Neue Musiker-Anekdoten (3)

Massenet is’ a Masse net von Massenet”

Ein dritter Strauss von Musiker-Anekdoten

von Wal­ter Eigenmann

Joseph Haydn

Bei sei­nem Fürs­ten Es­ter­ha­zy pfleg­te Haydn sich zu­wei­len nach ei­ner ge­lun­ge­nen Opern­auf­füh­rung mit den Sän­gern und Mu­si­kern für ein üp­pi­ges Back­hendl-Es­sen zu Ti­sche zu begeben.
Vor ei­nem die­ser Mah­le er­klär­te er ver­gnügt, ge­nüss­lich die ers­te le­cke­re Hüh­ner­keu­le zum Mun­de füh­rend: “Seht, lie­be Kin­der, sonst geht Hän­del über den Haydn, jetzt aber kommt Haydn über Hendel!”

Senesino

Zu den be­rühm­tes­ten Opern­sän­gern des 18. Jahr­hun­derts zähl­te der ita­lie­ni­sche Kas­trat und Ko­lo­ra­tur-Vir­tuo­se Se­ne­si­no. Ein Hüne von fül­li­ger Ge­stalt, war er zu­gleich als ei­tel und fei­ge bekannt.
Als er ein­mal in Lon­don die Ti­tel­rol­le in Hän­dels “Ju­li­us Cä­ser” sang, krach­te plötz­lich ein Ver­satz­stück mit Ge­tö­se auf die Büh­ne. Se­ne­si­no er­schrak zu Tode, der Fleisch­ko­loss fiel heu­lend und schlot­ternd zu Boden.
Das Pu­bli­kum fiel al­ler­dings in Lach­krämp­fe, denn er hat­te so­eben die stol­ze Arie be­gon­nen: “Cä­sar kennt kei­ne Furcht…”

Karikatur Wolfgang Nannerl Leopold Mozart - Musiker-Anekdoten - Glarean Magazin
Sin­fo­nien mit zwölf: Va­ter Leo­pold Mo­zart mit den Kin­dern Nan­nerl und Wolferl

Wolfgang A. Mozart

Mo­zart wur­de von ei­nem jun­gen Mann ge­fragt, wie man eine Sin­fo­nie zu schrei­ben habe.
Mo­zart: “Sie sind noch jung, be­gin­nen Sie doch mit Liedern!”
“Aber Ma­es­tro, Sie sel­ber ha­ben doch schon mit zwölf Jah­ren Sin­fo­nien komponiert!”
“Ja”, ant­wor­te­te Mo­zart, “aber ich habe nie ge­fragt, wie man das an­stel­len soll.”

Jules Massenet

1892 wur­de an der Wie­ner Hof­oper die ele­gan­te Oper “Wert­her” von Ju­les Mas­se­net ur­auf­ge­führt, un­ter Be­tei­li­gung der Ring­Stras­sen-Pu­bli­kums­lieb­lin­ge Ma­rie Re­nard und Er­nest van Dyk mit gröss­tem Erfolg.
In sei­nem Kol­le­gen Jo­sef Hell­mes­ber­ger, ei­nem we­gen sei­ner spit­zen Zun­ge be­rüch­tig­ten Kom­po­nis­ten und Gei­ger, hat­te Mas­se­net al­ler­dings ei­nen schar­fen Kri­ti­ker. Die­ser kom­men­tier­te die Ur­auf­füh­rung: “Bei der Oper von Mas­se­net is’ a Mas­se net von Massenet.”

Karikatur Gioacchino Rossini - Musiker-Anekdoten - Glarean Magazin
Er­zie­her von Müt­tern: Gio­ac­chi­no Rossini

Gioacchino Rossini

Ein Frau aus Bo­lo­gna be­läs­tig­te den gros­sen Meis­ter Ros­si­ni mit dem An­sin­nen, er möge sich doch ein­mal ihre Toch­ter an­hö­ren, die­se sei ja so be­gabt für Kla­vier und Gesang.
Die jun­ge Dame spiel­te ihm also vor, sang, spiel­te, sang, und schliess­lich frag­te die Mut­ter stolz: “Nun, Ma­es­tro, ma­chen wir eine Pia­nis­tin aus ihr? Oder eine Sängerin?”
Ros­si­ni er­wi­der­te: “Ma­chen wir lie­ber eine gute Mut­ter aus ihr!”

David Popper

Ein Kol­le­ge des be­rühm­ten Cel­lis­ten Da­vid Pop­per kam von ei­ner Tour­née zu­rück und frag­te Pop­per: “Ra­ten Sie, wie­viel ich ver­dient habe!”
Pop­per: “Die Hälfte.”
“Wo­von die Hälf­te?” frag­te ver­dutzt sein Kollege.
“Von dem, was Sie mir er­zäh­len werden.”

