Hans-Joachim Hecht: Königswege im Schach

Königliche Manöver im Endspiel

von Malte Thodam

In der Eröff­nung und im Mit­tel­spiel auf­grund sei­ner Schutz­be­dürf­tig­keit in aller Regel nicht in der Lage, aktiv ins Spiel­ge­sche­hen ein­zu­grei­fen, avan­ciert der König im fort­ge­schrit­te­nen Par­tie­ver­lauf bekann­ter­mas­sen zu einer star­ken Figur, deren Akti­vi­tät vor allem im End­spiel oft ent­schei­dend für das Resul­tat ist. Dies weiss natür­lich jeder erfah­rene Schach­spie­ler. Da die Pra­xis aber mehr von uns ver­langt als die blosse Kennt­nis sol­cher all­ge­mei­nen Lehr­sätze, hat der bekannte deut­sche Gross­meis­ter Hans-Joa­chim Hecht sich der Figur, die unse­rem Spiel sei­nen Namen gab, in einem neuen Werk mit dem Titel “Königs­wege im Schach – Der End­spiel-Rat­ge­ber” aus­gie­big gewidmet.

Ruf als erfahrener Endspiel-Experte

Hans-Joachim Hecht: Königswege im Schach - Der Endspiel-Ratgeber (Edition Olms)Erfah­rung im End­spiel hat Hecht als Teil­neh­mer an zehn Schach­olym­pia­den ganz zwei­fel­los, und lange Jahre zählte er zu den stärks­ten deut­schen Schach­spie­lern. Hecht galt stets als sehr erfolg­reich im End­spiel, was auch die von ihm gespiel­ten End­spiele zei­gen, wel­che einen Gross­teil des Buches ein­neh­men. Wenig erstaun­lich also auch, dass Hecht ob sei­ner Fer­tig­kei­ten im letz­ten Par­tie­ab­schnitt z.B. mass­geb­lich am Auf­bau der bekann­ten Chess­base-End­spiel­da­ten­bank betei­ligt war.
“Königs­wege im Schach” umfasst etwa hun­dert aus­ge­wählte Bei­spiele, die nicht nur aus den erwähn­ten Mus­ter­par­tien Hechts, son­dern zudem noch aus aktu­el­len Meis­ter­be­geg­nun­gen und ver­ein­zel­ten Stu­dien stam­men. Einige der prä­sen­tier­ten Par­tie­frag­mente brin­gen die Kraft des Königs so klar zur Gel­tung, dass man sich wäh­rend der Lek­türe beim Schmun­zeln ertappt. Hecht führt hierzu einige Mit­tel­spiele vor, die in der Tat beein­dru­ckend sind. So etwa den ein­drucks­vol­len Königs­marsch aus der Par­tie Short-Tim­man in Til­burg 1991. Der weisse Mon­arch unter­stützt hier dank der Domi­nanz sei­ner übri­gen Figu­ren das Matt, nach­dem er die eigene Rocha­de­stel­lung ver­las­sen hat. Die Ästhe­tik sol­cher Akti­vie­rung aller ver­füg­ba­ren Resour­cen ein­schliess­lich des Königs ist nicht von der Hand zu wei­sen – ein ech­ter Königs­weg eben.
Obwohl der König und seine Manö­ver im Mit­tel­punkt des Buches ste­hen, geht der übrige Inhalt weit dar­über hin­aus. In ins­ge­samt 14 Kapi­teln wer­den die Beson­der­hei­ten ver­schie­de­ner End­spiel­ty­pen und jene der ande­ren Figu­ren her­vor­ra­gend illus­triert, wobei Hecht die den gege­be­nen Par­tie­stel­lun­gen zugrunde lie­gen­den Pläne in ver­ständ­li­chen Wor­ten aus­führ­lich erläu­tert, und alle seine Aus­füh­run­gen mit über­schau­ba­ren, aber aus­rei­chen­den Vari­an­ten untermauert.

Zusammenspiel der Figuren mit dem König als zentrales Thema

Das zen­trale Thema ist dabei das Zusam­men­spiel aller Figu­ren mit ihrem König. Wie wich­tig dies für die erfolg­rei­che Gestal­tung des End­spiels ist, betont Hecht uner­müd­lich. In Kapi­tel 9, wel­ches er ganz aus­drück­lich eben dem Figu­ren-Zusam­men­spiel gewid­met hat, schreibt Hecht im ein­lei­ten­den Teil über den Fall eines feh­len­den Ein­sat­zes des Königs: “Der König spielt nicht mit – Wie bitte?”

Leseprobe aus: Hans-Joachim Hecht: Königswege im Schach - Der Endspiel-Ratgeber (Edition Olms)
Lese­probe aus: Hans-Joa­chim Hecht: Königs­wege im Schach – Der End­spiel-Rat­ge­ber (Edi­tion Olms)

Mit sei­nen 160 Sei­ten ist “Königs­wege im Schach” natür­lich nicht mit gän­gi­gen Enzy­klo­pä­dien über das End­spiel gleich­zu­set­zen. Der Leser fin­det hier kein sys­te­ma­ti­sches Lehr­buch über das End­spiel, die­sen Anspruch erhebt der Autor aber auch gar nicht. Ziel war es laut Hecht, ein Buch zu schrei­ben, das sich nicht an erfah­rene Tur­nier­spie­ler und Meis­ter wen­det, son­dern “an jene auf­stre­ben­den Schach­lieb­ha­ber, die zwar über das ele­men­tare End­spiel­wis­sen ver­fü­gen, jedoch mehr über die far­bige Welt des End­spiels erfah­ren möchten.”
Die­ses Vor­ha­ben scheint ihm durch­aus gelun­gen zu sein. Ein bes­se­res Gefühl für das End­spiel wird von Hecht durch sei­nen kurz­wei­li­gen Rat­ge­ber in jedem Fall ver­mit­telt – dem ler­nen­den Spie­ler wird klar gemacht, worum es in den behan­del­ten End­spie­len über­haupt geht, so dass es für ihn leich­ter wird, End­spiele zu bewer­ten und einen rich­ti­gen Plan zu fas­sen. Dies­be­züg­lich inter­es­sante Stich­wör­ter sind bei­spiels­weise: “Raum und Fes­tung”, “Patt­ver­tei­di­gung”, “Spring­er­wege”, “Bau­ern auf einem Flü­gel” oder auch “Geringe Bauernzahl”.
Abge­run­det wird Hechts “Königs­wege im Schach” – wie bei didak­tisch guten Schach­bü­chern inzwi­schen üblich – mit diver­sen Auf­ga­ben, ergänzt durch den obli­ga­to­ri­schen Lösungs­teil am Ende des Buches. Der Leser wird bei eini­gen Lehr­bei­spie­len selbst dazu ange­hal­ten, einen bes­se­ren Weg zum Gewinn zu suchen, oder eine Mög­lich­keit zu fin­den, die den Geg­ner in Zug­zwang bringt. So wird man wäh­rend der Lek­türe ein­be­zo­gen und kann seine eige­nen Über­le­gun­gen mit den Ana­ly­sen des Gross­meis­ters vergleichen.
Wer das End­spiel mag, bekommt hier ein sehr gutes Buch in die Hand, in dem ein End­spiel­ex­perte einen Teil sei­nes Erfah­rungs­schat­zes offenbart. ♦

Hans-Joa­chim Hecht, Königs­wege im Schach – Der End­spiel-Rat­ge­ber, 160 Sei­ten, Olms Ver­lag, ISBN 978-3-283-01013-3

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