Schach-Zeitschrift Caissa – Ausgabe 1-2018

Das Lied der KZ-Schachspieler

von Wal­ter Eigenmann

Bereits in sei­nem drit­ten Jahr­gang ange­kom­men ist das 2016 gegrün­dete, inhalt­lich wie biblio­gra­phisch ambi­tiöse Schach-Print-Pro­jekt “Caissa”. (Lesen Sie hier auch den Bericht des Glarean Maga­zins zum Start die­ser neuen “Zeit­schrift für Schach- und Brettspielgeschichte”).

Caissa - Schach-Zeitschrift - Chaturanga Verlag - Rezension Glarean MagazinDas aktu­elle Heft 1 des Jah­res 2018 war­tet wie sein Vor­gän­ger wie­derum mit einer Fülle exqui­si­ter Inhalte auf, die ins­be­son­dere die his­to­risch und wis­sen­schaft­lich inter­es­sier­ten Leser unter den Schach­freun­den anspre­chen dürften.

Spielkultur inmitten der Barbarei

Gros­sen Raum nimmt dies­mal der zweite Teil eines Reports “Schach im KL Buchen­wald” von Sieg­fried Schönle ein. Die­ses deut­sche Ver­nich­tungs­la­ger der Nazis hat schreck­lichste Kapi­tel der jün­ge­ren Mensch­heits­ge­schichte geschrie­ben – aber dass in all dem minu­tiös geplan­ten und sys­te­ma­tisch vor­an­ge­trie­be­nen Mas­sen­mord-Hor­ror noch so etwas wie eine Schach­kul­tur mit gehei­men Pri­vat-Tur­nie­ren, Schach­bi­blio­the­ken und ver­steck­ten Kor­re­spon­denz-Par­tien ent­ste­hen konnte, grenzt ans Wunderbare.

Hymne der Buchenwalder Schachspieler - Schachzeitschrift Caissa 1-2018 - Glarean Magazin
Schach und Kunst inmit­ten des deut­schen Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger-Hor­rors: Das Musik­stück “Hymne der Schach­spie­ler in Buchen­wald”, ein vier­stim­mi­ges Män­ner­chor-Lied (Quelle: “Caissa” 1/2018)

Jeden­falls wird in dem 32-sei­ti­gen, mit umfang­rei­chem Anmer­kungs­ap­pa­rat und Details-Anhang doku­men­tier­ten Arti­kel u.a. berich­tet, dass das Schach immer wie­der für trös­tende Ablen­kung bei den KL-Häft­lin­gen gesorgt habe. Sogar eine “Hymne der Schach­spie­ler in Buchen­wald” – ein vier­stim­mi­ges Män­ner­chor-Lied – för­derte die Nach­kriegs­for­schung zutage, wie “Caissa” zu berich­ten weiss.

Vielseitige schachhistorische Inhalte

Elke Rehder - Bild Dr. B. in Isolationshaft - Ausstellung Stefan Zweig - Glarean Magazin
“Dr. B. in Iso­la­ti­ons­haft”: Gemälde von Elke Reh­der in der Ber­li­ner Ste­fan-Zweig-Kunst­aus­stel­lung “Die Schachnovelle”

Wei­tere Fokus-Arti­kel in “Caissa” zum Thema Schach­ge­schichte sind dies­mal u.a. das Wie­ner Duell zwi­schen Stei­nitz und Harr­witz (Peter Ander­berg), Becketts Roman “Mur­phy” und die “schach­spie­len­den Schim­pan­sen” (Rein­hard Krü­ger), der Kon­gress der “Bri­tish Chess Asso­cia­tion Lon­don” von 1866 (Robert Hüb­ner) sowie “Der Rös­sel­sprung – Ein bun­ter Hund der Kul­tur­ge­schichte” (Maria Sche­te­lich). Erwäh­nens­wert ist schliess­lich noch der Bei­trag von Ray­mund Stolze zum 75. Jubi­läum der berühm­ten “Schach­no­velle” von Ste­fan Zweig, woran eine Kunst-Aus­stel­lung in der Ber­li­ner Anna-Dit­zen-Biblio­thek erin­nert mit Bil­dern der Ham­bur­ger Male­rin, Gra­phi­ke­rin und Büch­künst­le­rin Elke Rehder. ♦

Caissa – Zeit­schrift für Schach- und Brett­spiel­ge­schichte, Heft 1/2018, Cha­tur­anga Ver­lag (Hrsg. M. Zieg­ler), ISSN 2363-821

Lesen Sie zum Thema Schach und Kunst auch über
Man­fred Her­bold (Hrsg.): Fern­schach und Kunst

Ein Kommentar

  1. Danke für die inter­es­sante Review! Sehr ergrei­fend, dies Thema mit dem Schach als Trös­ter unter schlimms­ten, unmensch­li­chen Bedin­gun­gen. Auch die ande­ren ange­spro­che­nen Gebiete schei­nen inter­es­sant zu sein. Kannte bis­lang nur KARL. Hat ähn­lich gela­gerte The­men­gei­biete. Aber werde mir ein Kauf die­ses “Caissa” mal über­le­gen. Der Heft­preis ist ja nicht gerade von schlech­ten Eltern, aber wenn die Inhalte stim­men… Dem Arti­kel entspr. scheint das Heft ja qua­li­ta­tiv keine Wün­sche offen zu lassen.
    Danke und Grüsse Ingo K.

Kommentare sind willkommen! (Keine E-Mail-Pflicht)