Dana Fuchs: Borrowed Time (Rock-Musik)

Knochenhart-gradliniger Southern Rock

von Horst-Dieter Radke

Das neue Al­bum „Bor­rowd Time“ von Dana Fuchs fegt gleich mit dem ers­ten Song sämt­li­chen Staub aus den Re­ga­len, in de­nen die Bo­xen ste­hen. Mei­ne Güte, ein Live-Al­bum und viel zu laut auf­ge­nom­men, ist mein ers­ter Ein­druck. Die­ser täuscht! Zu laut nimmt man ja heut­zu­ta­ge so­wie­so auf, und das Al­bum wur­de im Stu­dio fabriziert.

Die US-ame­ri­ka­ni­sche Sän­ge­rin Dana Fuchs zählt hier­zu­lan­de nicht zu den sehr be­kann­ten Grö­ßen, tourt aber in­zwi­schen auch über den eu­ro­päi­schen Kon­ti­nent, wo­bei die skan­di­na­vi­schen Län­der noch überwiegen.
Dass man da­bei in den Lob­prei­sun­gen und Pres­se­mel­dun­gen im­mer Be­zug nimmt zu an­de­ren Künst­lern, sie gar als le­gi­ti­me Nach­fol­ge­rin von Ja­nis Jop­lin sieht, ist eher, wie ich mei­ne, eine Last, die man ihr aufbürdet.

Hart und schnörkellos

Dana Fuchs: Borrowed Time (Musik-CD)Was man auf die­sem Al­bum zu hö­ren be­kommt, ist kno­chen­har­ter Sou­thern-Rock ohne gro­ße Schnör­kel. Das ist Mu­sik, die so­wie­so laut da­her­kommt – die Art der Auf­nah­me passt also. Jon Dia­mond, ihr Gi­tar­rist seit 2003, ist so stark in den Vor­der­grund ge­mischt wor­den, dass die Stim­me der Sän­ge­rin da­ge­gen an­kämp­fen muss. Aber sie kann das – und da­her auch der ers­te Ein­druck ei­nes Live-Al­bums. So klingt das ga­ran­tiert auch, wenn sie mit Ih­rer Band auf der Büh­ne steht. Scha­de, dass ich vor­erst kei­ne Ge­le­gen­heit ha­ben wer­de, das ein­mal zu prü­fen. Die CD weckt zu­min­dest Lust darauf.

Abwechslungsreiche Songs

Er­freu­li­cher­wei­se fin­den sich kei­ne ge­co­ver­ten Songs auf dem Al­bum. Sämt­li­che Ti­tel wur­den Dana Fuchs und Jon Dia­mond teil­wei­se mit Hil­fe an­de­rer Band­mit­glie­der ge­schrie­ben. Be­dau­er­li­cher­wei­se lie­gen dem Al­bum kei­ne Tex­te bei. Da sie bei die­ser Art Mu­sik nicht im­mer gut zu ver­ste­hen sind, wäre das eine Hil­fe für nicht mut­ter­sprach­li­che Hö­rer gewesen.

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Die Zu­sam­men­stel­lung ist gut. Nach dem Ope­ner „Dou­ble Down On Wrong“, der ein Fet­zer ist, folgt et­was ver­hal­te­ner „Blues Mist Road“, der je­doch ab der Mit­te auch von der schmut­zi­gen Gi­tar­ren­ar­beit der bei­den Gi­tar­ris­ten lebt.
„Call My Name“ ist eine lang­sa­me Bal­la­de, bei der aus­nahms­wei­se auch der Text gut ver­stan­den wird. Bei „Save me“ wie­der­um ist zu hö­ren, wie gut die Rhyth­mus­sek­ti­on (Bass und Drums) zu­sam­men harmoniert.

