W. A. Mozart: Grandes Oeuvres à quatre mains (CD)

Mozart im Zwiegespräch

von Christian Busch

Das vier­hän­di­ge Kla­vier­spiel, die viel­leicht in­tims­te Form der Kam­mer­mu­sik, ge­hört zu den tech­nisch hei­kels­ten und in­ter­pre­ta­to­risch an­spruch­volls­ten Her­aus­for­de­run­gen, wel­che die Mu­sik an die Aus­füh­ren­den stellt. Zwei ver­meint­lich gleich­be­rech­tig­te Part­ner tre­ten auf engs­tem Raum – eine voll­kom­me­ne Syn­the­se su­chend – in ei­nen wirk­li­chen Dia­log. Ein Ter­rain für Ge­schwis­ter, Paa­re und freund­schaft­lich ver­bun­de­ne See­len – we­ni­ger für ti­ta­ni­sche Tas­ten­lö­wen mit aus­ge­präg­tem Hang zur Selbstdarstellung.

Mozart als Wegbereiter der Gattung

Schon von sei­nem gel­tungs­süch­ti­gen Va­ter Leo­pold et­was pla­ka­tiv als „Er­fin­der der vier­hän­di­gen Kla­vier­so­na­te“ prä­sen­tiert, zählt Mo­zart un­be­strit­ten zu den Weg­be­rei­tern die­ser Gat­tung der ho­hen Kunst mit über­schau­ba­rem Repertoire.
Was für den klei­nen Wol­ferl auf dem Schos­se ei­nes Jo­hann Chris­ti­an Bach be­ginnt und sich in frü­hen Kom­po­si­tio­nen für das ge­schwis­ter­li­che, durch­aus auch pu­bli­kums­wirk­sa­me Zu­sam­men­spiel fort­setzt, fin­det in der F-Dur-So­na­te KV 497 sei­ne Krö­nung und Voll­endung. Ger­ne als „Kro­ne der Gat­tung“ (Ein­stein) und „ge­wal­ti­ge See­len­land­schaft“ be­zeich­net, steht sie zeit­lich und the­ma­tisch der „Pra­ger“ Sym­pho­nie (KV 504), aber auch dem „Don Gio­van­ni“ nahe. Als Mo­zart sie im Au­gust 1786 schreibt, ver­leiht er der sub­ti­len Be­spie­ge­lung in Dur und Moll da­her auch sym­pho­ni­sche Dimensionen.

Einer Professoren-Tochter gewidmet

Aline Zylberajch und Martin Gester
Ali­ne Zyl­be­ra­jch und Mar­tin Gester

Die Fran­zis­ka von Jac­quin, Toch­ter des be­freun­de­ten Wie­ner Bo­ta­nik­pro­fes­sors, ge­wid­me­te C-Dur-So­na­te KV 521 über­sen­det er Ende Mai 1787 – am To­des­tag sei­nes Va­ters – an Gott­fried von Jac­quin mit den mah­nen­den Wor­ten: „Die So­na­te ha­ben Sie die Güte ih­rer frl: Schwes­ter nebst mei­ner Emp­feh­lung zu ge­ben; – sie möch­te sich aber gleich dar­über ma­chen, denn sie seye et­was schwer.“ Das vir­tuo­se Werk, das den spä­ten Wie­ner Kla­vier­kon­zer­ten ver­wandt ist, trumpft gleich­falls mit or­ches­tra­lem Klang auf, ohne den dank der So­lo­pas­sa­gen al­ler vier Hän­de – kam­mer­mu­si­ka­li­schen Rah­men zu ver­las­sen. Ob er es mit ihr, ei­ner sei­ner bes­ten Schü­le­rin­nen, auf Schloss Wal­den­burg ge­spielt hat? Mit Sicherheit.