Karikatur Christoph Willibald von Gluck - Karikatur - Musiker-Anekdoten Glarean Magazin
Himm­li­sche Mu­sik: Chris­toph Wil­li­bald von Gluck

Christoph W. Gluck

Der ge­nia­le Opern-Schöp­fer und-Er­neue­rer Chris­toph W. Gluck zeich­ne­te sich nicht ge­ra­de durch über­mäs­si­ge Be­schei­den­heit aus.
Als sei­ne “Al­ces­te” in Pa­ris durch­ge­fal­len war, tri­um­phier­te ihm ge­gen­über ein Nei­der in deut­scher Spra­che: “‘Al­ces­te’ ist gefallen!”
Gluck dar­auf ge­las­sen: “Ge­wiss – vom Himmel.”

Edward Grieg

Grieg kom­po­nier­te in sei­nen spä­ten Jah­ren nur noch we­nig und be­grün­de­te das so: “Wenn Pe­ga­sus nicht tra­ben will, ist er stör­ri­scher als ein Maul­esel. Je mehr man ihn schlägt, des­to un­wil­li­ger ist er. Und da ich Mit­glied des Tier­schutz­ver­eins bin, gehe ich mit gu­tem Bei­spiel voran.”

Gustav Mahler

Pro­be in der Wie­ner Hof­oper, am Di­ri­gen­ten­pult Gus­tav Mahler. Eine So­pra­nis­tin, of­fen­sicht­lich völ­lig in­dis­po­niert, kämpft mit hef­ti­gen Intonationsproblemen.
Eine Zeit­lang hört sich das Mahler ru­hig an, doch dann klopft er ab, fi­xiert die Un­glück­li­che mit stra­fen­dem Blick und ver­beugt sich mit sar­kas­ti­scher Höf­lich­keit: “Gnä­digs­te, wür­den Sie die Güte ha­ben, uns Ihr A anzugeben!”

Karikatur Giuseppe Verdi - Musiker-Anekdoten - Glarean Magazin
So­zia­le Ader: Giu­sep­pe Verdi

Guiseppe Verdi

Das Opern-Ge­nie Ver­di hat­te in sei­nen jün­ge­ren Jah­ren durch­aus Zei­ten des Hun­gerns und Dar­bens. Doch mit je­der neu­en Kom­po­si­ti­on wuchs sei­ne Be­rühmt­heit – und sein Porte­mon­naie. Der alte Ver­di leb­te als rei­cher Mann und als frei­ge­bi­ger Mäzen.
Verdi’s lä­cheln­de Ant­wort auf die Fra­ge ei­nes Re­por­ters, wel­ches sei­ner Wer­ke er für sein bes­tes hal­te: “Mein Al­ters­heim für Mu­si­ker in Mailand.”

Hans Pfitzner

In ei­ner Ge­sell­schaft ant­wor­te­te Pfitz­ner ein­mal auf die Fra­ge, was pa­ra­dox sei:
“Wenn ein So­pran bass er­staunt ist, dass ein Te­nor alt wird!”

Oscar Hammerstein

Der be­kann­te New Yor­ker Opern-Im­pre­sa­rio Ham­mer­stein wur­de ge­fragt: “War­um zum Teu­fel schla­gen Sie sich mit die­sem Opern­ge­schäft her­um? Steckt da denn über­haupt Geld darin?”
“Na­tür­lich steckt Geld dar­in”, ant­wor­te­te Ham­mer­stein, “mein eigenes…”

Karikatur Richard Strauss - Karikatur - Musiker-Anekdoten Glarean Magazin
Ekel­haft mu­si­ka­lisch: Ri­chard Strauss

Richard Strauss

Ei­nem un­er­fah­re­nen, aber gleich­wohl selbst­be­wuss­ten Takt­schlä­ger, dem man in der Pro­vinz die “Ari­ad­ne auf Na­xos” zum Di­ri­gie­ren an­ver­traut hat­te, gab Strauss den kol­le­gia­len Tip: “Herr Ka­pell­meis­ter, heut’ müs­sen S’ aber höl­lisch auf­pas­sen. Die Sän­ge­rin da dro­ben is’ näm­lich ekel­haft musikalisch!”

