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Meist alt, teils neu
von Walter Eigenmann
Die Schach-Software Fritz der Hamburger Software-Firma Chessbase ist neu in ihrer 18. Version auf dem Markt. Inwiefern bzw. in welchem Ausmaß unterscheidet sich der jüngste Fritz vom Vorgänger? Lohnt es, Fritz 18 für sich oder als Geschenk unter den Weihnachtsbaum zu legen?
Wenn ein kommerzielles Schachprogramm über 30 Jahre hinweg mittlerweile 17 Updates hinter sich hat, wird es für die Entwickler immer schwieriger, wirklich innovativ zu bleiben. Zumal “Fritz” in Amateur- und Profi-Kreisen längst zum Synonym von Schachsoftware überhaupt avanciert ist. Fritz ist weltweit quasi ein Selbstläufer in Sachen Schach-Oberfläche, bei zahllosen Schachspielern aller Leistungsklassen kommt er praktisch im “Abonnement” auf die heimische Festplatte. Fritz “hat man einfach”…
Neue Analyse-Funktionen
Denn nach wie vor (und trotz mittlerweile interessanter Alternativen auch aus dem Freeware-Bereich) ist die Fülle der Optionen dieses Graphical User Interface (GUI) für das digitale Schach unerreicht. Von seiner umfassenden Anbindung in die Welt des Internets noch gar nicht geredet.
Werfen wir also einen genauen Blick darauf, ob Chessbase wieder ein paar echte Innovationen in ihr Aushängeschild gepackt hat, oder ob die Hamburger um die beiden Chef-Entwickler Mathias Feist und Matthias Wüllenweber einfach mehr oder weniger ihren hohen Besitzstand wahrten. Letzeres wäre nicht zum ersten Mal der Fall: Dem Druck der Käufer- und Anhängerschaft nach Novitäten waren die Hamburger in den vergangenen 30 Jahren auch schon mal nicht ganz gewachsen.
Visuelle Bewertung
Vergleicht man (neben den selbstverständlich unterschiedlichen Startbildschirmen der Versionen) – erstmal die Oberflächen von Fritz 17 und Fritz 18 , fällt sofort auf, dass – einem nichts auffällt. Denn Menüstruktur, Features-Angebot, Optionen – alles wie gehabt und im Handling praktisch identisch. Die ganz große 30-Jahr-Jubiläumsfreude kommt also bei dieser 18. Ausgabe nicht auf.

Doch völlig auf Novitäten verzichten wollte man denn doch nicht, allerdings muss man der Software stark unter die Haube kriechen, um sie zu entdecken. Betrachten wir zuerst den Bereich “Analyse”.
Neu wartet Fritz nun mit einer differenzierteren Visualisierung der Stellungseinschätzung auf; hier sind drei Neuerungen erwähnenswert:

A) Fritz 18 bewertet die Figurenstellung nun mittels Farbskala: Rote Kennzeichnung bedeutet “schlecht”, gelb ist “mäßig”, und grün meint “gut”. Die “Flammen” im Bewertungsfenster visualisieren die Stellung insgesamt, z.B. als “normal”, “scharf” oder “das Brett brennt”.
B) Der Engine-Output weist nun ergänzende Hinweise hinsichtlich z.B. Drohungen auf (rote Varianten-Zeilen).
C) Fährt die Maus über die Notation eines Zuges innerhalb der Analyse-Variante(n), wird der betr. Zug auf dem Brett visualisiert; ein m.E. besonders nützliches Feature.
Fritz für den praktizierenden Schachspieler
Wären nur diese paar Analyse-Novitäten im neuen Fritz, könnte man die Version getrost als “Neuer Schlauch für alten Wein”, also als überflüssig ad acta legen. Doch Chessbase scheint sich in der Fokussierung seines Analyse-Flaggschiffes wieder auf den real praktizierenden Schachfreund besonnen zu haben unter dem Motto: Hin zu einem Fritz als Sparring-Partner des Vereinsspielers. Das Interface nimmt jetzt den selber spielenden Anwender bei der Hand und lässt ihn gegen und mit Fritz deutlich interessantere und lehrreichere Partien als vorher absolvieren.