Präzise Abstimmung und orchestrale Pracht

Das Spiel des Pianisten-Ehepaares Aline Zylberajch & Martin Gester lässt bei Mozarts KV 479 & KV 511 keine Wünsche offen, ist geprägt von präziser Abstimmung, das den weiten Bogen von orchestraler Pracht symphonischen Ausmasses bis zur privaten Intimität mühelos spannt.
Das Spiel des Pia­nis­ten-Ehe­paa­res Ali­ne Zyl­be­ra­jch & Mar­tin Ges­ter lässt bei Mo­zarts KV 479 & KV 511 kei­ne Wün­sche of­fen, ist ge­prägt von prä­zi­ser Ab­stim­mung, das den wei­ten Bo­gen von or­ches­tra­ler Pracht sym­pho­ni­schen Aus­mas­ses bis zur pri­va­ten In­ti­mi­tät mü­he­los spannt.

Das Strass­bur­ger Mu­si­ker­ehe­paar Ali­ne Zyl­be­ra­jch & Mar­tin Ges­ter (Bild) hat sich nun in ih­rer zwei­ten auf CD ver­öf­fent­li­chen Ge­mein­schafts­pro­duk­ti­on die­ser bei­den viel zu sel­ten zu hö­ren­den So­na­ten Mo­zarts an­ge­nom­men – zu­sam­men mit dem Ron­do in a-moll KV 511 (Mar­tin Ges­ter) und dem An­dan­te und Va­ria­tio­nen in G-Dur KV 501 (La­bel K 617).
Ihr Spiel lässt da­bei kei­ne Wün­sche of­fen, ist ge­prägt von prä­zi­ser Ab­stim­mung, das den wei­ten Bo­gen von or­ches­tra­ler Pracht sym­pho­ni­schen Aus­mas­ses bis zur pri­va­ten In­ti­mi­tät mü­he­los spannt. Das kraft­voll drän­gen­de Al­le­gro, die ga­lant sin­gen­de Me­lo­die, der lei­se, kla­gend-re­si­gna­ti­ve Ton, all das spie­gelt sich stim­mig im blen­dend hel­len Mo­zart-Sound. Da mag ei­ner sa­gen, dies kom­me ihm be­kannt vor, je­doch nicht in der Form des auf Sa­lon-Fri­vo­li­tä­ten ver­zich­ten­den, ver­trau­ten Zwie­ge­sprächs – im stän­dig wie­der­keh­ren­den Su­chen und Fin­den – zwei­er eben­bür­ti­ger Part­ner. Da­mit bie­tet die CD mit Wer­ken aus der gros­sen Schaf­fens­pe­ri­ode (zwi­schen „Fi­ga­ro“ und „Don Gio­van­ni“) ei­nen wei­te­ren Hö­he­punkt Mozart’schen Schaf­fens – für so man­chen si­cher eine Entdeckung. ♦

Wolf­gang Ama­de­us Mo­zart: Gran­des Oeu­vres à quat­re mains (KV 497 & KV 501), Mar­tin Ges­ter and Ali­ne Zyl­be­ra­jch, CD-La­bel K617 (Har­mo­nia Mundi)

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin zum The­ma Klas­si­sche Kla­vier­mu­sik auch über Leo­pold Kože­luch: Kla­vier-So­na­ten (Band 1)
… so­wie zum The­ma Kam­mer­mu­sik die Aus­schrei­bun­gen zu den Kom­po­si­ti­ons­wett­be­wer­ben des Al­va­rez Cham­ber Or­ches­tra und der Mu­sik-Ab­tei­lung der Uni­ver­si­tät Illinois

Ein Kommentar

  1. Vie­len Dank für die­sen Bei­trag. In­ter­es­sant wäre viel­leicht auch die Be­trach­tung der Auf­füh­rungs­pra­xis an ei­nem oder zwei Kla­vie­ren bzw. Flü­geln. Ich per­sön­lich fin­de ja, die ge­wünsch­te Sym­bio­se kann nur dann wie er­war­tet ein­tre­ten, wenn bei­de Künst­ler am sel­ben In­stru­ment spie­len. Mei­ner Mei­nung nach die hohe Kunst!
    Vie­le Grüße,
    Nyequa

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