ChessBase: Fritz-Trainer Vol. 10 – Mikhail Botvinnik (DVD)

Multimediales Schachtraining mit weltmeisterlichem Flair

von Ralf Binnewirtz

Ler­ne von den Klas­si­kern!” ‒ die­sem be­ach­tens­wer­ten Rat­schlag hat sich das Ham­bur­ger Un­ter­neh­men Ch­ess­Ba­se in sei­ner DVD-Rei­he Mas­ter Class im Mul­ti­me­dia-For­mat an­ge­nom­men. Soll es doch tat­säch­lich noch et­li­che Spie­ler selbst auf Meis­ter­ni­veau ge­ben, die zwar Ma­gnus Carlsen ken­nen, aber mit sei­nen Vor­läu­fern bis hin zu Stei­nitz oder Mor­phy kaum et­was an­fan­gen kön­nen. Die be­sag­te Se­rie ver­spricht Ab­hil­fe, in­dem sie die füh­ren­den Schach­meis­ter der Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart in Vi­de­os por­trä­tiert und da­bei de­ren Stra­te­gien, Ge­winn­tech­ni­ken und die ver­schie­de­nen Pha­sen ih­rer Par­tien in der Ana­ly­se hoch­ran­gi­ger Ex­per­ten erhellt.

Zu­gleich wird mit re­gel­mäs­sig ein­ge­streu­ten Test­fra­gen der Le­ser zur Mit­ar­beit ani­miert, so dass die­ser nicht nur die le­gen­dä­ren Schach­grös­sen mit ih­ren spe­zi­fi­schen Stär­ken (und we­ni­gen Schwä­chen) ken­nen­lernt, son­dern auch für die ei­ge­ne Par­tie­füh­rung von ei­nem Trai­ning nach welt­meis­ter­li­chen Vor­bil­dern profitiert.

Schachlegende Botwinnik

Chessbase Fritz-Trainer Vol. 10 - Mikhail Botvinnik - Glarean MagazinDie ak­tu­el­le Aus­ga­be ist dem 6. Welt­meis­ter und Pa­tri­ar­chen der so­wje­ti­schen Schach­schu­le, Mi­chail Bot­win­nik, ge­wid­met. [Ich ver­wen­de in mei­nem Text die deut­sche (aus­spra­chena­he) Tran­skrip­ti­on rus­si­scher Ei­gen­na­men, auch wenn auf der DVD durch­gän­gig die eng­li­sche Tran­skrip­ti­on ge­pflegt wird.] Mi­chail Bot­win­nik (1911-1995), des­sen Kurz­bio­gra­fie von Jo­han­nes Fi­scher bei­gesteu­ert wird (über­nom­men aus der Schach­zeit­schrift KARL 3/2005), war Welt­meis­ter über ei­nen Zeit­raum von 15 Jah­ren (mit kur­zen Un­ter­bre­chun­gen 1957/58 und 1960/61) und über 30 Jah­re der Vor­kämp­fer der So­wjet­uni­on. Man­chen Schach­freun­den mag er als Per­sön­lich­keit lang­wei­lig oder ‒ als Erz­kom­mu­nist aus Über­zeu­gung ‒ al­les an­de­re als sym­pa­thisch er­schei­nen. Sei­ne Be­deu­tung für das Schach dürf­te in­des un­be­strit­ten sein, zu­mal er auch als Au­tor, Theo­re­ti­ker und Schach­leh­rer Aus­ser­ge­wöhn­li­ches ge­leis­tet hat. Die von ihm nach be­en­de­ter Schach­kar­rie­re eta­blier­te Bot­win­nik-Schach­schu­le ha­ben vie­le künf­ti­ge Gross­meis­ter und ei­ni­ge spä­te­re Welt­meis­ter (Kar­pow, Kas­pa­row, Kram­nik) durchlaufen.

