Klaus Martens: Was Herbst heisst (Zwei Gedichte)

Was Herbst heisst

Was Herbst heisst

Herbst heisst Enden vor dem Schluss,
Wand­lung der Far­ben zum Ende hin,
zum Saft­rück­fluss, zum Fall, zum Abfall,
zunächst deko­ra­tiv auf Stein geweht
oder aus­har­ren­dem Gras,
das nicht mehr wächst, doch irgend­wie grün ist,
tot­grün,  nicht lebendgrün,
tot­ro­tes Laub, schwarz umrandet,
schlechte Nach­rich­ten an die Hockenden
im Boden, in Hecken und Verstecken,
die nicht ent­flie­hen können –
die Aus­har­rer übers Enden hinaus,
Gewin­ner, Ver­lie­rer in der Wetterlotterie,
oder wie abge­schla­gene Tan­nen im
Januar, gefühls­be­kränzte Tote
vom Leben all­zu­bald verbrannt.

Der Himmel ist blau

Es weht kalt vom Gar­ten herein.
Sonne und Him­mels­blau täuschen.
Das Kreuz­bein sitzt fest –
Herbst­schmerz. Masseure
haben Hochbetrieb.
Im Takt von zwan­zig Minuten
wird das Bein gestreckt, gehoben,
wer­den Wir­bel geknetet,
dann der nächste arme Kerl.

Dabei ist es nur Herbst. Es wird
käl­ter, die Natur (der Körper)
zieht sich zusam­men, die Sehnen,
die Gelenke schleifen,
und es schmerzt im Herbst,
ein wei­te­rer Abschied von Wärme
und Jugend und Gelenkigkeit,
doch der Him­mel bleibt sonnig
und blau. Kälte weht herein

aus dem schon ver­lo­re­nen Garten.


Klaus Martens Klaus Mar­tens

Geb. 1944 in Kirchdorf/D, Stu­dium der Anglis­tik und Ger­ma­nis­tik in Göt­tin­gen, Pro­mo­tion 1979, zwi­schen 1979 und 1989 Lehr­auf­träge an den Uni­ver­si­tä­ten Göt­tin­gen, Müns­ter und Kas­sel, zahl­rei­che lite­ra­tur­wis­sen­schat­li­che und über­set­ze­ri­sche Publi­ka­tio­nen in Büchern und Zeit­schrif­ten, Mit­glied des PEN Deutsch­land, diverse Lyrik-Ver­öf­fent­li­chun­gen, lebt als emer. Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor in Saarbrücken/D

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… sowie zum Thema Neue Lyrik von Hei­ner Brück­ner: Weg­zei­chen (Drei Gedichte)

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