Oliver Gassner: Freudiana 1 & 2 (Kurzprosa)

Freudiana 1 & 2

Oli­ver Gassner

FREUDIANA I

Er holt mit der ma­che­te aus und schlägt in die grü­nen pflanzenleiber.
So bahnt er sich sei­nen weg.
Mit lei­sem zi­schen gibt die luft ihm raum.

Das kna­cken des schlags das feuch­te ge­räusch wenn die klin­ge sich
wie­der vom sten­gel­fleisch löst klin­gen wie ge­be­te in seinen
gottesohren.

Als er die au­gen öff­net klebt an der ma­che­te blut.


FREUDIANA II

Das ers­te was man an ihm be­merkt ist die rech­te hand im schwarzen
hand­schuh zur faust ge­ballt. Im ses­sel sit­zend hat er den ellenbogen
auf die leh­ne das kinn seit­lich in die le­der­faust ge­stützt. Scheinbar
teil­nahms­los die li­der halb ge­schlos­sen for­men die lip­pen laut­los worte
ei­ner ver­ges­se­nen spra­che, die er­grau­ten haa­re wol­len nicht recht zur
ju­gend­lich mus­ku­lö­sen Sta­tur des frem­den pas­sen. Nur in den
hell­grau­en au­gen des schma­len ge­sichts fin­den sich spu­ren von
schre­cken schmerz leid. Er wird war­ten. Bis der jun­ge mann zu ihm tritt
und ihn nach sei­nem lei­den fragt. Und ant­wor­ten. Unsterblichkeit.


Oliver Gassner - Glarean MagazinOli­ver Gassner

Geb. 1964 in Hegau/BRD, lang­jäh­ri­ger Mit­her­aus­ge­ber der ein­ge­stell­ten Li­te­ra­tur­zeit­schrift ‚Wand­ler‘, ver­schie­de­ne Ver­öf­fent­li­chun­gen in deutsch­spra­chi­gen Li­te­ra­tur­zeit­schrif­ten, schreibt nach Aus­flü­gen in Copy Art und ex­pe­ri­men­tel­le und di­gi­ta­le Li­te­ra­tur und nach ei­ner Krea­tiv­pau­se wie­der Gedichte

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