Mikhail Botvinnik - Schach-Weltmeister - Glarean Magazin
Eine der cha­ris­ma­tischs­ten Per­sön­lich­kei­ten der Schach­ge­schich­te: Welt­meis­ter Mi­cha­el Bot­win­nik (1911-1995) (Wikipedia/H.Pot)

Mi­cha­el Bot­win­nik hat als Ers­ter die in­di­vi­du­el­le Vor­be­rei­tung auf sei­ne Geg­ner zur Per­fek­ti­on ge­trie­ben und sei­ne ge­sam­te Le­bens­wei­se mit re­gel­mäs­si­ger sport­li­cher Er­tüch­ti­gung und ei­ner na­he­zu spar­ta­ni­schen Er­näh­rung den ei­ge­nen Fit­ness-An­sprü­chen un­ter­wor­fen. Sei­ne Ana­ly­sen nach Par­tie­ab­bruch oder -ende wa­ren äus­serst akri­bisch und scho­nungs­los ob­jek­tiv hin­sicht­lich ei­ge­ner Feh­ler, sei­ne End­spiel­tech­nik war über­ra­gend. Ein gros­ser Teil sei­nes Er­folgs re­sul­tier­te frag­los aus ei­ner nie er­lah­men­den Be­reit­schaft zu har­ter Ar­beit. Wer mehr bio­gra­fi­sche De­tails über Bot­win­nik er­fah­ren möch­te als die­se DVD zu bie­ten ver­mag, ist mit dem aus­ge­zeich­ne­ten Werk von An­drew Sol­tis Mikhail Bot­vin­nik. The Life and Games of a World Ch­ess Cham­pi­on (Mc­Far­land, 2014) gut be­dient. Ge­gen­über dem Buch hat die DVD be­kannt­lich un­schlag­ba­re Vor­tei­le, so­bald es um in­ter­ak­ti­ve Trai­nings­mög­lich­kei­ten oder um ein schnel­les Nach­spie­len von Par­tien und Ana­ly­sen am Bild­schirm geht.

Videoclips in 4 Gruppen

Be­fas­sen wir uns mit dem Herz­stück der DVD, den Vi­deo­clips, die the­ma­tisch in 4 Grup­pen ge­glie­dert sind, für die je­weils ver­schie­de­ne Ex­per­ten ver­ant­wort­lich zeich­nen. Die ge­sam­te Vi­deo­spiel­zeit der deut­schen Ver­si­on be­trägt be­acht­li­che 8 Std. 8 Min. (Ver­lags­an­ga­be).

1. Eröffnungen (8 Clips)

Die­sen Teil be­strei­tet der in Pa­ris le­ben­de Schwei­zer GM Yan­nick Pel­le­tier. Er be­han­delt in 6 Vi­de­os die von Bot­win­nik be­son­ders häu­fig ge­spiel­ten Er­öff­nun­gen so­wie spe­zi­el­le Struk­tu­ren, ein­ge­rahmt von ei­nem Ein­füh­rungs­vi­deo und ei­ner ab­schlies­sen­den Zu­sam­men­fas­sung. Die 6 Clips the­ma­ti­sie­ren nach­ein­an­der: Hol­län­disch; Halb­sla­wisch; Grün­feld-In­disch; Mit Schwarz ge­gen 1.e4 [Fran­zö­sisch; Caro-Kann]; Karls­ba­der Struk­tur; Vorposten.
Dass Bot­win­nik zur Er­öff­nungs­theo­rie zahl­rei­che emi­nen­te Bei­trä­ge ge­lie­fert hat, ist hin­läng­lich be­kannt. Bei­spiel­haft er­in­nert sei nur an die kom­ple­xe, sei­nen Na­men tra­gen­de Bot­win­nik-Va­ri­an­te in Halb­sla­wisch (5…dxc4), die zu den schärfs­ten Er­öff­nungs­sys­te­men zählt und bis heu­te wa­ge­mu­ti­ge Spie­ler­na­tu­ren fas­zi­niert und in­spi­riert. Aber Bot­win­nik hat nicht nur durch kon­kre­te Ideen und Va­ri­an­ten die Theo­rie be­rei­chert. Sein Be­stre­ben war vor al­lem dar­auf ge­rich­tet, lang­fris­ti­ge Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, um aus der Er­öff­nung ty­pi­sche Si­tua­tio­nen und Struk­tu­ren im Mit­tel­spiel zu er­rei­chen, die er dann auf­grund sei­ner pro­fun­den Vor­ar­beit mit Leich­tig­keit zu be­han­deln wuss­te. Sei­ne tie­fen stra­te­gi­schen Plä­ne reich­ten zu­wei­len bis ins End­spiel. Auf dem Feld der vor­be­rei­ten­den (aber auch nach­träg­li­chen) Ana­ly­se konn­te Bot­win­nik sei­ne sys­te­ma­tisch-wis­sen­schaft­li­che Ar­beits­wei­se zur Gel­tung brin­gen, die sich als weg­wei­send und vor­bild­haft für nach­fol­gen­de Ge­ne­ra­tio­nen er­wei­sen soll­te. – Als Zu­ga­be ent­hält die DVD das Er­öff­nungs­re­per­toire von Bot­win­nik als Va­ri­an­ten­baum (“Bot­vin­nik-Power­books”).

