Martin Walker: Schwarze Diamanten (Krimi)

Spannend, aber thematisch überfrachtet

von Isa­belle Klein

Im beschau­li­chen Saint Denis ist im Dezem­ber jede Menge zu tun für Bruno, den Chef de police: Das lokale Säge­werk schliesst, Men­schen ver­lie­ren ihre Jobs, nicht zuletzt wegen des Soh­nes des Besit­zers Guil­laume Pons, der sich an die Spitze der Éco­los gestellt hat. Vater und Sohn sind zutiefst ver­fein­det. Guil­laume ist kürz­lich, nach vie­len Jah­ren Aus­lands­auf­ent­halt in Asien, wo er schein­bar äus­serst erfolg­reich war, in seine Hei­mat zurück­ge­kehrt. Er eröff­net die Auberge des Verts und will Bür­ger­meis­ter wer­den – sehr zum Ver­druss Brunos…

Martin Walker - Schwarze Diamanten - Der dritte Fall für Bruno, Chef de police - Roman - Diogenes VerlagDoch nicht genug: Bruno, geschäfts­tüch­ti­ger Trüf­fel­züch­ter, ver­kauft zu Sai­son­be­ginn die “schwar­zen Dia­man­ten” auf dem Markt in Sainte Alvère, als ihn sein Freund Her­cule auf Unge­reimt­hei­ten hin­weist: die teu­ren Trüf­feln wur­den anschei­nend mit min­der­wer­ti­gen Chi­na­t­rü­f­feln gestreckt und über­teu­ert an Pari­ser Hotels ver­kauft. Bruno nimmt sich der Sache an…
Schliess­lich kommt es auf dem ört­li­chen Weih­nachts­markt, den der Chef de police in sei­ner Funk­tion als Weih­nachts­mann beehrt, auch noch zu einem Über­fall auf den all­seits geschätz­ten viet­na­me­si­schen Restau­rant- und Weih­nachts­markt­stand-Besit­zer Nimh. Bruno ermit­telt und sticht in ein Wes­pen­nest aus Intri­gen. Und als Bruno und der Baron sich auf die Schnep­fen­jagd bege­ben, fin­den sie Her­cule bru­tal ermordet…

Motivisch zu viel des Guten

Martin Walker (Glarean Magazin)
Mar­tin Walker

Mar­tin Wal­ker nimmt sich in die­sem sei­nem drit­ten “Bruno”-Fall eini­ges vor: Ban­den­krieg der Viet­na­me­sen und Chi­ne­sen, Orga­ni­sier­tes Ver­bre­chen, ver­bun­den mit dem Kolo­ni­al­krieg in Viet­nam und dem Alge­ri­en­krieg, jede Menge Stoff also – mei­nes Erach­tens etwas zu viel, denn durch die Trüf­fel­the­ma­tik, gewürzt mit oben genann­ten Bezü­gen, ist die­ser Krimi the­ma­tisch über­frach­tet. Dadurch, dass letzt­lich alle Ereig­nisse zusam­men­hän­gen, wirkt die­ser Fall zu kon­stru­iert, es geht zulas­ten der Strin­genz und der Span­nung: Der Mord an Her­cule geschieht “so neben­bei” und geht ange­sichts aller ande­ren “Pro­bleme” unter, wird am Ende auch mit wagen Ver­mu­tun­gen abgespeist.
Statt den Fall glaub­haft und durch­dacht in den Mit­tel­punkt zu stel­len, wird zu sehr auf anders abge­zielt: auf das “Mul­ti­ta­lent”, den “All­roun­der” Bruno. Alle seine unzäh­li­gen Vor­züge zu nen­nen ist unmög­lich: Bruno ist nicht nur Poli­zist, Koch, Selbst­ver­sor­ger, Ten­nis- und Rug­by­leh­rer, son­dern auch ambi­tio­nier­ter Trüf­fel­züch­ter, Jäger, Kin­der­ret­ter, Feu­er­wehr- und Weih­nachts­mann. Und er ist immer und über­all zur Stelle: Er besorgt Jobs, ret­tet mal so neben­bei ein Kind aus der Jau­che­grube, wird mal schnell zum Feu­er­wehr­mann, ret­tet dabei wei­tere Kin­der. Bruno ist zum Gut­men­schen hoch­sti­li­siert, ist posi­tiv völ­lig über­zeich­net, wirkt dadurch unglaub­haft. Über­haupt ist mir die Schwarz-Weiss-Male­rei, die der Autor hier betreibt, zu flach: Böse sind nur böse und Gute nur gut. Wo blei­ben Ein­bli­cke in das See­len­le­ben und die Entwicklung/Hintergründe/Motive, die die Bösen so böse wer­den las­sen? Den Cha­rak­te­ren fehlt es ins­ge­samt an Tiefe – sie blei­ben alle sehr ober­fläch­lich beschrie­ben. Dafür erhal­ten wir jede Menge Ein­blick in Bru­nos See­len- bzw Lie­bes­le­ben: Isa­belle, Pamela, eine allein­er­zie­hende Mutter…

Beste Unterhaltung – ein Wohlfühl-Krimi

Bei aller Kritik an Martin Walkers neuem Krimi
Bei aller Kri­tik an Mar­tin Wal­kers neuem Krimi “Schwarze Dia­man­ten” mit sei­ner the­ma­ti­schen Über­frach­tung und sei­ner psy­cho­lo­gi­schen Schwarz-weiss-Male­rei: Das Buch unter­hält durch­aus bes­tens, ist prima geeig­net bei­spiels­weise als Strand­lek­türe – ein ech­ter Wohlfühl-Krimi!

Bei aller Kri­tik ist aber doch zu sagen: das Buch unter­hält durch­aus bes­tens, ist prima geeig­net bei­spiels­weise als Strand­lek­türe – ein ech­ter Wohl­fühl­krimi. Er ent­hält viel stim­mige Dar­stel­lung der Atmo­sphäre mit­tels dich­tem Beschrei­bungs­stil; man bekommt regel­recht Lust, dem Depar­te­ment Dordo­gne, dem Péri­g­ord einen Besuch abzu­stat­ten, dabei gut zu essen – natür­lich mit Trüf­feln und Wein… Und wenn der Fol­ge­band die ange­spro­che­nen Feh­ler ver­mei­det: Kon­stru­iert-gesuchte Hand­lung, über­frach­tete The­mata, Ober­fläch­li­che Figu­ren-Ent­wick­lun­gen, teils psy­cho­lo­gi­sche Unglaub­wür­dig­keit, dann darf man sicher erwar­tungs­voll dem vier­ten “Fall” des Wal­ker­schen Poli­zei­chefs Bruno ent­ge­gen­se­hen. Ich jeden­falls werde ihn bestimmt lesen. ♦

Mar­tin Wal­ker, Schwarze Dia­man­ten (Black Dia­mond), Kri­mi­nal­ro­man, 348 Sei­ten, Dio­ge­nes Ver­lag, ISBN 978-3257067828

Lesen Sie im Glarean Maga­zin auch über den Krimi von Esther Pau­chard: Jen­seits der Couch

… sowie über den neuen Scar­petta-Krimi von
Patri­cia Corn­well: Totenstarre

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