Helmut Haberkamm: Anschaffungen (Satire)

Anschaffungen

Hel­mut Haberkamm

Eigent­lich woll­ten wir schon vor drei Jah­ren uns ein Baby anschaf­fen. Doch dann hab ich meine Frau aber noch ein­mal rum­ge­kriegt, und wir haben uns einen schö­nen neuen aus der Drei­er­reihe von BMW zuge­legt. Hat sich ren­tiert, kann ich Ihnen sagen. Lauf­kul­tur, spar­sam, wenn man aufs Gas geht, zieht er ab, des glau­bens net! Und vor allem halt: umwelt­freund­lich! Steu­er­be­güns­tigt! Das genaue Gegen­teil von einem Baby halt, könnte man sagen.
Das erin­nert mich an den Aus­spruch eines alten Schul­freun­des. Der hat immer gesagt: Kin­der sind laut, stin­ken und kos­ten Geld. Das hat der oft gesagt. Sonst wüsst ichs ja auch nim­mer. Naja. jetzt wird ers wohl auch nim­mer sagen. Oder erst recht wie­der, wer weiss. Obwohl es natür­lich schon stimmt irgend­wie, oder etwa nicht? Genau.
Also der BMW hat sich ren­tiert, glaums mer des! Der Motor ast­rein, wie ein Rasie­rer! Brem­sen wie Watte, der Abzug wie beim Star­figh­ter. Spitze!
Naja, meine Frau gibt keine Ruhe net. Will sich jetzt halt par­tout so ein Baby anschaf­fen. Ich mein, ich hab eigent­lich nix dage­gen. Leis­ten kön­nen wir uns des spie­lend! Und wie! Es ist ja heut­zu­tage auch steu­er­lich inter­es­sant gewor­den, muss ich schon sagen. Doch, doch. Na, und meine Frau ist beim Staat, vers­ten­ners, da bleibts daheim und kann spä­ter getrost wie­der zurück auf ihren Pos­ten. So Frauen brau­chen halt immer irgend­was, das sie ablen­ken tut und ihnen Freude macht und so. Naja, und im Grunde geht mir ja auch gar net so viel drun­ter ab, sagt meine Frau. Und des muss ich schon auch sagen. Irgend­ein­mal muss es halt doch sein. Was solls? Irgend­wann kommt jeder ein­mal dran. Und jet­zert sind halt wir an der Reihe. Ich mein ja auch, wir sind alt genug, meine Frau weiss schon, was wir wol­len. Und ich sag Ihnen ganz ehr­lich, auch wenn das Fern­seh­pro­gramm bes­ser gewor­den ist, ja, wir ham eine Schüs­sel dro­ben, prima Sache, rund um die Uhr, jaja, auch an Video, klar, da such ich mir immer aus, was mir gefällt, das Beste ist ja gerade gut genug, sag ich immer. Warum denn auch nicht, Menschenskind?
Urlaub ist ja auch nix mehr! Alle fahrn ja in Urlaub heut­zu­tage, also, wo wolln Sie denn noch hin? Und wenn Sie stän­dig Deut­sche tref­fen, da ver­geht Ihnen der schönste Urlaub, das sag ich Ihnen. Und das Meiste haben die ja eh ver­schan­delt und ver­dreckt. Das Ursprüng­li­che kön­nens doch längst vergessen.
Also jetzt pro­bi­ern wir halt mal was ande­res. So ein Dings­bums, ein Baby. Steu­er­lich nicht zu ver­ach­ten, wirk­lich, hätt ich nicht gedacht, auch mut­ter­mäs­sig und ren­ten­hal­ber. Kann ich Ihnen nur emp­feh­len. Sonst schenkt man ja alles dem Staat, und der den gan­zen Ost­brü­dern, den rübergelaufenen!
Obwohl, ich hab bald TÜV und da macht mer sich so seine Gedan­ken, und ich sags Ihnen ganz ehr­lich, also, der neue BMW, der grosse, der Fün­fer, der tät mir schon raus­hän­gen. Viel­leicht nimmt meine Frau den alten fürs Baby zum Ein­kau­fen und fürn Dok­tor, und ich nehm einen neuen. Ja, so könn­ten wirs machen. Das tät mir schme­cken. So ham wir alle was davon, stimmts? ♦


Hel­mut Haberkamm

Geb. 1961 in Dachsbach/D, Stu­dium der Anglis­tik, Ame­ri­ka­nis­tik und Ger­ma­nis­tik in Erlan­gen und Swansea/Wales, Pro­mo­tion; zahl­rei­che Mund­art-Prosa-Publi­ka­tio­nen in Büchern und Zeit­schrif­ten, Trä­ger ver­schie­de­ner Lite­ra­tur­preise, lebt als Gym­na­si­al­leh­rer in Spardorf/D

Lesen Sie im Glarean Maga­zin auch die bei­den Humoresken:
Franz Felix Züsli: Taksi!
Jutta Mil­ler-Wald­ner: Und Kutte lachte

… sowie zum Thema Satire von Wal­ter Eigen­mann: Über die Satire

Kommentare sind willkommen! (Keine E-Mail-Pflicht)