2. Strategie (7 Clips)

Der Stra­te­gie-Part wur­de von dem ru­mä­ni­schen GM Mihail Ma­rin auf­be­rei­tet, der längst zu den welt­bes­ten Schach­au­to­ren zählt. Nach ei­nem ein­lei­ten­den Vi­deo, das ei­nen Über­blick über den po­si­tio­nel­len aber kei­nes­wegs zu­rück­hal­ten­den Stil Bot­win­niks gibt, fol­gen 6 Vi­de­os, die ein­zel­ne Par­tien aus Bot­win­niks Lauf­bahn prä­sen­tie­ren bzw. nach po­si­tio­nel­len Ge­sichts­punk­ten sezieren.
Am An­fang steht die le­gen­dä­re Par­tie ge­gen Ca­pa­blan­ca (AVRO 1938) mit der un­ver­gess­li­chen “Links-Rechts-Kom­bi­na­ti­on”, die in zahl­lo­sen Par­tie­samm­lun­gen ver­ewigt wur­de. Bot­win­niks tie­fe stra­te­gi­sche Kon­zep­ti­on tri­um­phiert hier über die kür­ze­ren Teil­plä­ne des Ku­ba­ners. Auch tak­tisch ist der Stra­te­ge Bot­win­nik ge­mein­hin auf der Höhe, aber er star­tet sei­ne Kom­bi­na­tio­nen erst, wenn die po­si­tio­nel­len Grund­la­gen hier­zu ge­schaf­fen wur­den. Nur aus­nahms­wei­se schreckt er vor der ei­ge­nen Cou­ra­ge zu­rück, wenn er aus­sichts­rei­che Op­fer zu­guns­ten po­si­tio­nel­ler Lö­sun­gen mei­det, die eben­falls zum Ge­winn rei­chen ‒ so ge­sche­hen in der Par­tie ge­gen Lar­sen 1967.
Die Vi­deo­prä­sen­ta­tio­nen die­ses Teils sind mit in­ter­ak­ti­ven Trai­nings­fra­gen an­ge­rei­chert. Bei der Ein­ga­be von fal­schen Ant­wort­zü­gen er­folgt ein kur­zes Feed­back, wo­nach der Lö­ser ei­nen neu­en Ver­such un­ter­neh­men kann. Al­ter­na­tiv kann er sich auch die Lö­sung an­zei­gen las­sen. Da­her kann die DVD von Spie­lern be­lie­bi­ger Spiel­stär­ke ge­nutzt wer­den, auch der Ver­lag gibt dies­be­züg­lich kei­ne Ein­schrän­kun­gen an. – Die Par­tien sind aus­ser­dem in ei­ner se­pa­ra­ten Da­ten­bank “Botvinnik_strategy” zu fin­den, die Kom­men­tie­rung liegt hier non­ver­bal an­hand von zahl­rei­chen Va­ri­an­ten vor.

