Musiker-Anekdoten von Brahms bis Wagner (1)

Sie hören mich wohl gerne singen!“

Ein bunter Strauss von Musiker-Anekdoten

von Walter Eigenmann

Gustav Mahler

In ei­ner von Mahler ge­lei­te­ten Auf­füh­rung ge­fähr­de­te ein Sän­ger durch ei­nen fal­schen Ein­satz die gan­ze Vor­stel­lung. Wü­tend rann­te Mahler in der Pau­se in die Gar­de­ro­be des Ver­bre­chers, aber der hat­te sich von in­nen eingeschlossen.
„Auch noch feig!“ brüll­te Mahler in höchs­tem Zorn.

Johannes Brahms

Ein Schü­ler soll­te Brahms ein Lied von Schu­bert vor­spie­len. „Zu die­ser Kom­po­si­ti­on wur­de Schu­bert durch den Ge­dan­ken an eine ge­lieb­te Frau in­spi­riert. Füh­len Sie sich also ent­spre­chend in das Stück ein.“

Der gefürchtete Musik-Kritiker Hanslick beweihräuchert Johannes Brahms (Zeitgenössische Karikatur)
Der ge­fürch­te­te Mu­sik-Kri­ti­ker Hans­lick be­weih­räu­chert Jo­han­nes Brahms (Zeit­ge­nös­si­sche Karikatur)

Kurz nach­dem der Schü­ler an­fing zu spie­len, wink­te Brahms schon ab. „Sie ha­ben mich falsch ver­stan­den“, sag­te er, „das Lied rich­tet sich an eine Ge­lieb­te, nicht an die Schwiegermutter!“

Josef Hellmesberger

Hell­mes­ber­ger war einst bei ei­nem Kom­po­nis­ten zum Mit­tag­essen im Fa­mi­li­en­kreis ein­ge­la­den. Nach dem Es­sen zog sich der Kom­po­nist zu­rück, um zu arbeiten.
„Kin­der tut’s be­ten“, sprach da Hell­mes­ber­ger, „der Va­ter geht stehlen!“

Josef Haydn

Jo­sef Haydn di­ri­gier­te sein Cel­lo-Kon­zert. Der Cel­list spiel­te eine selbst­kom­po­nier­te Ka­denz; sie war end­los lang, irr­te durch alle Ton­ar­ten und schien das The­ma voll­kom­men ver­ges­sen zu ha­ben. End­lich kam zum Schluss der ob­li­ga­te Tril­ler. „Herz­lich will­kom­men da­heim!“ rief Haydn dem So­lis­ten zu.

Hans Pfitzner

Burleska für Kammerorchester - Musik-Partitur - Walter Eigenmann (1985)
An­zei­ge

Hans Pfitz­ner prob­te das „Chris­telf­lein“. Die Dar­stel­le­rin des Elf­leins sang der Par­ti­tur nach: „Ich bin ja so dumm.“
„Bit­te nicht so über­zeu­gend“, rief Pfitz­ner zur Büh­ne hinauf.

Richard Strauss

Auf ei­ner Pro­be zur „Sa­lo­me“ rief Strauss: „Cou­ra­gier­ter, mei­ne Her­ren, cou­ra­gier­ter! Je fal­scher es klingt, des­to rich­ti­ger ist’s!“

Hans von Bülow

Hans von Bülow als Dirigent (Böhler)
Hans von Bülow als Di­ri­gent (Böh­ler)

Kurz vor ei­nem sei­ner Kon­zer­te stürm­te Hans von Bülow die Trep­pe hin­auf, rann­te um die Ecke, wo er mit ei­nem kor­pu­len­ten Herrn zu­sam­men­stiess, so dass bei­de fast zu Fall ge­kom­men wä­ren. Wü­tend schrie der Herr: „Esel!“ Ver­bind­lich lä­chelnd, da­bei sei­nen Zy­lin­der lüf­tend, er­wi­der­te der Künst­ler: „Bülow.“

