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Tolldreister Käse auf wilder Fahrt
von Isabelle Klein
Turbulenter Bilderspaß in analoger bunter Bilderoptik mit jeder Menge Wortwitz und abgedrehter Komik für Groß und Klein? Oder: Zu viel des Guten – wirre Geschichte mit verschenktem Potential? Von Goudawelsch hin zu Käsimatenten – oder: Habt ihr noch alle Käsiletten am Zaun? All dies und noch viel mehr in “Die Käsis”, dem ersten Comic des Bestseller-Autors Heinz Strunk.
Wir leben im fiktiven Käsiland, bevölkert von den fiesen und den guten Käsis, den edlen und den industriell gefertigten. Soweit also Friede, Freude, Eierkuchen?
Fehlanzeige! Das Unheil nimmt seinen Lauf, als der industriell gefertigte Käs sich ins edle Käselinchen verguckt und der irrsinnige Beef Jezos das ungleiche Glück torpedieren will. Eine waghalsige Flucht mit der guten Käsescheese, quer durchs Käsewunderland, nimmt ihren Lauf. Romeo und Julia in olfaktorischer Weite sozusagen.
Farbenfrohe Bilder-Welt
Untermalt wird das Ganze von farbenfrohen Bildern, die mich stark an Illustrationen aus den 70ern erinnern, und die ich deswegen per se schon weniger mag. Egal wie handwerklich gut, gelungen und anspruchsvoll sie sein mögen.
Großformatig, schreiend bunt, teils in Wimmelbildoptik, erschließt sich die Geschichte rasant in poppigen Farben – kann man mögen oder aber eben nicht. Handwerklich sicherlich mal was anderes, und auf jeden Fall anspruchsvoll in der Fertigung.
Ansonsten: Das volle Potpourri an archetypischen Allgemeinplätzen im Käsiland. Gut gegen Böse, naiv und lieb gegen irr und tolldreist. Erinnert an Astors Radkäppchen, doch während dort irrer Wortwitz gekonnt unterhält, fühle ich mich in Strunks “Käsis” mit fortschreitender Lektüre zunehmend unwohler. Was soll das alles?
“Happi-Happi-Schnellimbiss”
Groß und Klein gut unterhalten, sagt Heinz Strunk in DLF-Kultur-Interview. Fängt bei mir allerdings mit müdem Gähnen bei vermeintlich lustigem Wortspiel mit dem Namen Beef Jezos an und hört bei der quietschbunten Illustratur, die ich in meiner Kindheit schon nicht sonderlich schön fand, auf. Dazwischen ereilen den All-Age-Leser dann weitere Gähnattacken im “Happi Happi Schnellimbiss” (Hippi Happi wär besser gewesen) und beim Herausgeber der “Reich & Duhn”-Zeitung, der gerne boingt, und zwar am Mittag, Morgen und Abend. Auf ein gelungenes Boing Boing in diesem Sinne! Diese Art von Nonsens ist dann leider doch nicht ganz die meine!
Käse mit psychedelischem Touch

Auch die Geschichte der Flucht lässt zu wünschen übrig. Einschübe aus dem Leben der Käsescheese, die diese in einem Monolog zum Besten gibt, haben einen psychedelischen Touch, der für mein Gusto zu viel des Guten ist. Ergo: Viele gute Einzelteile machen in der Summe eben noch kein gelungenes Gesamtwerk, sondern erzeugen eine Fülle von Nichtigkeiten. Wo bleibt die Raffinesse des Anfangs, des “Glossars”, wo der edle hauchdünne Himalaja-Luft-gereifte Trüffel-Parmesan zusammen mit den anderen käsigen Hauptdarstellern illustre Hochflüge erwarten lässt? Wo man vor lauter Wasser im Mund Käselinchen einfach direkt aus der Handlung in den Mund stecken möchte?
Im Falle des kleinen Lesers, der mal weg von dem einheitlich unterfordernden Bilderbuch-Brei soll, hin zu einer anderen, schnelleren, lustigeren und abgedrehteren Geschichte: Kann funktionieren, ist aber schwierig, aus vielfältigen Gründen.
Platt und überinspiriert
Schon klar, dass Autor Strunk hier jahrelange Vorarbeit investiert und lange im Land der Käse-Analogien gesammelt hat, denn all die Neologismen zieht man nicht ad hoc aus dem Ärmel. Und trotzdem oder vielleicht genau aufgrund der Fülle und der nicht immer ausgereiften Finesse mutet vieles mitunter platt und überinspiriert an, wie “Eine Tuba geht nach Kuba” oder der “Majo-Neese-Knast”.
Unsinn dieser Art muss man mögen; im besten Falle sieht man noch einen tiefergehenden Sinn hinter all dem (teils doch langweiligen) Unsinn. Meines Erachtens ein Werk, das polarisiert: Tolldreiste Tour? Eher gepflegte Langeweile.
Das war also wohl nichts trotz eines guten Konzeptes und gelungenen Auftaktes. Statt abgedrehten, unterhaltsamen Käsequatsch viel platter Wortwitz, Scheesen-Esoterik in einer kastenmäßigen Käsegeschichte ohne große Innovation – die kann sich wirklich schon fast jedes Kind ausdenken. Von Strunk hätte ich doch mehr erwartet. ♦
Heinz Strunk: Die Käsis, Illustrierte Abenteuergeschichte, Lappan-Carlsen Verlag, 76 Seiten, ISBN 978 3 8303 3665-5
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