Geführt – berührt
… nennt sich die wichtigste Neuerung von Fritz 18. Der User wählt ein ihm entsprechendes Niveau der Gegnerschaft aus, und Fritz spielt auf eben diesem Niveau mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz möglichst “menschliche” Züge, die auch zweitklassig oder gar fehlerhaft sein können. Der Hersteller selber umschreibt euphorisch diese neue Funktion folgendermaßen:

“Fritz 18 steuert sein Spielverhalten intelligent und führt Sie mit Hilfe subtiler Tipps durch die Partie. Sobald Fritz unter Druck gerät, bevorzugt er als Verteidiger Varianten, die für Sie als Angreifer gute Chancen auf Opfer oder andere Taktik bergen. Damit gelingen oft spektakuläre Angriffssiege. Gegen Fritz 18 werden Sie scharfe Gewinnpartien spielen, die es in 40 Jahren Schachprogrammierung so nicht gegeben hat. Entweder waren die Programme zu stark oder sie lassen keine Opfervarianten zu, sondern geben selbst Material, um Matt abzuwenden. […] Generell spielt Fritz im Modus ‘Geführt – Berührt’ auf Level ‘Clubspieler’ zwar gebremst, doch durchaus stark. Die Partien sollen nicht zu einfach sein. Dennoch kann man sehr häufig gewinnen. Dazu gibt es die erheblich verbesserten subtilen Tipps. Den wesentlichen Anteil der Partie gestalten Sie selbst, doch bei Gegenwind holen Sie sich Hilfe.”
Diese “subtilen Tipps” kommen dann in Form von Hinweisen daher wie: “Greife eine Leichtfigur an”, “Besetze ein starkes Feld”, “Drohe Matt”, “Gewinne Material”, “Biete einen Abtausch an”.
Kaufen oder nicht kaufen?
Fazit: Die dezidierte Hinwendung des neuen Fritz zum spielenden, nicht nur analysierenden Anwender ist grundsätzlich zu begrüßen. Es ist m.E. der einzige wirklich vielversprechende Weg eines neuen, modernen Schach-Interfaces. Die reinen (und durchaus bewährten) Analyse-Funktionen bleiben ja erhalten, und in Sachen Partien-Verwaltung gibt’s weitere spezialisierte Software (von Chessbase selber über die Freeware Scid bis hin zu anderen kommerziellen Angeboten wie z.B. Chess Assistant).

Die Frage, ob man als Schachspieler den neuen Fritz kaufen soll, hängt (wie immer und diesmal ganz besonders) von den Präferenzen des Users ab. Wer nicht selber (oder allenfalls online) mittels Software Schach spielen, sondern vorwiegend analysieren will, der braucht Fritz 18 nicht (sofern er bereits eine der Vorgänger-Versionen hat). Denn der Analyse-Sektor des Programms ist trotz der oben erwähnten grafischen Novitäten zuwenig innovativ, und diesbezüglich beschleicht einen allmählich der Eindruck, als wären Chessbase hier die Ideen ausgegangen. Kommt hinzu, dass auch die neue Fritz-Engine zwar neu programmiert wurde (diesmal von Frank Schneider), aber hinsichtlich Spielstärke keinen nennenswerten Fortschritt gegenüber Fritz17 erzielt. (Dass selbstverständlich auch die neue Fritz-Engine jeden der Top-Großmeister der Welt in einem Match in Grund und Boden spielte, braucht nicht näher ausgeführt zu werden). Wer eine absolute State-of-the-art-Engine in der Partien-Analyse einbinden will, greift zum Freeware-Programm Stockfish.
