich beschreibt und deu­tet. Inter­es­sant ist dies um so mehr – und damit ein beson­de­res Ver­dienst die­ser Dis­ser­ta­tion – als wir sein Werk lei­der nicht hören kön­nen. Zitat Her­bert Rosen­dor­fer: “Die Qua­li­tät Rit­ter­scher Werke kann heute nicht beur­teilt wer­den, weil sie nie zu hören sind”. Es gibt keine Ton­trä­ger mit Kom­po­si­tio­nen von Rit­ter. In Paren­these: Viel­leicht fin­det sich aber jetzt ein Label, das sich des Werks die­ses inter­es­san­ten Kom­po­nis­ten annimmt.

Rit­ters musik­ge­schicht­li­che Stel­lung ergibt sich durch die Ein­flüsse von Wag­ner und Liszt auf seine Werke. Dazu Hof­meis­ter: “Aus sei­nen Wer­ken spre­chen eine Ernst­haf­tig­keit und ein Gestal­tungs­drang, mit denen er um eigen­stän­dige Lösun­gen ringt – und seien es eigen­stän­dige For­men der Adap­tion […] Klug suchte und schuf er sich daher bewäl­tig­bare For­men und fand etwa im Lied eine ange­mes­sene Ausdrucksmöglichkeit.”

FAZIT: Der Kom­po­nist Alex­an­der Rit­ter – eine Ent­de­ckung. Nicht nur gehört er als Per­son und Musi­ker in die Musik­ge­schichte des 19. Jahr­hun­derts. Er ist auch als Kom­po­nist zwi­schen Richard Wag­ner und Richard Strauss wahr­zu­neh­men. Michael Hof­meis­ters opu­len­tes Werk, seine Aus­wer­tung aller ver­füg­ba­ren Quel­len ermög­licht inter­es­sante Ein­bli­cke in ein völ­lig ver­ges­se­nes Werk.

Entdeckungswürdiger Komponist

Es sind wei­test­ge­hend Kla­vier­lie­der, die Alex­an­der Rit­ter kom­po­nierte – auf Texte von Hein­rich Heine, Niko­laus Lenau, Joseph von Eichen­dorff und andere. Es gibt zwei Opern-Ein­ak­ter von ihm: “Der faule Hanns” (1878 nach einer Erzäh­lung von Felix Dahn) und “Wem die Krone (1889). Und es gibt eine Reihe von Chor­wer­ken und solis­ti­schen Vokal­wer­ken. Michael Hof­meis­ter lie­fert dazu aus­rei­chend Mate­rial und Noten­bei­spiele. Auch zu den Orches­ter­wer­ken wie “Ero­ti­sche Legende” für gros­ses Orches­ter oder “Charfrei­tag und Frohn­leich­nam” (Zwei Orches­ter­stü­cke für gros­ses Orches­ter). Werke, die noch ganz in der Tra­di­tion ver­wur­zelt sind und sich doch nach und nach zur moder­nen sin­fo­ni­schen Dich­tung entwickelten.
So ist diese Dis­ser­ta­tion, diese dick­lei­bige Mono­gra­phie des Michael Hof­meis­ter ein durch­wegs inter­es­san­tes, zudem gut les­ba­res Buch. Und die Haupt­fi­gur Alex­an­der Rit­ter in der Tat eine Entdeckung. ♦

Michael Hof­meis­ter: Alex­an­der Rit­ter – Leben und Werk eines Kom­po­nis­ten zwi­schen Wag­ner und Strauss, 806 Sei­ten, Tec­tum Ver­lag, ISBN 978-3-82884138-3

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Musi­ker-Bio­gra­phien auch über
Arno Sto­cker: Der Klavierflüsterer

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