Manfred Herbold: Der Schachtherapeut 2 (Reloaded)

Lehrreich-vergnügliches Schachlesebuch

von Tho­mas Binder

Ob Kreis­liga oder Welt­spitze – einen Schach­the­ra­peu­ten braucht jeder” – so ähn­lich steht es im Vor­wort des neuen Buches “Der Schach­the­ra­peut 2” von Man­fred Her­bold. Da ist es gut, dass der umtrie­bige Schach­spie­ler, -autor und -trai­ner Man­fred Her­bold seit Jah­ren unter dem Label “Schach­the­ra­peut” zumin­dest in der schach­li­chen Inter­net-Com­mu­nity (aber sicher auch dar­über hin­aus) bekannt ist. Seine Fans – oder soll­ten wir sagen: “seine Pati­en­ten”? – muss­ten ganze acht Jahre auf das zweite gedruckte Werk aus sei­ner Feder warten.

Manfred Herbold - Der Schachtherapeut Band 2 (Reloaded) - EigenverlagNun liegt mit “Der Schach­the­ra­peut 2 – Rel­oa­ded” ein Band vor uns, der an Inhalt und Auf­ma­chung die har­mo­ni­sche Fort­set­zung des ers­ten Ban­des die­ser Reihe ist. Der Umfang ist gegen­über jenem um ca. 50 Sei­ten ange­wach­sen. Zwei wei­tere Bände sind ange­kün­digt, und die War­te­zeit soll dies­mal deut­lich kür­zer ausfallen.

Sprachliche Qualität und vergnügliche Inhalte

Den gröss­ten Teil des Buches neh­men 20 Kapi­tel ein, in denen Her­bold uns aus­nahms­los unter­halt­same und lehr­rei­che Par­tien bzw. Par­tie­frag­mente prä­sen­tiert – mehr oder weni­ger dicht in lau­nige Texte ein­ge­bet­tet. Vie­les wird dabei stil­echt in Par­odien auf psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Sit­zun­gen ver­packt. Dabei begeg­nen wir Her­bolds treu­es­tem Pati­en­ten wie­der, der auch acht Jahre nach Band 1 offen­bar noch nicht aus­the­ra­piert ist. Die­ser Herr Lobrehd erweist sich auf den zwei­ten Blick als ein Ana­gramm auf Her­bolds eige­nen Namen – schö­ner Beleg für den augen­zwin­kernd sou­ve­rä­nen Umgang des Autors mit der deut­schen Spra­che. Gerade diese Leich­tig­keit macht seine Texte abseits des schach­li­chen Inhalts zu einem Lese­ver­gnü­gen, wie man es sel­ten in der Schach­li­te­ra­tur erlebt.
Ein wei­te­res erfreu­li­ches Wie­der­se­hen gibt es mit den drei “Halls”: Der Hall of Fame (echte Glanz­par­tien), der Hall of Shame (lehr­rei­che Feh­ler, in der Regel vom Ver­ur­sa­cher selbst zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­schla­gen) und der Hall of Luck, in wel­cher glück­li­che Fügun­gen zu einer sehens­wer­ten oder kurio­sen Par­tie geführt haben.
Viele Par­tien stam­men aus unte­ren Spiel­klas­sen oder offe­nen Tur­nie­ren, so bil­den sie auch für den erfah­re­nen Leser neue Ent­de­ckun­gen. Natür­lich hat auch bekann­tes Mate­rial sei­nen Platz, wie Mit­ro­fa­novs Ablen­kung oder die berühmte Stu­die der Gebrü­der Sarychev.

Zahlreiche internationale Gastbeiträge

Manfred Herbold (* 1966)
Man­fred Her­bold (Geb. 1966)