Anders sieht es aus für jene Anwender, die einen interessanten, informativen und lehrreichen Sparring-Partner fürs eigene Schachtraining suchen. Hier hat Fritz 18 seine wirklichen neuen Verdienste, und da lohnt sich durchaus ein Kauf. Für knapp 60 Euro kriegt der User ein Interface, das den “selbstständigen privaten Schachunterricht” auf ein neues Niveau hebt. ♦
Chessbase: Fritz 18 – Schachsoftware, DVD & Download
Lesen Sie im GLAREAN MAGAZIN zum Thema Schachsoftware auch über Vasily Smyslov – Master Class Band 14 (Schach-DVD)
… sowie zum Thema Computerschach: The Engine Crackers
Genau, Die Benutzeroberfläche ist einfach nicht übersichtlich. Meiner Meinung nach einfach grafisch schlecht. Mit einer neuen oder verbesserten Oberfläche könnten sich wahrscheinlich wieder viele Fans neu begeistern.
Die Rezension behauptet keineswegs, dass die CB-Oberfläche “unübersichtlich” oder gar “grafisch schlecht” sei. Im Gegenteil, Die F18-GUI ist die m.E. schönste und funktionalste aller aktuell verfügbaren Interfaces. Weder Shredder noch Banksia oder Scid oder Aquarium reichen an Fritz bzw. CB heran. Verbesserungswürdig ist sie aber natürlich trotzdem – und im Artikel werden ja auch echte Innovationen angemahnt. Man sieht diesbezüglich mit Interesse dem neuen F-19 entgegen (evtl. November 2022 ?) …. W.E.
ich muss der meinung des rezensenten widersprechen. F18 ist die beste GUI ever, die CB bis jetzt rausgepracht hat. gerade wenn man analysiert, sind die neuen visualisierungen durchaus nützlich. ok ich spiele untere kreisklasse, für einen stärkerer spieler mag das weniger interessant sein. aber ich bin mega zufrieden mit F18, kann es nur empfehlen! grüsse Klaus
Neu, neu, neu! Innovation, Innovation, Innovation! Mein Gott, Leute, geht öfter zum Friseur und lasst euch ne neue Frisur verpassen, dann habt ihr genug Innovation, wenn euch langweilig ist.
Ist sowieso ein Witz, 80 € (nicht 60 €, was aber auch schon überteuert wäre) auszugeben, um gegen eine gedrosselte Engine spielen zu dürfen. Braucht man nicht.
Fritz 10 und Fritz 11 waren die letzten Fritzes, die ich gekauft hatte. Ein neuerer kommt mir auch nicht mehr auf den Tisch, nicht, was über 50 € hinaus geht!
Ich bin Fan der uralten Benutzeroberfläche von Fritz, einfach fantastisch! Ressourcenfreundlich und altbacken. Ich liebe diese alte Benutzeroberfläche! Seit Einführung der neuen Benutzeroberfläche, ist Fritz für mich nur noch enttäuschend. Ich kann mich mit dieser Benutzeroberfläche auch nicht anfreunden.
danke, leute, für diese objekte review. ich habe mir fritz18 auch zugelegt, und muss auch sagen, die paar zusätzlichen farblämpchen im analysebrett machen zuwenig mehrwert her gegenüber der letzten fritz 17 version, für 80 euro bei chessbase erwarte ich mehr als ein bisschen kosmetik. ok, dieses geführt-berührt habe ich noch nicht ausprobiert, ich nutze fritzi meist nur fürs die analyse. bin auch etwas enttäuscht. trotzdem finde ich arena noch schlechter als gui, auch banksia kann noch nicht befriedigen. hoffe sehr, dass der nächste fritz wieder innovativer ist.
Eine Schachengine, die jeden Menschen bezwingen kann ist mir durchaus “gut” genug, da ich selbst öfters gegen Fritz spiele und keine Enginewettkämpfe durchführe. Ich finde das Gesamtpaket für den “Selbstspieler” absolut gelungen.
Ich bin mit Arena 3.5.1 seit Jahren sehr zufrieden, und würde niemals 60 Euronen für Fritz
ausgeben. Wichtiger ist doch eine gute Schach engine.