Inhaltsverzeichnis
Paare
Sicherheit
Die Brandung. Laut. Hoch. Es ist früher Nachmittag. Neumondzeit.
Sie steigen die Felsen hinunter. Das Licht ist grell. Weiss. Es kommt keine Welle wirklich ans Land. Hans und Ute glauben das. Immer, wenn sie ans Meer gehen. Das ist die letzte Sicherheit. Bevor sie ertrinken.
Irgendwann.
Sorgen
Sie stehen im Schnee. Es ist dunkel. Ein Zug ist ausgefallen. Der nächste hat Verspätung. Es schneit stärker. Zwei Frauen lachen. Dann kommt die Durchsage.
Verschoben auf unbestimmte Zeit. Witterungsbedingt. Es ist der Jahrestag der Bombennacht. Oder sonst einer Nacht. Sinnlos. Es ist sinnlos, sich Sorgen zu machen.
Tausend Schirme
Eine Burg. Bernd und Ilse auf dem Weg. Steil. Felsig. Kurven. Ein von Bodenweiler wohnte da. Eng. Kalt. Oben ein Turm. Verfallen. Ohne Halt. Ohne Zinnen. Ohne Geländer. Bernd steigt auf die Brüstung. Es ist Sonntag.
Im April. Sonnig. Bernd weiss es. Auch dass es steil ist. Es ist wie beim Löwenzahn. Wenn er stirbt, fliegen tausend Schirme.

Windstill
Es wird hell. Windstill. Wir gehen ins Tal. Die Nacht hat keine Stimme. Es ist Samstag morgen.
Martina hat Halsschmerzen. Auf dem Weg liegt eine Ratte. Tot.
Ein toter Baum. Vorne schimmert das Wasser. Als Fläche. Hinten geht Max. Alleine. Später wird man sagen, er hat sich verlaufen. Ein Singular ist lange teilbar. So lange, bis Max gefunden wird.
Hilfe
Die Arkaden. Ein Mann. Eine weisse Bank. Ein Arm. Der Mann mit einem Arm. Ein Arm mit einem Mann. Ein Stock. Karl und Ute stehen davor.
Vor dem Stock. Vor dem Arm. Vor dem Mann. Es ist Montag. Die Kurpromenade ist leer. Der Mann glaubt nicht an Gott. Er hat seinen Stock. Seine Arkaden. Seinen Arm. Karl und Ute flüchten. In die Liebfrauenkirche.
Was immer das ist. Seit sie ein Licht angezündet haben, sind sie ruhiger.
Für jeden gibt es eine Hilfe.
Sei ohne Tun…
Es ist Erntezeit, sagt Franz, wir müssen auf alles gefasst sein.
Er hat es beim Frühstück gesagt, beiläufig, ohne Pathos.
Sie erinnert sich daran, viel später.
Dann kam alles auf einmal, zuerst der Seenebel, dann stürzte die Gartenmauer ein. Der Wind frischte auf.
Die Erntezeit nahm Franz mit. Auf die Reise. Er hatte das Marcumar abgesetzt. Er wollte es nicht mehr.
Der Fluss wurde gestoppt. Nichts was dann ungetan bliebe, sagt Lao Tse.
Geb. 1942; Maler, Zeichner und Lyriker; zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, Italien, Frankreich und Portugal; diverse Lyrik-Publikationen; lebt in Lauf/D
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