Peter Androsch: „Mozart?“ – Ein Pamphlet

Befreien wir uns von Mozart!“

von Pe­ter Androsch

Vie­le ha­ben im letz­ten Jahr ein Mo­zart-Mo­ra­to­ri­um vor­ge­schla­gen. Lei­der er­folg­los, denn Mo­zart ist längst zu ei­nem Pfropf im Fla­schen­hals der Mu­sik­welt ge­wor­den. Er ver­stopft den Be­trieb im Kon­zert, in der Oper, in Rund­funk und Fern­se­hen, und der Ton­trä­ger­pro­duk­ti­on. Er ist Knob­lauch und Kreuz all de­rer, die den Teu­fel des Un­be­kann­ten und Neu­en aus­trei­ben wollen!

Salzburger Schaufenster mit Devotionalien - Mozart-Kugeln - Mozart-Taler - Mozart-Rosen - Mozart-Heiligenbild
Salz­bur­ger Schau­fens­ter mit Kult-De­vo­tio­na­li­en: Mo­zart-Ku­geln, Mo­zart-Ta­ler, Mo­zart-Ro­sen, Mo­zart-Gei­gen, Mozart-Heiligenbild

Die Kunst (und da­mit die Kunst­mu­sik) muss uns doch zu ei­nem neu­en Blick auf die Welt brin­gen, zu ei­ner Wahr-Neh­mung, ja zur Mög­lich­keit ei­ner neu­en Welt an sich! Sie muss uns die Mög­lich­keit ge­ben, mehr un­se­rer sinn­li­chen Po­ten­tia­le zu ent­de­cken und aus­zu­schöp­fen, und da­mit die Chan­ce zu be­kom­men, mehr Mensch zu wer­den! Mensch(licher) zu werden!

Mo­zart ist Universum“
(Bin Ebi­sawa, Jap. Mozart-Forscher)

Die ewi­ge Wie­der­ho­lung, die Va­ria­ti­on des Glei­chen wird uns nicht dazu brin­gen, son­dern sie wird uns in un­se­rer Sa­tu­riert­heit be­stär­ken und den di­cken Hin­tern noch et­was fet­ter ma­chen. Ge­ra­de des­we­gen sind alle glück­lich: Im­mer das Glei­che hö­ren und die Di­rek­to­ren, die Sän­ger, die Mu­si­ker, die Wer­bungs­leu­te dür­fen im­mer das Glei­che ma­chen. Der ka­pi­ta­lis­ti­sche Mu­sik­ver­wer­tungs­be­trieb ist über­haupt am glück­lichs­ten, weil er ohne In­ves­ti­tio­nen ei­nen „Markt“ be­die­nen darf.

Stel­len Sie sich vor, dass die Li­te­ra­tur, die Ma­le­rei oder die Bild­haue­rei sich von ei­nem Künst­ler des 18. Jahr­hun­derts er­drü­cken lies­sen! Lä­cher­lich wür­den das alle fin­den! Ist es auch.

Be­en­den wir den ab­sur­den Kult um das Ori­gi­nal­ge­nie! Be­frei­en wir uns von Mozart! ♦


Peter AndroschPe­ter Androsch
Geb. 1963 in Wels/A,  Ver­öf­fent­li­chung zahl­rei­cher CDs und an­de­rer Pu­bli­ka­tio­nen,  ist in Oper und Mu­sik­thea­ter tä­tig, schreibt Or­ches­ter- Kam­mer-, Büh­nen-, Bal­lett-, Chor- und Film­mu­sik, aber auch Elek­tro­akus­ti­sches, Lei­tung der Spar­te Mu­sik für Linz als Eu­ro­päi­sche Kul­tur­haupt­stadt 2009

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