Heute vor … Jahren: Euwe wird Schach-Weltmeister

Schach-Amateur Euwe wird Weltmeister

von Walter Eigenmann

Am 15. Dezem­ber 1935 gewinnt in Ams­ter­dam der 34-jäh­rige hol­län­di­sche Mathe­ma­tik-Leh­rer und Ver­si­che­rungs-Sta­tis­ti­ker Max Euwe als Ama­teur sen­sa­tio­nell die Schach-Welt­meis­ter­schaft. Mit dem denk­bar knapps­ten Ergeb­nis von 15,5 zu 14,5 Punk­ten schlägt er als Her­aus­for­de­rer das zu die­ser Zeit als unbe­sieg­bar gel­tende exil­rus­si­sche Schach-Genie Alex­an­der Alje­chin.

Amateur Max Euwe (sitzend) gewinnt 1935 gegen das Schachgenie Alexander Aljechin (stehend) den Weltmeister-Titel
Ama­teur Max Euwe (sit­zend) gewinnt 1935 gegen das Schach­ge­nie Alex­an­der Alje­chin (ste­hend) den Weltmeister-Titel

Für das Match wurde eine Kampf­börse von 10’000 Dol­lar aus­ge­setzt, es begann am 3. Okto­ber in Ams­ter­dam und wurde anschlies­send in meh­re­ren Städ­ten Hol­lands fort­ge­setzt. Alje­chin ging schon bald (wie erwar­tet) mit 6:3 in Füh­rung, doch der zähe und gedul­dige Hol­län­der kämpfte sich wie­der heran und gewann schliess­lich nach 9 Sie­gen, 8 Nie­der­la­gen und 13 Unentschieden.

Die Perle von Zandvoort

Eine der schöns­ten Par­tien spiel­ten die bei­den in Zan­dvo­ort (in der 26. Runde), wonach der als Jour­na­list vor Ort berich­tende Gross­meis­ter S. Tar­ta­kower sie auf den bis heute ver­brei­te­ten Ehren­na­men “Die Perle von Zan­dvo­ort” taufte:

M. Euwe – A. Alje­chin, WM-Match, Zan­dvo­ort 1935
(26. Par­tie, A90/Holländische Verteidigung)

1.d4 e6 2.c4 f5 3.g3 Lb4+ 4.Ld2 Le7 5.Lg2 Sf6 6.Sc3 O-O 7.Sf3 Se4 8.O-O b6 9.Dc2 Lb7 10.Se5 Sxc3 11.Lxc3 Lxg2 12.Kxg2 Dc8 13.d5 d6 14.Sd3 e5 15.Kh1 c6 16.Db3 Kh8 17.f4 e4 18.Sb4 c5 19.Sc2 Sd7 20.Se3 Lf6 21.Sxf5 Lxc3 22.Sxd6 Db8 23.Sxe4 Lf6 24.Sd2 g5 25.e4 gxf4 26.gxf4 Ld4 27.e5 De8 28.e6 Tg8 29.Sf3 Dg6 30.Tg1 Lxg1 31.Txg1 Df6 32.Sg5 Tg7 33.exd7 Txd7 34.De3 Te7 35.Se6 Tf8 36.De5 Dxe5 37.fxe5 Tf5 38.Te1 h6 39.Sd8 Tf2 40.e6 Td2 41.Sc6 Te8 42.e7 b5 43.Sd8 Kg7 44.Sb7 Kf6 45.Te6+ Kg5 46.Sd6 Txe7 47.Se4+ 1:0

Ein stiller und fairer Gentleman

Max Euwe - Denkmal in Amsterdam - Glarean Magazin
Euwe-Denk­mal in Amsterdam

Bereits im Vor­feld der Welt­meis­ter­schaft löste der stille und beschei­dene, nach allen Augen­zeu­gen-Berich­ten stets aus­neh­mend fair kämp­fende Gen­tle­man Euwe in sei­nem Hei­mat­land eine wahre Schach-Eupho­rie aus, er wurde gefei­ert wie ein Star und ver­half dem König­li­chen Spiel zu einer bis anhin noch nicht dage­we­se­nen Verbreitung.

In der Folge publi­zierte der schach­theo­re­tisch äus­serst pro­funde, stets den logisch-wis­sen­schaft­li­chen Aspekt des Schachs beto­nende Sys­te­ma­ti­ker eine Fülle von Eröff­nungs-, Mit­tel­spiel- und End­spiel-Mono­gra­phien. In der gesam­ten Schach-Welt als her­aus­ra­gende Per­sön­lich­keit aner­kannt, wählte ihn 1970 die Inter­na­tio­nale Schach­fö­de­ra­tion FIDE zu ihrem Prä­si­den­ten. Eine sei­ner letz­ten gros­sen Her­aus­for­de­run­gen war des­halb die Orga­ni­sa­tion des “Jahr­hun­dert-Matchs” mit­ten im Kal­ten Krieg zwi­schen dem Ame­ri­ka­ner Bobby Fischer und dem Rus­sen Boris Spassky 1972 in Reykjavik/Island. ♦

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Schach-Welt­meis­ter­schaft auch über Ger­hard Kubik: Die Psy­cho­t­ricks der Schachprofis
… sowie die über den neuen Welt­meis­ter Vis­wa­nathan Anand: Titel­ge­winn ohne eine Niederlage
aus­ser­dem zum Thema Schach in Hol­land: Die Bio­gra­phie über Hein Don­ner von Alex­an­der Münninghoff

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