7. Wort-Bild-Meditation über „Das schwarze Quadrat“

Die Offenbarungen des Schwarzen Quadrats

Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst

Bernd Giehl (Tex­te)  &  Hu­ber­tus Graef (Fo­tos)

Das Ge­mäl­de Das Schwar­ze Qua­drat von Ka­si­mir Ma­le­witsch wur­de zum ers­ten Mal 1915 bei der letz­ten fu­tu­ris­ti­schen Aus­stel­lung in Pe­tro­grad (St. Pe­ters­burg) ge­zeigt und gilt seit­her als eine der Iko­nen der Ma­le­rei des 20. Jahrhunderts.
In der da­ma­li­gen Aus­stel­lung wur­de es an der höchs­ten Stel­le ei­ner Ecke des Raums mit der Bild­flä­che leicht schräg nach un­ten be­fes­tigt, um­ge­ben von an­de­ren Bil­dern des Malers.
Das Schwar­ze Qua­drat nahm da­mit die Po­si­ti­on ein, die in ei­nem tra­di­tio­nel­len rus­si­schen Haus ei­ner re­li­giö­sen Iko­ne vor­be­hal­ten ist.

Das Schwarze Quadrat - Kasimir Malewitsch - Glarean Magazin
Das Schwar­ze Qua­drat von Ka­si­mir Malewitsch

Ka­si­mir Ma­le­witsch sel­ber zu sei­nem Werk: „Als ich den ver­zwei­fel­ten Ver­such un­ter­nahm, die Kunst vom Ge­wicht der Din­ge zu be­frei­en, stellt ich ein Ge­mäl­de aus, das nicht mehr war als ein schwar­zes Qua­drat auf ei­nem weis­sen Grund­feld… Es war kein lee­res Qua­drat, das ich aus­stell­te, son­dern viel­mehr die Emp­fin­dung der Gegenstandslosigkeit.“

Das Schwar­ze Qua­drat steht im Zen­trum ei­nes vier­tei­li­gen, me­di­ta­ti­ven Zy­klus‘ mit Tex­ten und Bil­dern des Bad-Ma­ri­en­ber­ger Pfar­rers und Schrift­stel­lers Bernd Giehl und des Göt­tin­ger Di­gi­tal­künst­lers Hu­ber­tus Graef. Un­ter dem Ti­tel „Of­fen­ba­run­gen des Schwar­zen Qua­drats“ ver­eint das Werk zahl­rei­che je kor­re­spon­die­ren­de Wort-Bild-Kom­bi­na­tio­nen zu den The­ma­ta „Glau­be, Lie­be, Hoff­nung, Kunst“.

Au­tor Bernd Giehl schreibt zur Ent­ste­hungs­ge­schich­te: „Auf der Su­che nach ei­nem Ti­tel für das ge­mein­sa­me Werk fie­len mir ein paar Zei­len aus mei­nem Ge­dicht­zy­klus ‚Zwie­ge­spräch‘ ein: ‚Ver­bor­gen seit je­her / Ver­steckt un­ter tau­send Mas­ken / Kein Wort so miss­braucht wie die­ses / Das Schwar­ze Qua­drat / Eine Of­fen­ba­rung / Ver­gli­chen mit dir / Wes­sen Stim­me hör­te Mose / Im Dorn­busch in der Wüste?‘
So­wohl in den Ge­dich­ten wie auch in den Bil­dern geht es um Grenz­erfah­run­gen, die manch­mal, viel­leicht nicht im­mer, mit Glau­ben zu tun haben“.

Als Erst­ver­öf­fent­li­chung die­ser „Of­fen­ba­run­gen des Schwar­zen Qua­drats“ pu­bli­ziert das Glarean Ma­ga­zin in un­re­gel­mäs­si­ger Fol­ge acht Aus­zü­ge des ins­ge­samt 68 Sei­ten um­fas­sen­den Wort-Bild-Pro­jek­tes. (we)


Hemsil

Fla­schen­grün und strudelweiss
und schwär­zer als die Nacht
in Hem­se­dal. Inseln 
von Tür­kis

wild und wirbelnd
im Zau­ber­gar­ten der Steine
der al­les verwandelt
in Far­be als wär’s van Gogh

bald taucht’s hinab
ins Kel­ler­licht
der grau­en Katzen
und Ge­stal­ten

und auch der Schatten
der von der Brücke 
auf die Fel­sen fiel
wird blei­ben

nur in der Tiefe
die al­les einsaugt
und wie­der freigibt
zu ih­rer Zeit.

2

Hier sass ich, schau­te den Ang­lern zu
die nichts fin­gen, sah den Fluss fliessen
und nicht von der Stel­le kommen
und lern­te warten

auf nichts
nur das To­sen des Wassers
und dar­in die Stille
wie ein gros­ser Fisch

mit sil­ber­nen Schuppen
un­be­weg­lich am Grund. Mehr 
ist nicht zu verlangen
von uns.

3

Die Fo­tos im Album
sind stumm
wie ein Brief
aus Kar­nak. Strandgut
ei­ner ur­alten Expedition.

Orte der Stil­le existieren
wo­mög­lich in Alaska
oder At­lan­tis. Hier
ist je­den Tag Jahrmarkt

mit Tru­hen und Kisten
voll von ver­schlis­se­nen Sätzen
die wan­dern von Hand zu Hand
und klei­den gut.

Wo bin ich gewesen? 
Ich find mich nicht zurecht.
Kein Name auf der Karte
der mir be­kannt vorkommt.

Hubertus Graef: Hemsil (Fotografie)
Hu­ber­tus Graef: Hem­sil (Fo­to­gra­fie)

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5. Wort-Bild-Me­di­ta­ti­on über „Das schwar­ze Quadrat“

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