Brigitte Fuchs: Salto Wortale (Sprachliche Kapriolen)

NIELÄUFTEINWURMSTURM

von Günter Nawe.

.“Als sich das ROTWEINROT und das weissWEINweiss näher kamen, sah die Welt plötzlich ganz rosé aus”

Von die­ser und ande­rer, fan­tas­tisch viel­fäl­ti­ger Art sind die Sprach­spiele der Bri­gitte Fuchs in ihrem neuen Buch “salto wort­ale – Sprach­li­che Kaprio­len”. Und so liegt – um es vor­weg­zu­neh­men – ein höchst amü­san­tes, ein sehr intel­li­gen­tes und sehr schö­nes Buch vor mir, das jede Emp­feh­lung wert ist. Was die Lyri­ke­rin Bri­gitte Fuchs hier bie­tet, ist sprach­li­che Equi­li­bris­tik der beson­de­ren Art. Sie spielt mit den Wör­tern, schüt­telt sie sich zu recht, fin­det poe­ti­sche Wort­bil­der, schlägt gewagte Salti und Kaprio­len. Sie schreibt Sinn und ver­meint­lich Unsinn – doch lasse man sich nicht täu­schen. Alles, was wir in die­sem Buch sehen und lesen, ist begrün­det in der Lust an der Spra­che und hat einen höchst poe­ti­schen Wert.

Brigitte Fuchs: saltowortale - Sprachliche Kapriolen - Edition 8 VerlagIhre Lyrik ist – so hat Bri­gitte Fuchs es ein­mal selbst for­mu­liert – “Arbeit an der Aus­sage, am Klang, am Rhyth­mus, an der Form”. Ein hoher Anspruch, dem die Schwei­zer Lyri­ke­rin in jeder Zeile, in jedem Bild gerecht wird. Für die Sprach­ar­tis­tin gehö­ren “Genau­ig­keit des Den­kens und das genaue Hin­se­hen wesent­lich zum Hand­werk des Schrei­bens”. Und so ist das, was hier so leicht­füs­sig her­kommt, harte Arbeit und pefek­tes Handwerk.

Mit visuellen und verbalen Überraschungen konfrontiert

Gebo­ren in Wid­nau im St. Gal­ler Rhein­tal lebt die Lyri­ke­rin heute im Kan­ton Aar­gau. Die gelernte Leh­re­rin ist nicht nur nur als Dich­te­rin, son­dern auch gestal­te­risch tätig. Ihren Arbei­ten merkt man dies an. Dafür hat sie bereits zahl­rei­che Lite­ra­tur­preise erhal­ten. Die Bücher der Bri­gitte Fuchs – zum Bei­spiel: “Herz­schlag­zei­len”, “Das Blaue vom Him­mel oder ich leben jetzt” und “Solange ihr Knie wippt” – sind längst über den Sta­tus eines Geheim­tipps hin­aus. Und das sollte auch für den Band “salto wort­ale” gelten.
Die Sprach­künst­le­rin Bri­gitte Fuchs kon­fron­tiert den Leser mit oft sehr unge­wohn­ten visu­el­len und ver­ba­len Über­ra­schun­gen. Seien es Wort­col­la­gen, Sprach­bil­der, Gedichte oder Schüttelreime.
Da gibt es das Sprach­bild “KONKRET”, das mit der Zeile NIELÄUFTEINWURMSTURM endet. Da sagt

…der Seil­tän­zer zu sei­ner Frau: >Du müss­test wis­sen, dass für mich ein Sei­ten­sprung nicht in Frage kommt!<

Oder man lese das “Sonett” – wenn man so will: ein wun­der­ba­res Lie­bes­ge­dicht, in dem der Liebste auf­ge­for­dert wird, ein Sonett zu schrei­ben. Wor­auf er dichtet:

…Sonette sind was Bit­ter­süs­ses, Fei­nes, / für Mäd­chen, die längst Frauen sind, mein Kind! / Sonette sind die Länge dei­nes Bei­nes – / denkst du denn, dass ich dafür Worte find?”

Manch­mal “jan­delt” es rich­tig schön. So, wenn Bri­gitte Fuchs ihrem gros­sen Kol­le­gen Ernst Jandl fol­gen­des Gedicht widmet:

Oh Schandl

Was für ein Wandl
seit Ernst Jandl
verschwandl
… .
kein Wortspielhandl
alles ver­läuft im Sandl
oh Schandl

Anregendes und bekömmliches Blätterbuch

In ihrem Lyrik-Band
In ihrem Lyrik-Band “salto wort­ale” ver­steht es Bri­gitte Fuchs sou­ve­rän, auf der gesam­ten Kla­via­tur der Spra­che zu spie­len. Ihr Buch ist amü­sant, hin­ter­grün­dig und vor­der­sin­nig, intel­li­gent und wun­der­bar – vol­ler Lust an der Spra­che und von hohem poe­ti­schen Wert. Durch die kon­ge­nia­len Wort­bil­der von Beat Hofer bekommt die­ser Lyrik­band zudem ein unver­wech­sel­ba­res aussehen.

Nein, nichts ver­läuft in die­sem herr­li­chen Buch, in die­sen “ver­gnüg­li­chen, anre­gen­den und bekömm­li­chen Blät­ter­buch für Sprach­fans” “im Sandl”. Auch nicht die wun­der­ba­ren Farb­bild-Sei­ten des Gra­fi­kers Beat Hofer. Er spielt eben­falls gekonnt mit Bild und Wort und Farbe und hat so dem Lyrik­band sein unver­wech­sel­ba­res aus­se­hen gegeben.
Übri­gens: Müsste man der POESIE nicht end­lich das DU anbie­ten? Bri­gitte Fuchs steht längst mit der Poe­sie auf Du und Du. Im “Vor- und Nach­wort” schreibt sie: “Wir ver­lan­gen ja nicht viel vom Wort: Das und kein ande­res soll es sein, anfäng­lich, wahr, gut, gross, geflü­gelt. Es soll uns auf die Sprünge hel­fen, wir wol­len es ergrei­fen, hal­ten, füh­ren, ertei­len, ent­zie­hen. Eines gibt das andere, wir wer­den jedes unter­schrei­ben und das letzte, noch ehe es gesagt ist, behal­ten”. Dem ist nichts hinzuzufügen. ▀

Bri­gitte Fuchs, salto wort­ale – Sprach­li­che Kaprio­len (Zweite/erweiterte Auf­lage), mit Wort­bil­dern von Beat Hofer, 192 Sei­ten, edi­tion 8, ISBN 978-3-85990-110-0

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