Chessbase Fritz-Trainer Vol. 10 - Mikhail Botvinnik - Screenshot - Glarean Magazin
Viel­fäl­ti­ge In­hal­te und um­fang­rei­ches Trai­nings­ma­te­ri­al von ei­nem le­gen­dä­ren Vor­kämp­fer des “So­wjet-Schachs”: Screen­shot der Ch­ess­ba­se-DVD “Mikhail Botvinnik”

3. Taktik (20 Clips)

Den Tak­tik-Teil hat der Ham­bur­ger IM Oli­ver Reeh über­nom­men, der zwan­zig Bot­win­nik-Par­tien bzw. Par­tie-Frag­men­te aus dem Zeit­raum 1926 bis 1968 aus­ge­wählt hat, die für ein in­ter­ak­ti­ves Tak­tik-Trai­ning prä­de­sti­niert er­schei­nen. Ne­ben der be­reits er­wähn­ten Par­tie ge­gen Ca­pa­blan­ca 1938 sind hier zwei wei­te­re klas­si­sche Per­len Bot­win­nik­scher Spiel­kunst zu fin­den, die mit ih­ren Op­fer-Rei­gen an frü­he­re ro­man­ti­sche Zei­ten er­in­nern: die Par­tie ge­gen Tschechower 1935 und eine wei­te­re “Un­ver­gäng­li­che” ge­gen Port­isch 1968. Die voll­stän­di­gen Par­tien zum Nach­spie­len sind wie­der in ei­ner Da­ten­bank “Botvinnik_tactics” ver­füg­bar, hier sind auch kur­ze Text­kom­men­ta­re (in Deutsch und Eng­lisch) eingestreut.

4. Endspiele (14 Clips)

Der letz­te Vi­deo-Teil wird von dem re­nom­mier­ten Ham­bur­ger End­spiel­ex­per­ten GM Kars­ten Mül­ler prä­sen­tiert. Er be­ginnt mit zwei in­ter­ak­ti­ven Tests aus Bot­win­niks End­spie­len (zu­erst ein gross­ar­ti­ger “Mau­er­bre­cher”, an­schlies­send se­hen wir ei­nen zum Re­mis ver­tei­di­gen­den Bot­win­nik). Es fol­gen 12 Clips, in de­nen Mül­ler die gross­ar­ti­gen Fä­hig­kei­ten Bot­win­niks in die­ser Par­tie­pha­se kom­men­tiert (ohne in­ter­ak­ti­ve Tests). Das be­rühm­tes­te der hier ge­brach­ten Bei­spie­le ist si­cher­lich das End­spiel Bot­win­nik ‒ Bob­by Fi­scher von der Olym­pia­de Var­na 1962, das nach nächt­li­cher Ana­ly­se der Hän­ge­par­tie durch das rus­si­sche Team und für Fi­scher scho­ckie­rend mit Re­mis en­de­te. Auch hier gibt es wie­der eine se­pa­ra­te Da­ten­bank “Botvinnik_endgames” mit den 14 kom­men­tier­ten Endspielen.
Als wei­te­res Zu­satz­ma­te­ri­al auf der DVD sind zu nen­nen: Eine Da­ten­bank mit 1235 Bot­win­nik-Par­tien (teil­wei­se und un­ter­schied­lich aus­führ­lich kom­men­tiert mit Varianten/Text), die Ta­bel­len von den Tur­nie­ren mit Bot­win­niks Be­tei­li­gung aus dem Zeit­raum 1931 bis 1969, so­wie eine Da­ten­bank mit 410 Trai­nings­fra­gen aus 103 Bot­win­nik-Par­tien, hier kann der am­bi­tio­nier­te Lö­ser ma­xi­mal 883 Punk­te er­zie­len. Zum Ar­bei­ten mit den Da­ten­ban­ken ist der Ch­ess­Ba­se Rea­der 2017 von der DVD oder bei Ch­ess­ba­se zu in­stal­lie­ren (so­fern nicht oh­ne­hin be­reits auf dem PC des Le­sers vorliegend).