Das alles ist weit davon ent­fernt, in die Kate­go­rie “Kla­mauk” abzu­glei­ten. Es bleibt immer köst­li­che, aber ernst gemeinte Unter­hal­tung. Im Gegen­satz zum ers­ten Band gibt es sogar einige Abschnitte, die man nahezu unver­än­dert in ein klas­si­sches Lehr­buch über­neh­men könnte, etwa dort, wo es um gute und schlechte Leicht­fi­gu­ren geht.
Etwa 40 Sei­ten sind Gast­bei­trä­gen von Autoren gewid­met, die mit Her­bold auf annä­hernd glei­cher Wel­len­länge sur­fen. Soweit erkenn­bar han­delt es sich dabei um bereits ver­öf­fent­lichte Bei­träge von deren jewei­li­gen Web­sei­ten. Zu die­sen Gast­au­toren gehö­ren “Schachi­me­des” Mar­tin Stichl­ber­ger aus Wien, “Glarean” Wal­ter Eigen­mann aus der Schweiz, “Schach­neu­ro­ti­ker” Karl Gross, Franz Jit­ten­maier von chess-inter­na­tio­nal hier (ver­tre­ten mit sei­nem Ruhr­pott-Ori­gi­nal “Peule”) und Hans-Peter Kraus, des­sen Lehr­buch über Fes­se­lun­gen im Schach eigent­lich schon lange eine voll­stän­dige Ver­öf­fent­li­chung in Buch­form ver­dient hätte. Wei­tere Co-Autoren, deren Namen dem Kun­di­gen höchs­ten Lese­ge­nuss ver­spre­chen, sind Ger­hard Wet­zel, Her­mann Krie­ger, Ulrich Höfer, Rai­ner Schlen­ker und Hart­mut Metz. Wo hat es eine sol­che Antho­lo­gie deutsch­spra­chi­ger Schach­pu­bli­zis­ten schon ein­mal gege­ben? Wäre das viel­leicht sogar ein Ansatz für ein eigen­stän­di­ges Projekt?

Ideale Ergänzung durch den Cartoonisten Frank Stiefel

Manfred Herbold - Der Schachtherapeut Band 2 (Reloaded) - Cartoons von Frank Stiefel
Car­toon: Frank Stiefel

Neben den Gast­au­toren ist auf eine Per­son unbe­dingt zu ver­wei­sen, die einen unschätz­ba­ren Bei­trag zum Gelin­gen die­ses Buches geleis­tet hat: Die meist gross­flä­chi­gen Illus­tra­tio­nen von Frank Stie­fel ergän­zen den Text ideal, kön­nen aber auch eigen­stän­dig als Schach-Car­toons bestehen.
Der Voll­stän­dig­keit hal­ber sei noch auf den kur­zen 3. Teil ver­wie­sen, der mit “Extras” über­schrie­ben ist. Mit weni­gen Aus­nah­men hätte man diese Bei­träge auch im Haupt­teil unter­brin­gen kön­nen, so dass sich der Sinn des eigen­stän­di­gen Abschnitts nicht ganz erschliesst.

Nach langer Wartezeit legt "Schachtherapeut" Manfred Herbold sein zweites Buch vor. Er schafft es erneut, den Leser mit köstlich geschriebenen und zudem lehrreichen Geschichten zu fesseln - ein Schach-Lesebuch erster Güte!
Nach lan­ger War­te­zeit legt “Schach­the­ra­peut” Man­fred Her­bold sein zwei­tes Buch vor. Er schafft es erneut, den Leser mit köst­lich geschrie­be­nen und zudem lehr­rei­chen Geschich­ten zu fes­seln – ein Schach-Lese­buch ers­ter Güte!

Der Rezen­sent hat wenig Kri­tik­punkte gefun­den. Bei einem Werk, des­sen Autor die gesamte Pro­duk­tion in die eige­nen Hände genom­men hat, ist es gera­dezu unver­meid­lich, dass der eine oder andere Schreib­feh­ler trotz inten­si­ver Kor­rek­tur­le­sung unent­deckt bleibt. Das kann man gut bei einer Neu­auf­lage aus­mer­zen. Ansons­ten sind Lay­out und hand­werk­li­che Gestal­tung abso­lut pro­fes­sio­nell gelungen.
Eine Unsitte ist es in mei­nen Augen, dass Her­bold einige Dia­gramme “kopf­ste­hend” prä­sen­tiert. Natür­lich soll sich der Pati­ent – sorry, der Leser – hier mit dem Schwarz­spie­ler iden­ti­fi­zie­ren. Bei Stel­lun­gen kurz nach Ende der Eröff­nung ist das auch leicht mög­lich, im End­spiel mit weni­gen Figu­ren und weni­ger ver­trau­ten Struk­tu­ren stif­tet dies aber unnö­tige Verwirrung. ♦

Man­fred Her­bold: Der Schach­the­ra­peut – Band 2: Rel­oa­ded, 220 Sei­ten, Selbstverlag

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