Mihail Marin: Die Englische Eröffnung (Schach)

Tiefsinnige Arbeit über den “englischen” Eröffnungskomplex

von Malte Thodam

Dem bri­ti­schen Schach­ver­lag “Qua­lity Chess” ist mit der neuen Reihe “Grand­mas­ter Reper­toire” anschei­nend ein gros­ser Wurf gelun­gen. Die bei­den Bände des israe­li­schen Gross­meis­ters Boris Avrukh über 1.d4 waren, wie man allent­hal­ben hört, ein vol­ler Erfolg. Kein Wun­der, dass nun immer wei­tere Werke in die­ser Reihe erschei­nen, so auch zur Eng­li­schen Eröff­nung. Der erste Band dazu, des­sen Autor der rumä­ni­sche Gross­meis­ter Mihail Marin ist, liegt bereits vor.

Einer der führenden Experten  der Englischen Eröffnung

Mihail Marin: Die Englische Eröffnung (Band eins) Quality ChessMarin hat sich mitt­ler­weile durch andere Bücher wie “Learn from the Legends” oder seine exzel­len­ten Bände zu den offe­nen Spie­len einen mehr als guten Ruf als Schach­au­tor erar­bei­tet. Seine Ana­ly­sen sind sehr genau, und trotz­dem auch für einen Nor­mal­sterb­li­chen nach­voll­zieh­bar, der Schreib­stil Marins ist stets unter­halt­sam, denn schliess­lich lässt er den Leser auch an sei­nen eige­nen Erfah­run­gen teil­ha­ben. Da Marin aus­ser­dem einer der füh­ren­den Exper­ten der Eng­li­schen Eröff­nung ist, ver­sprach sein Buch “Die Eng­li­sche Eröff­nung Band 1” (dem Rezen­sen­ten liegt die deut­sche Aus­gabe vor) von Anfang an viel.

Das Ziel Marins in “Die Eng­li­sche Eröff­nung” besteht darin, in ins­ge­samt drei Bän­den ein kom­plet­tes Reper­toire für Weiss nach 1.c4 anzu­bie­ten. Dabei beschäf­tigt sich Band 1 aus­schliess­lich mit den Vari­an­ten nach 1.c4 e5, zwei wei­tere Bände sind noch geplant. Band 2 wird dabei andere schwarze Züge wie 1…e6 oder 1…c6 behan­deln, den Schluss soll schliess­lich der dritte Band über sym­me­tri­sches Eng­lisch bil­den. Diese sol­len laut Qua­lity Chess im August/September 2010 erscheinen.

Gespickt mit Neuerungen aus dem eigenen Eröffnungslabor

Mihail Marin - Glarean Magazin
Eröff­nungs­spe­zia­list: Gross­meis­ter Mihail Marin

Bis dahin blei­ben den Freun­den der eng­li­schen Eröff­nung erst ein­mal üppige 480 Sei­ten über 1. c4 c5. Marin unter­teilt das Mate­rial in die Haupt­sys­teme (u.a. Kar­pow-Vari­ante, Bot­vin­nik Sys­tem, Rosso­limo Vari­ante usw.) und die Neben­va­ri­an­ten (etwa die Keres-Vari­ante). Das vor­ge­schla­gene Reper­toire hat Marin selbst in einem lan­gen Rei­fe­pro­zess ent­wi­ckelt, wie er im Vor­wort aus­führt. Anschlies­send hat er es in sei­nen eige­nen Par­tien mit Erfolg benutzt, wie seine Ana­ly­sen, in denen er auch Aus­schnitte aus eige­nen Par­tien vor­stellt, bele­gen. Nach 1.c4 c5 fährt Marin aus­schliess­lich mit 2.g3 fort, wie es schon Tony Kos­ten in sei­nem älte­ren Reper­toire­buch “The dyna­mic Eng­lish” emp­foh­len hat. Damit ver­mei­det Marin Abspiele wie z.B. 1.c4 e5 2.Sc3 Lb4 nebst …f5, die mit Weiss läs­tig sein könn­ten. Das Buch ist gespickt mit zahl­rei­chen Neue­run­gen aus Marins Eröff­nungs­la­bor, die auch für Gross­meis­ter inter­es­sant sein dürften.

Erhellende Ausführungen statt simple Notationssymbole

Das klassische frühere
Das klas­si­sche frü­here “Sizi­lia­nisch im Anzuge” als Haupt­sys­tem der Eng­li­schen Eröff­nung: 1.c4 e5

Für jeden ernst­haf­ten Eng­lisch­spie­ler kann man daher “Die Eng­li­sche Eröff­nung Band 1” nur emp­feh­len. Der nor­male Schach­spie­ler wird die Fülle an Mate­rial mit Sicher­heit nicht voll­stän­dig brau­chen, dane­ben dürf­ten die hilf­rei­chen Erklä­run­gen Marins aber für die meis­ten Schach­spie­ler ver­ständ­lich sein. Marin schreibt zu die­sem Aspekt selbst in der Ein­lei­tung, dass man das Buch nicht kom­plett durch­ar­bei­ten muss, son­dern die Erklä­run­gen wie­der­keh­ren­der Motive den meis­ten Lesern schon erheb­lich wei­ter­hel­fen dürften.

Bei der Klar­heit, mit der Marin alle Fein­hei­ten der Eng­li­schen Eröff­nung in ihrer reins­ten Form (1.c4 e5) beschreibt, bemerkt man sein rie­si­ges Ver­ständ­nis der ent­ste­hen­den Abspiele. Anders als in vie­len Eröff­nungs­bü­chern bie­tet er dem Leser erhel­lende Aus­füh­run­gen über die Bewer­tun­gen ein­zel­ner Vari­an­ten, statt ihn mit einem ein­fa­chen “+=” oder ähn­li­chem abzu­spei­sen. Jedem Kapi­tel folgt eine kurze Zusam­men­fas­sung, in der Marin seine Ein­schät­zung über die behan­del­ten Vari­an­ten mit sei­nem Publi­kum teilt. Dadurch ver­tieft der Leser nicht nur sein Wis­sen über die Eng­li­sche Eröff­nung, son­dern auch sein Ver­ständ­nis des gesam­ten Schachspiels.

Marin ist mit
Marin ist mit “Die Eng­li­sche Eröff­nung” das Kunst­stück gelun­gen, einen Theo­rie-Band zu schrei­ben, der sowohl Eröff­nungs- als auch Mit­tel­spiel-Buch ist. Eine tief­sin­nige Arbeit für jeden fort­ge­schrit­te­nen Spie­ler bis zum star­ken Grossmeister.

Ein­mal mehr ist Marin das Kunst­stück gelun­gen einen Theo­rie-Band zu schrei­ben, der sowohl Eröff­nungs- als auch Mit­tel­spiel­buch ist. Eine tief­sin­nige Arbeit für jeden fort­ge­schrit­te­nen Spie­ler bis zum star­ken Gross­meis­ter. Man darf gespannt auf seine bei­den Fol­ge­bände über die rest­li­chen Ant­wor­ten auf 1.c4 war­ten. Den ver­dien­ten Nach­fol­ger von Kos­tenŽs “The Dyna­mic Eng­lish” hat Marin jeden­falls jetzt schon vorgelegt. ♦

Mihail Marin, Gross­meis­ter-Reper­toire – Eng­li­sche Eröff­nung Bd.1, 480 Sei­ten, Qua­lity Chess, ISBN 978-1906552244

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