Johannes Brahms

Was wird wohl einst auf der Ta­fel ste­hen, die man Ih­nen zu Eh­ren hier oben an­brin­gen wird?“, frag­te ein Freund den Kom­po­nis­ten Jo­han­nes Brahms, als er mit die­sem vor dem Haus Karls­gas­se 4 in Wien stand, das der Meis­ter lan­ge be­wohn­te. Tro­cken er­wi­der­te Brahms: „Woh­nung zu vermieten!“

Max Reger

Max Reger als Dirigent beim Erleiden falscher Töne - Glarean Magazin
Max Re­ger als Di­ri­gent beim Er­lei­den fal­scher Töne (Thiel­mann)

Ein Kri­ti­ker hat­te Re­ger fürch­ter­lich ver­ris­sen. Re­ger schrieb ihm ei­nen kur­zen Brief:
„Sehr ge­ehr­ter Herr! Ich sit­ze hier im kleins­ten Raum mei­nes Hau­ses und lese Ihre Kri­tik. Noch habe ich sie vor mir… Hoch­ach­tungs­voll: Max Reger.“

Igor Strawinsky

Igor Strawinsky - Zeichnung von Pablo Picasso - Glarean Magazin
Der be­schau­li­che Igor Stra­win­sky – Zeich­nung von Pa­blo Picasso

Der be­rühm­te Jazz-Kom­po­nist Gershwin woll­te ein­mal Stun­den bei Igor Stra­win­sky neh­men. Im Lauf der Un­ter­hal­tung frag­te ihn Stra­win­sky, was er un­ge­fähr ver­die­ne. Als Gershwin ant­wor­te­te: „Jähr­lich etwa hun­dert­tau­send Dol­lars“, mein­te Stra­win­sky: „Da neh­me ich bes­ser bei Ih­nen Stunden.“

Hans Richter

Ein Kla­ri­net­tist spiel­te eine Stel­le falsch. Hans Rich­ter klopf­te ab und sang ihm die Stel­le vor. Das wie­der­hol­te sich zum zwei­ten und drit­ten Male, bis Rich­ter un­ge­dul­dig rief: „Sie hö­ren mich wohl ger­ne singen!“

Franz Liszt

Lisztomania im Konzertsaal (Hosemann)
Lisz­to­ma­nia im Kon­zert­saal (Ho­semann)

Liszt spiel­te in ei­nem Pri­vat­kon­zert vor dem rus­si­schen Kai­ser. Bei ei­ner Pia­nostel­le wand­te sich die­ser zu sei­nem Ad­ju­tan­ten und gab ihm laut ei­nen Befehl.
Liszt hör­te zu spie­len auf und liess die Hän­de in den Schoss sin­ken. Als der Zar ihn un­wil­lig nach dem Grund der Un­ter­bre­chung frag­te, ant­wor­te­te Liszt mit höf­li­cher Ver­beu­gung: „Wenn Fürs­ten spre­chen, ha­ben die Die­ner zu schweigen.“

Wilhelm Furtwängler

Wil­helm Furtwäng­ler mach­te be­kannt­lich ei­gen­ar­tig fah­ri­ge Be­we­gun­gen beim Dir­gie­ren. Ein­mal lei­te­te er ein frem­des Or­ches­ter und schon der ers­te Ein­satz woll­te nicht klap­pen. Da frag­te be­schei­den der Kon­zert­meis­ter: „Herr Dok­tor, bei wel­chem Za­cken von Ih­rem Blitz sol­len wir einsetzen?“

Schlafende Violinen

In ei­ner längst ver­ges­se­nen Oper hat­ten Flö­te und Har­fe eine langaus­ge­dehn­te So­lo­stel­le. Ei­ni­ge Tak­te vor dem Schluss die­ses Duos be­fand sich in der Par­ti­tur mit ro­tem Stift quer durch die gan­ze Sei­te ge­schrie­ben die Be­mer­kung: „Hier müs­sen die Vio­li­nen ge­weckt werden.“