Dana Fuchs - Glarean Magazin
Grad­li­nig, schnör­kel­los: Dana Fuchs (geb. 1976)

Das fol­gen­de „Curtain Clo­se“ wird von den bei­den Gi­tar­ris­ten do­mi­niert. Der knar­zen­de Te­le­cas­ter-Sound lässt Me­lo­die und Stim­me fast in den Hin­ter­grund tre­ten. „Bor­ro­wed Time“ dann, der ti­tel­ge­ben­de Song, be­ginnt ver­hal­ten mit Akus­tik-Gi­tar­re, die dann von den E-Gi­tar­ren über­la­gert wird, die sich aber nicht in den Vor­der­grund drän­gen. Statt So­lo­spiel gibt es in der Mit­te des Songs ei­nen me­lo­diö­sen Riff.
„Not­hing You Own“ ist wie­der eine Bal­la­de, in der die E-Gi­tar­ren sich mit Ar­peg­gi­en be­gnü­gen. Die Lead-Gi­tar­re zeigt ge­gen Ende, dass es nicht vie­le Töne braucht, um ein an­spre­chen­des Solo zu spielen.
„Not An­o­ther Se­cond On You“ setzt da wie­der ein, wo der ers­te Ti­tel auf­ge­hört hat. Bei „Lo­nely Lie“ zeigt Jon Dia­mond, dass er auch eine gute Mund­har­mo­ni­ka spie­len kann; sonst braucht es für die­sen Song nur noch eine Akus­tik-Gi­tar­re. „Last To Know“ rockt wie­der los, als gäl­te es ein Pu­bli­kum bis zum Über­glü­hen ein­zu­hei­zen. Das letz­te Stück „Star“ dreht dann mit den ver­zerr­ten Te­le­cas­ter noch ein­mal et­was mehr auf.

Routine und Spielfreude

The Allman Brothers Band - Glarean Magazin
Le­gen­dä­re For­ma­ti­on des Sou­thern Rock in den 1970er Jah­ren: The All­man Brot­hers Band

Dana Fuchs‘ rau­he Stim­me ist wand­lungs­fä­hi­ger, als es bei den ers­ten Stü­cken den An­schein hat. Das fällt vor al­lem bei den Bal­la­den auf. Die Gi­tar­ren­ar­beit von Jon An­der­son und des­sen Part­ner Ken­ny Tud­rick mag beim ers­ten Ein­druck et­was ein­sei­tig da­her­kom­men, bei ge­naue­rem und öf­te­rem Hin­hö­ren merkt man aber doch, dass sie dif­fe­ren­ziert spie­len kön­nen. Na­tür­lich ist da der grad­li­ni­ge, nicht sehr kom­pli­zier­te Sou­thern-Rock, aber den brin­gen sie mit viel Rou­ti­ne, En­thu­si­as­mus und vor al­lem gro­ßer Spiel­freu­de, die mit manch gu­ten Ein­fäl­len durch­setzt ist.

Wer ein er­fri­schend neu­es, wenn auch nicht neu­ar­ti­ges Rock­al­bum hö­ren möch­te, ist bei Dana Fuchs und ih­rer Mann­schaft an der rich­ti­gen Adres­se. Vor al­lem ist es kein Al­bum, das man ein- oder zwei­mal hört und dann wie­der ver­gisst. Es ge­winnt viel­mehr beim wie­der­hol­ten Hö­ren. Wer grad­li­ni­gen Sou­thern-Rock mag, bei dem stellt sich hier die gute Lau­ne au­to­ma­tisch ein. ♦

Dana Fuchs: Bor­ro­wed Time, Ruf-Re­cords, Au­dio-CD, 50 Minuten

Le­sen Sie im GLAREAN MAGAZIN zum The­ma Rock Mu­sik auch über Bir­git Fuß: Jim Mor­ri­son (Mu­si­ker-Bio­gra­phie)

… so­wie über Ma­thi­as Löff­ler: Rock & Jazz Harm­o­ny (Lehr­buch)


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