Nils Mönkemeyer (Viola): Rosetti-Bach-Hoffmeister

Hochklassig musiziertes Bratschen-Album

von Christian Schütte

Immer wie­der neu auf­ge­hende Stars und Stern­chen sind am Him­mel der inter­na­tio­na­len Gei­gen­szene bei­nahe schon zum täg­li­chen Geschäft gewor­den. Bei Brat­schern sieht das ganz anders aus, was zum einen eher prag­ma­tisch daran liegt, dass es ein­fach nicht so viel Solo­li­te­ra­tur für die­ses Instru­ment gibt. Zum ande­ren wird sich die Brat­sche wohl nie­mals in ihrem Pres­tige und Anse­hen aus dem Schat­ten der Geige befreien kön­nen. Ein jun­ger Musi­ker, der die­sen Weg seit eini­ger Zeit erfolg­reich beschrei­tet, ist Nils Mön­ke­meyer. Gerade hat der 31-jäh­rige bei Sony sein neues Album, beglei­tet von den Dresd­ner Kapell­so­lis­ten unter der Lei­tung von Hel­mut Branny, herausgebracht.

In Vergessenheit geratene Komponisten

Nils Mönkemeyer (Bratsche) - Rosetti - Bach - Hoffmeister - Weichet nur, betrübte Schatten (Sony) - Nils Mönkemeyer (Viola)Das Pro­gramm lädt nur schon beim Lesen zum Hin­hö­ren ein. Zwei Viola-Kon­zerte heute nahezu in Ver­ges­sen­heit gera­te­ner Kom­po­nis­ten bil­den den Rah­men, das G-Dur-Kon­zert von Anto­nio Rosetti und das D-Dur-Kon­zert von Franz Anton Hoff­meis­ter. Dazwi­schen hat Mön­ke­meyer eigene Bear­bei­tun­gen für sein Instru­ment von Arien und Chor­sät­zen aus ver­schie­de­nen Kan­ta­ten Johann Sebas­tian Bachs eingespielt.

Franz Anton Hoff­meis­ter lebte zur glei­chen Zeit (1754 bis 1812); gebo­ren in Rot­ten­burg am Neckar, zog es ihn spä­ter nach Wien. Dort betä­tigte er sich nicht nur als Kom­po­nist, son­dern auch als Musik­ver­le­ger und gab als sol­cher Werke Mozarts und Haydns, die er beide per­sön­lich kannte, her­aus. Sti­lis­tisch ist er noch hör­ba­rer als Rosetti von den bei­den gros­sen Vor­bil­dern sei­ner Zeit geprägt. In Erman­ge­lung ent­spre­chen­der Werke in die­ser Epo­che ist das D-Dur-Kon­zert zum Pflicht­stück für Vor­spiele um Viola-Stel­len in Berufs­or­ches­tern gewor­den und hat somit den Sta­tus eines Stan­dard­wer­kes bekom­men. Durch­aus zurecht, bie­tet es dem Solis­ten viel­fäl­tige Mög­lich­kei­ten, die Viola in einer gros­sen Band­breite an Facet­ten zu zei­gen – sowohl als vir­tuo­ses, dyna­mi­sches Instru­ment wie auch als lyrisch-kan­ta­bles. Mön­ke­meyer lässt sich auch diese Gele­gen­heit nicht ent­ge­hen und stellt sein gros­ses Kön­nen ein­drucks­voll unter Beweis. Sehr trans­pa­rent und prä­sent beglei­ten ihn die Dresd­ner Kapell­so­lis­ten unter Hel­mut Branny, der gros­sen Wert dar­auf legt, auch in der Beglei­tung ein­zelne Instru­men­tal­stim­men klar her­aus­zu­stel­len und kei­nen typi­schen Orches­ter­klang zu erzeugen.

Brillanz des Originals in der Bearbeitung verloren

Von Haydn und Mozart geprägt: Franz Anton Hoffmeisters Bratschen-Konzert (Beginn des Solo-Parts)
Von Haydn und Mozart geprägt: Franz Anton Hoff­meis­ters Brat­schen-Kon­zert (Beginn des Solo-Parts)

Glei­ches gilt auch für die Bear­bei­tun­gen der Bach-Kan­ta­ten. Die Aus­wahl der Stü­cke wirft aller­dings Fra­gen auf. Der Ein­gangs­chor aus BWV 207a “Auf, schmet­ternde Töne der mun­tern Trom­pe­ten” ist ein durch­aus impo­san­tes Stück, im Orches­ter von Trom­pe­ten beglei­tet. Diese Üppig­keit und Bril­li­anz des Ori­gi­nals – es ist ein Hul­di­gungs­chor an den Säch­si­schen Kur­fürs­ten – geht in der Bear­bei­tung lei­der wei­test­ge­hend ver­lo­ren, die Trom­pe­ten feh­len ganz und auch ist es schwie­rig, mit nur einer Brat­sche einen vier­stim­mi­gen Chor zu erset­zen. Da sind fili­grane Stü­cke wie die Bass-Arie “Ich habe genug” aus BWV 82 wesent­lich bes­ser geeignet.
Ein durch­wegs hoch­klas­sig musi­zier­tes Album ist hier ent­stan­den, was nicht nur Brat­schen-Lieb­ha­bern gefal­len wird. Und es macht neu­gie­rig auf die wei­tere Kar­riere von Nils Mönkemeyer. ♦

Nils Mön­ke­meyer, Brat­sche: Wei­chet nur, betrübte Schat­ten – Musik von Rosetti, Bach und Hoff­meis­ter; Dresd­ner Kapell­so­lis­ten, Hel­mut Branny; Sony Music 2009, 66 Min.

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