Exkurs: Botwinnik vs Fischer

W.E./Im Jah­re 1962 kam es an­läss­lich der 15. Schach-Olym­pia­de im bul­ga­ri­schen Var­na bei der Be­geg­nung So­wjet­uni­on vs USA zu ei­nem le­gen­dä­ren Du­ell zwei­er Ti­ta­nen der Schach­ge­schich­te (ein You­tube-Vi­deo hält das Par­tie-Ende der bei­den fest): Am 1. Brett traf der Vor­kämp­fer des kom­mu­nis­ti­schen Russ­land Mi­cha­el Bot­win­nik auf das ame­ri­ka­ni­sche Schach­ge­nie Ro­bert “Bob­by” Ja­mes Fi­scher. Der am­tie­ren­de Welt­meis­ter Bot­win­nik war da­mals mit sei­nen 51 Jah­ren be­reits nicht mehr ganz auf der Höhe sei­ner Meis­ter­schaft (und wur­de ein Jahr spä­ter von T. Pe­tros­jan auf dem Thron end­gül­tig ab­ge­löst), doch die bei­den un­ter­schied­li­chen Spie­ler lie­fer­ten sich ei­nen er­bit­ter­ten (und in der Fol­ge viel­fach kom­men­tier­ten) Kampf, der le­gen­där in die Schach­ge­schich­te einging.

Zwei Giganten des Schachs an der Olympiade 1962 im Endspiel der Partie, die remis endete: Botvinnik vs Fischer
Zwei Gi­gan­ten des Schachs an der Olym­pia­de 1962 im End­spiel ih­rer Par­tie, die re­mis en­de­te: Bot­vin­nik vs Fischer

Der Spiel­stil der zwei Ge­nies spie­gel­te sich un­mit­tel­bar in ih­ren Par­tie­an­la­gen. Ich konn­te der Ver­su­chung nicht wi­der­ste­hen und un­ter­brei­te­te die­se Par­tie der bei­den Ex-Welt­meis­ter dem in­of­fi­zi­el­len Welt­meis­ter des ak­tu­el­len Com­pu­ter­schachs, näm­lich dem Free­ware-Schach-Pro­gramm Stock­fi­sh (As­sem­bler-Ver­si­on). Das Equip­ment bzw. Set­ting die­ser sog. Tak­ti­schen Ana­ly­se mit der Da­ten­bank Ch­ess­ba­se 14 war: AMD-FX8350-8Co­res-4Ghz-64­bit (En­gi­ne AsmFi­sh-20180723 / 20sec / 4G Hash).

Die­se Par­tie wur­de (wie ge­sagt) oft und teils sehr un­ter­schied­lich ana­ly­siert von zahl­rei­chen Gross­meis­tern in Bü­chern und im In­ter­net; de­ren Kom­men­ta­re zu ver­glei­chen mit dem Out­put ei­ner Schach-En­gi­ne, ge­gen die in ei­nem Match zu re­üs­sie­ren we­der ein Bot­win­nik noch ein Fi­scher auch nur den Hauch ei­ner Chan­cen hät­te, ist nicht ohne In­ter­es­se und Reiz… Ich gebe hier die Com­pu­ter-Ana­ly­se un­ver­än­dert 1:1 wie­der, der Le­ser mag sie all den an­de­ren Kom­men­ta­ren ge­gen­über­stel­len und ihre Be­wer­tun­gen ver­glei­chen mit je­nen der hu­ma­no­iden Be­ur­tei­lun­gen. Man be­ach­te üb­ri­gens die Ein­schät­zung des Pro­gram­mes, was die Zug-“Genauigkeit” der zwei Geg­ner an­be­langt: Bot­win­nik er­reich­te hier 62%, Fi­scher “nur” 55%…

Bot­vin­nik - Fi­scher Var­na 1962 (Stock­fi­sh-Ana­ly­se CB14) - Glarean Magazin

Hier der Link zu ei­ner in­ter­ak­ti­ven Par­tie-Ana­ly­se und
zum Down­load der Partie


