Marianne Figl: Zwei Stadt-Gedichte

London – Salzburg

Lon­don

In alle fernen
Gewän­der gehüllt,
nackt nur
der gepiercte
Nabel.
Wie grauer
Zementstaub
über müde Gesichter
gestreut,
dass niemand
den ande­ren kennt
und keine geschmückte Fassade
einbricht
ohne den Profit
abzuwerfen.

Salz­burg

Salz
Salzsäule
Salzburg
eingepökelt
Lot
Lots Weib zur Salz­säule erstarrt
Alle sind zur Salz­säule erstarrt
seit Mozart Salz­burg ver­las­sen hat
die Liebe schmeckt versalzen.
Der Wolferl
er ver­gnügt sich im WWW
mit flau­schi­gen Klangwolken
Das Sphä­ren­or­ches­ter probt mit ihm
nacht­ein, nachtaus
rau­schende Regenfeste
Atem­rau­bende Luft­leer­bälle rauschen
in den Him­meln wenn der Boss
gerade im Vati­kan Taube spielt.
Him­mel, Erde und Unter­welt sind
ausgelutscht
keine lässt sich mehr
einschüchtern
das Leid und die
Zag­haf­tig­keit und der Stillstand
die Ver­sal­zung ist der­art unerträglich
dass sich Revolte stark aber leise
instink­tiv zeit­gleich in allen Sphären
der Schöpfung
im WWW fast unbemerkt
wie ein gros­ser Salz­ball los­tritt und in
Nano­se­kun­den zur  www. -Lawine
anschwillt
sozu­sa­gen zu einem neuen
Urknall eska­liert- und dann?…
Die meis­ten sit­zen in Salz­burg wie vorher
brav auf ihren Wolken/Schreibtischsesseln
oder sonst wo
sie haben auch das verpasst
so starr und ver­sal­zen wie sie sind
Nur das Fest­spiel­haus ist verschwunden
Wo es stand gähnt ein gros­ser stin­ken­der Krater…


Mari­anne Figl

Marianne-Figl-Salzburg-Glarean-MagazinGeb. 1946 in Wien, Stu­dium an der Aka­de­mie für Ange­wandte Kunst in Wien, seit 2000 umfang­rei­che gra­fi­sche, male­ri­sche und schrift­stel­le­ri­sche Arbeit, ver­schie­dene Kunst-Aus­stel­lun­gen, Thea­ter-Texte und Lyrik- wie Prosa-Publi­ka­tio­nen in Büchern und Zeit­schrif­ten, lebt als freie Künst­le­rin in Salzburg

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