Max Reger

"Max Reger auf dem Pegasus, alle Hindernisse spielend überwindend" (H. Starkloff)
„Max Re­ger auf dem Pe­ga­sus, alle Hin­der­nis­se spie­lend über­win­dend“ (Star­kloff)

Nach ei­nem Kon­zert der Mei­nin­ger Hof­ka­pel­le un­ter­hielt sich eine jun­ge Prin­zes­sin leut­se­lig her­ab­las­send mit Max Re­ger. Sie woll­te vor al­lem Be­scheid er­hal­ten über eine So­lo­stel­le der Fa­got­te, die ihr be­son­de­ren Ein­druck ge­macht hat­te. Wiss­be­gie­rig frag­te sie: „Herr Hof­rat, brin­gen die Leu­te die­se Töne mit dem Mund her­vor?“ Re­ger er­wi­der­te: „Das will ich stark hof­fen, Kö­nig­li­che Hoheit.“

Johannes Brahms

Ein jun­ger Mensch bat Brahms um Prü­fung ei­ner Kom­po­si­ti­on. Brahms liess sich be­hag­lich in sei­nen Lehn­stuhl nie­der und rauch­te ru­hig sei­ne Zi­gar­re, wäh­rend er die Ar­beit durch­sah. End­lich fra­ge er ver­son­nen: „Men­schen­s­kind, wo ha­ben Sie denn nur das schö­ne No­ten­pa­pier her?“

Richard Wagner

Richard Wagner zertrümmert das Trommelfell seiner Zuhörer (Gill)
Ri­chard Wag­ner zer­trüm­mert das Trom­mel­fell sei­ner Zu­hö­rer (Gill)

Ei­nes Abends ging Wag­ner in Sor­rent spa­zie­ren. Ei­ner der vie­len Dreh­or­gel­spie­ler, der ihn kann­te, setz­te so­fort eine Wal­ze mit dem Braut­zug aus „Lo­hen­grin“ ein und be­gann sei­ne Or­gel so schnell zu dre­hen, dass die Mu­sik bis zur Un­kennt­lich­keit ver­hetzt wur­de. Zor­nig stürm­te Wag­ner auf ihn zu, pack­te selbst die Dreh­or­gel und dreh­te sie so lang­sam und be­däch­tig, dass der Chor im rich­ti­gen Tem­po er­klang. Dann gab er dem Al­ten ein gu­tes Trink­geld mit der Wei­sung, im­mer in die­sem Tem­po zu spielen.
Am an­de­ren Mor­gen hing an der Dreh­or­gel ein Schild: „Schü­ler von Ri­chard Wagner.“

Der Musikstudent

Ein Mu­sik­stu­dent möch­te ein Zim­mer mie­ten. Doch die Ver­mie­te­rin weist ihn ab:
„Wir hat­ten ein­mal ei­nen Mu­sik­stu­den­ten hier woh­nen. Der kam erst sehr beet­hoev­lich an, wur­de dann mit mei­ner Toch­ter mo­zärt­lich, brach­te ihr ei­nen Strauss mit, nahm sie beim Hän­del und führ­te sie mit Liszt über den Bach in die Haydn. Er war gar nicht zu brahm­sen, und jetzt ha­ben wir ei­nen Men­dels­sohn und wis­sen nicht wohindemith!“

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin auch: Neue Mu­si­ker-An­ek­do­ten (2)
… so­wie die An­ek­do­ten-Samm­lung: Pan­op­ti­kum der Musiker-Entgleisungen

Ein Kommentar

  1. Amü­sant und kurz­wei­lig! Auch wenn man man­ches kennt. Su­che noch ein Buch­ge­schenk in die­ser Rich­tung. Könn­te je­mand et­was empfehlen?

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