Günter Lossa: Der entscheidende Zug (Schach)

50 attraktive Schach-Kombinationen

von Thomas Binder

Der frü­here Bun­des­li­ga­spie­ler und Chef­re­dak­teur des “Schach-Report” Gün­ter Lossa mel­det sich mit dem schma­len Bänd­chen “Der ent­schei­dende Zug zum zwin­gen­den Mat­t­an­griff” auf dem Buch­markt zurück, wel­ches genau das ent­hält, was der Titel ver­spricht: 50 Schach­par­tien, die alle­samt mit einer attrak­ti­ven Matt­kom­bi­na­tion enden.

Günter Lossa - Der entscheidende Zug - Beyer Verlag - Cover - Glarean Magazin
Gün­ter Lossa: Der ent­schei­dende Zug, Beyer Verlag

Um es vor­weg zu neh­men: Ange­sichts des unschlag­bar güns­ti­gen Prei­ses und der gefäl­li­gen Auf­ma­chung kann man sich beim Kauf die­ses Buches eigent­lich nicht ver­tun. Es spricht zudem eine breite Ziel­gruppe an. Wer gerade die Anfangs­gründe des Schach­spiels erlernt hat, wird mit den Auf­ga­ben zwar über­for­dert sein, kann sie anhand der Lösungs­be­spre­chung aber mit rei­chem Erkennt­nis­ge­winn erar­bei­ten. Man­ches Matt­bild muss man eben ein­mal gese­hen haben, um es im pas­sen­den Moment wie­der zu erkennen.

Sehenswerte Partien dem Vergessen entrissen

Der durch­schnitt­li­che Ver­eins­spie­ler sollte sich bereits der Her­aus­for­de­rung stel­len, die Auf­ga­ben lösen zu kön­nen. Er wird an vie­len Stel­len erfolg­reich sein, an ande­ren die Hilfe des Autors benö­ti­gen. Fort­ge­schrit­tene Spie­ler ober­halb eines Wert­zahl­ni­veaus von etwa 1700 kön­nen man­che Par­tie als Fin­ger­übung zwi­schen­durch pro­bie­ren oder eben ein­fach in den Tex­ten schmökern.
Unter den vor­ge­stell­ten Par­tien fin­det der Ken­ner neben vie­lem, was er schon anderswo gese­hen hat, auch man­che sehens­werte Par­tie, die sonst wohl in Ver­ges­sen­heit gera­ten wäre.

Spieler und Turniere interessant vorgestellt

50 attraktive Schach-Kombinationen bis zum Matt in Lossa's "Der entscheidende Zug"
50 attrak­tive Schach-Kom­bi­na­tio­nen bis zum Matt in Lossa’s “Der ent­schei­dende Zug”

Lossa prä­sen­tiert die 50 Auf­ga­ben jeweils auf einer Buch­seite, begin­nend mit einem gros­sen Dia­gramm der kri­ti­schen Stel­lung. Dann folgt ein ein­füh­ren­der Text. In genau ange­mes­se­nem Umfang wer­den die Spie­ler vor­ge­stellt und wird auf das betref­fende Tur­nier ein­ge­gan­gen. Der Leser wird damit auf die Par­tie ein­ge­stimmt. Danach folgt deren bis­he­ri­ger Ver­lauf als Kurz­no­ta­tion. Auf die­sen Absatz hätte man gut und gerne ver­zich­ten kön­nen. Der Leser wird sich ohne­hin an der abge­bil­de­ten Stel­lung ori­en­tie­ren. Den vor­her­ge­hen­den Par­tie­ver­lauf nach­zu­spie­len, bringt ihm nicht viel, feh­len doch hier jeg­li­che Kom­men­tare und Vari­an­ten. Abschlies­send stellt Lossa dann die Matt­auf­gabe, an der sich der Leser ver­su­chen soll.
Die Ant­wor­ten fin­det er dann im letz­ten Teil des Buches. Meist fül­len je drei Lösun­gen eine Seite. Auch hier trifft Gün­ter Lossa das rich­tige Mass. Seine Kom­men­tare und Vari­an­ten beant­wor­ten alle Fra­gen. Beson­ders ange­nehm fällt auf, dass der Autor auch den Lösungs­be­spre­chun­gen jeweils ein klei­nes Dia­gramm spen­diert, und zwar keine plumpe Wie­der­ho­lung der Auf­gabe, son­dern ein zusätz­li­ches Stel­lungs­bild an einer ent­schei­den­den Ver­zwei­gung oder im Zuge einer län­ge­ren Matt­füh­rung. So kann auch der weni­ger geübte Leser die Zug­folge pro­blem­los „vom Blatt“ verfolgen.

Material aus den 1980er Jahren

Fazit: Ange­sichts der gefäl­li­gen Auf­ma­chung und des her­vor­ra­gen­den Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis­ses liegt mit „Der ent­schei­dende Zug zum zwin­gen­den Mat­t­an­griff“ ein Buch vor, das Schach­spie­ler (fast) jeder Spiel­stärke mit Genuss und Gewinn lesen kön­nen. Die klei­nen inhalt­li­chen Unge­nau­ig­kei­ten sind dem Alter der Texte geschul­det und las­sen sich leicht korrigieren.

Liest man die Texte etwas genauer, ent­steht frei­lich der Ein­druck, dass hier älte­res Mate­rial (viel­leicht aus einer Zei­tungs­ko­lumne?) recy­celt wurde. Die jüngs­ten Par­tien stam­men vom Anfang der 1980er-Jahre und auch der Text ist inhalt­lich auf die­sem Stand geblie­ben. Da wirkt eini­ges dann merk­wür­dig „aus der Zeit gefal­len“. Die Schach­olym­piade wird als Mann­schafts-WM bezeich­net, Fern­schach wird per Post­karte gespielt und die Spit­zen­klubs der Bun­des­liga heis­sen neben Solin­gen (es gibt also noch Kon­stan­ten) noch Porz und Bay­ern Mün­chen. Hier und da sind auch miss­ver­ständ­li­che For­mu­lie­run­gen zu bekla­gen. Hugo Huss­ong war gewiss nicht einer der „weni­gen“ bekann­ten deut­schen Schach­meis­ter, son­dern eben einer der „weni­ger“ bekannten.
Bei einer Neu­auf­lage sollte man sich also der Mühe unter­zie­hen, die Texte aus heu­ti­ger Sicht zu aktua­li­sie­ren. Dann kann man die­sen infor­ma­ti­ven und ange­nehm les­ba­ren Absät­zen mit ihren auf­schluss­rei­chen Fak­ten noch bes­ser vertrauen. ♦

Gün­ter Lossa: Der ent­schei­dende Zug zum zwin­gen­den Mat­t­an­griff, Joa­chim Beyer Ver­lag, 80 Sei­ten, ISBN 978-3-95920071-4

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Schach-Auf­ga­ben auch die neue Serie God­zilla End­game Chess Puzzles

…sowie zum Thema Schach-Eröff­nun­gen über Gra­ham Bur­gess: An Idiot-Proof Chess Ope­ning Repertoire

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