Sergei Kussewizki

Bos­tons Chef­di­ri­gent Ser­gei Kus­se­wiz­ki war bei den Mu­si­kern be­rüch­tigt we­gen sei­ner oft fah­ri­gen, schwie­rig in­ter­pre­tier­ba­ren Dirigierbewegungen.
Ein Mit­glied des Bos­to­ner Sin­fo­nie­or­ches­ters wur­de mal ge­fragt: “Wie bringt ihr Bur­schen es bloss fer­tig, alle gleich­zei­tig ein­zu­set­zen – bei die­sem Dirigenten?”
“Kein Pro­blem”, ent­geg­ne­te der Or­ches­ter­mu­si­ker, “wir be­ob­ach­ten ihn scharf, las­sen ihn acht oder zehn ein­lei­ten­de Ver­ren­kun­gen ma­chen, und wenn er am ers­ten Ja­cken­knopf an­ge­langt ist, wis­sen wir, dass es Zeit zum An­fan­gen ist.”

Leopold Stokowski

Leo­pold Sto­kow­ski war ei­ner der ers­ten Pult­stars, die ihre Kon­zer­te ganz ohne Par­ti­tur lei­te­ten. In Phil­adel­phia hör­te er ei­nes Ta­ges zu­fäl­lig ein Ge­spräch zwi­schen zwei Da­men mit, die sich über sein letz­tes Kon­zert unterhielten.
“Der arme Sto­kowk­sy”, sag­te die eine, “ist es nicht eine Schande?”
“Was ist eine Schan­de, mei­ne Lie­be?” frag­te die an­de­re zurück.
“Na ja,”, kam die Ant­wort, “ist es nicht eine Schan­de, dass er kei­ne No­ten le­sen kann! Stell dir vor, was für eine Kar­rie­re er ma­chen könn­te, wenn er das verstünde!”

Karikatur Arturo Toscanini - Musiker-Anekdoten - Glarean Magazin
Ver­se­hent­lich Ku­chen ge­ges­sen: Ar­turo Toscanini

Arturo Toscanini

Der wich­tigs­te Ver­tre­ter des ita­lie­ni­schen Oper-Ve­ris­mo Gi­a­co­mo Puc­ci­ni pfleg­te als Weih­nachts­gruss jähr­lich ei­nen Pa­net­to­ne-Ku­chen an sei­ne Freun­de zu verschicken.
Ein­mal sand­te er die­sen Gruss irr­tüm­lich auch an Di­ri­gent Tos­ca­ni­ni, mit dem er heil­los zer­strit­ten war. Prompt sand­te Puc­ci­ni sei­nem Ku­chen ein Te­le­gramm nach: “Pa­net­to­ne aus Ver­se­hen abgesandt.”
Tos­ca­ni­ni ant­wor­te­te post­wen­dend: “Pa­net­to­ne aus Ver­se­hen aufgegessen.”

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Artur Schnabel

Der Aus­nah­me-Pia­nist Ar­tur Schna­bel war bei der Pro­be ei­nes Beet­ho­ven-Kon­zer­tes ab­so­lut un­zu­frie­den mit Klem­pe­rers Tem­pi. Also gab er hin­ter dem Rü­cken des Di­ri­gen­ten dem Or­ches­ter ein Zei­chen, sei­nen Füh­rer zu igno­rie­ren und ihm zu folgen.
Klem­pe­rer er­bost, sei­nen Takt­stock hin­wer­fend: “Der Di­ri­gent ist hier, Herr Schnabel!”
Schna­bel mit nach­denk­li­cher Mie­ne: “O ja, ich weiss, Klem­pe­rer ist hier – Schna­bel ist dort – aber wo ist Beethoven?”

Anton Bruckner

Dem ös­ter­rei­chi­schen Sin­fo­ni­ker An­ton Bruck­ner war ex­tre­me Schüch­tern­heit ei­gen. Ein­mal wur­de er von den Wie­ner Phil­har­mo­ni­kern ein­ge­la­den, sei­ne “Ro­man­ti­sche” zu di­ri­gie­ren. Bruck­ner kam zur Pro­be, wur­de herz­lich be­grüsst und fei­er­lich ans Pult ge­lei­tet. Dort griff er zum Takt­stock und – wartete.
Der Kon­zert­meis­ter er­mun­ter­te ihn: “Nun, Herr Dok­tor, wir wä­ren dann so­weit, wol­len Sie nicht anfangen?”
“O nein, Herr Pro­fes­sor”, sag­te Bruck­ner, “ich wage es nicht – nach Ih­nen, mei­ne Her­ren, nach Ihnen!”♦

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin auch die Mu­si­ker-An­ek­do­ten (2)
… so­wie zum The­ma Kom­po­nis­ten über den Mu­sik-Ka­len­der 2020: “Beet­ho­ven und ich”
.

2 Kommentare

  1. Dan­ke für die­se klei­ne Samm­lung, man­ches kann­te ich noch nicht. Köst­lich: Mahler. Auch Kus­se­wiz­ky 🙂 Es gibt hof­fent­lich noch wei­te­re Staf­feln?!?! Grüs­se: Peter

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