Botwinniks Dominanz

FAZIT: Das auf der DVD “Fritz-Trai­ner 10: Mikhail Bot­vin­nik” ver­sam­mel­te Ma­te­ri­al um­fasst alle Tur­nier- und Match­par­tien von Bot­win­nik und so­gar ei­ni­ge Si­mul­tan­par­tien, so­mit ei­nen Gross­teil sei­nes schach­li­chen Er­bes. Die per­so­nel­le Be­set­zung in den Vi­deo­clips mit vier pro­mi­nen­ten und be­währ­ten Ex­per­ten ver­bürgt hohe fach­li­che Kom­pe­tenz, die sprach­li­che Prä­sen­ta­ti­on ist ge­ne­rell ein­gän­gig und an­ge­nehm im Tem­po. Er­gänzt durch hoch­wer­ti­ge Zu­ga­ben (Bio­gra­fie, Tak­tik­trai­ning etc.), bie­tet sich die DVD an, ei­nen der er­folg­reichs­ten Welt­meis­ter der Schach­ge­schich­te ken­nen­zu­ler­nen, sei­ne Par­tien zu stu­die­ren und durch die in­ter­ak­ti­ve Teil­nah­me an den Tests und Trai­nings­auf­ga­ben das Ni­veau der ei­ge­nen Par­tie­füh­rung zu verbessern.

Die Ur­sa­chen der Über­le­gen­heit Bot­win­niks über Gross­meis­ter ver­gleich­ba­ren Ta­lents sind schon weit­ge­hend aus dem vor­ste­hend Ge­sag­ten ab­leit­bar. Auch wenn er sich selbst nur als “pri­mus in­ter pa­res” ge­se­hen hat, be­sass Bot­win­nik doch ent­schei­den­de Vor­tei­le durch sei­ne mit wis­sen­schaft­li­cher Me­tho­dik er­ar­bei­te­ten Vor­be­rei­tun­gen auf Par­tie und Geg­ner, durch die prä­pa­rier­ten lang­fris­ti­gen Plä­ne bis weit ins Mit­tel­spiel, wo sei­ne we­ni­ger gut vor­be­rei­te­ten Geg­ner nur noch ori­en­tie­rungs­los (re)agieren konn­ten. Sei­ne tief­schür­fen­den Ar­bei­ten ver­hal­fen ihm wohl auch zu der wert­vol­len Fä­hig­keit, Stel­lungs­ana­lo­gien in ver­wand­ten, schein­bar an­ders ge­ar­te­ten Stel­lun­gen di­rekt am Brett zu er­fas­sen und zu nut­zen (sie­he dazu auch A. Jus­su­pow: “Bot­win­niks Spiel”, in KARL 3/2005). Bot­win­niks Er­fol­ge ba­sier­ten zu­dem auf ei­nem enor­men Fleiss, ei­ner un­be­irr­ba­ren Ziel­stre­big­keit und ei­ner ei­ser­nen Selbst­dis­zi­plin. Sein Spiel­stil war uni­ver­sell, wenn auch vor­wie­gend po­si­tio­nell aus­ge­rich­tet, und er zeig­te kei­ne nen­nens­wer­ten Schwä­chen. Le­dig­lich sei­ne be­ruf­li­che Tä­tig­keit als Elek­tro­in­ge­nieur hin­der­te ihn dar­an, eine kon­stant gute Form auf­recht­zu­er­hal­ten. Als eine neue Ge­ne­ra­ti­on von Schach­spie­lern sei­ne Me­tho­den der Vor­be­rei­tung ad­ap­tier­te, büss­te er sei­nen Vor­sprung all­mäh­lich ein, letzt­lich muss­te er auch sei­nem zu­neh­men­den Al­ter Tri­but zol­len. Je­den­falls dürf­te die jahr­zehn­te­lan­ge so­wje­ti­sche He­ge­mo­nie im Welt­schach nach dem 2. Welt­krieg zu ei­nem we­sent­li­chen Teil auf die Pio­nier­ar­beit Bot­win­niks zu­rück­zu­füh­ren sein. ♦

Ch­ess­ba­se: Mikhail Bot­vin­nik – Fritz-Trai­ner Mas­ter Class Vol. 10, DVD-Trai­ning, ISBN 978-3-86681-649-7

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