Thomas Stabenow: Die Klavierstücke (CD)

Hochkarätige Werke, feines Musizieren

von Klaus Nemelka

Ein Lan­des­preis für Musik ist eine feine Sache, steht durch ihn doch sozu­sa­gen von höchs­ter Stelle fest, wer die Bes­ten in einer musi­ka­li­schen Kate­go­rie eines Bun­des­lan­des sind. Über die Gren­zen des “Ländle” hin­aus kann der Jazz­preis Baden-Würt­tem­berg auch als eine Art Ori­en­tie­rung dar­über ver­stan­den wer­den, wer so die Jazz-Grös­sen in Deutsch­land sind. Wenn also Rai­ner Böhm, der baden-würt­tem­ber­gi­sche Jazz-Preis­trä­ger des Jah­res 2010, mit Tho­mas Sta­be­now, dem baden-würt­tem­ber­gi­schen Jazz-Preis­trä­ger von 1986, gemein­same Sache macht, kann dar­aus sehr feine Musik entspringen.
Somit war Pia­nist Rai­ner Böhm, der die Werke des Jazz-Musi­kers Tho­mas Sta­be­now “ver­to­nen” sollte, für die Umset­zung des “Klavierstücke”-Projektes die erste Wahl. Bei einer Tour der bei­den Preis­trä­ger mit Ingrid Jen­sen und Jür­gen See­fel­der konn­ten Böhm und Sta­be­now in Mün­chen auch noch Jason Sei­zer, des­sen “Pirouet Stu­dio” und den dort zur Ver­fü­gung ste­hen­den “Steinway”-Flügel für das Pro­jekt gewinnen.

Preisgekrönte und erfahrene Instrumentalisten

Thomas Stabenow: Die Klavierstücke - Rainer Böhm (Piano) - Bassic SoundDer Kon­tra­bas­sist, Kom­po­nist, Pro­du­zent und Hoch­schul­leh­rer Tho­mas Sta­be­now ist u.a. mit Johnny Grif­fin, Char­lie Rouse, Clif­ford Jor­dan, Albert Man­gels­dorff, Mel Lewis, Jimmy Cobb auf­ge­tre­ten, hat als “side­man” auf über 150 LPs und CDs mit­ge­wirkt, sowie 3 LPs und 26 CDs auf sei­nem eige­nem Label “Bas­sic-Sound” auf­ge­nom­men. Als Mit­glied der “Peter Her­bolz­hei­mer Rhythm Com­bi­na­tion & Brass” war Tho­mas Sta­be­now zudem mit Stan Getz, Chaka Khan, Dianne Ree­ves, Ear­tha Kitt und Al Jar­reau auf der Bühne.
Rai­ner Böhm hat unter ande­rem beim “Jazz Hoei­la­art Inter­na­tio­nal Bel­gium” und beim inter­na­tio­na­len Jazz­wett­be­werb in Getxo (Spa­nien) den Preis für den bes­ten Solis­ten gewon­nen, seine CDs wur­den mehr­fach mit dem Vier­tel­jah­res­preis der deut­schen Schall­plat­ten­kri­tik ausgezeichnet.

Eine musikalische Idee zum Abschluss gebracht

Bei den “Kla­vier­stü­cken” han­delt es sich um Werke, die sich bei Tho­mas Sta­be­now über einen län­ge­ren Zeit­raum ange­sam­melt hat­ten. Die Umset­zung die­ser musi­ka­li­schen Ideen – neben dem “Tages­ge­schäft” der Auf­tritte und der Lehr­tä­tig­keit an der Musik­hoch­schule Mann­heim – sah Sta­be­now als emi­nent wich­tig an. Ein Vor­ge­hen übri­gens, wel­ches er, wie er betont, vom dem öster­rei­chi­schen Pia­nis­ten Fritz Pauer gelernt hatte: Eine musi­ka­li­sche Idee zum Abschluss zu brin­gen, koste es, was es wolle, um Platz für neue Ideen zu schaffen.
Dass er diese Ideen Rai­ner Böhm anver­traut und nicht selbst ein­ge­spielt hat, hielt Sta­be­now für rat­sam, da er, um sein inter­na­tio­na­les Niveau als Kon­tra­bas­sist zu hal­ten, das Kla­vier­spie­len ver­nach­läs­si­gen musste, er aber für seine Stü­cke höchs­tes Niveau (zurecht) für durch­aus ange­mes­sen hält.

16 Piano-Titel für Jazz-Kenner

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Mal abse­hen davon, dass die CD von Tho­mas Sta­be­now: “Die Kla­vier­stü­cke” mit nur gerade mal 37 Minu­ten etwas gar mager aus­fiel, han­delt es sich um eine qua­li­ta­tiv hoch­ste­hende Ein­spie­lung – genau rich­tig als Geschenk unter den Weih­nachts­baum des Jazzpiano-Freundes!

Die rundum gelun­gene CD bie­tet für den Jazz-Ken­ner 16 Piano-Titel von Tho­mas Sta­be­now, her­vor­ra­gend “ver­tont” durch den Pia­nis­ten Rai­ner Böhm. Schade, dass die Gesamt-Spiel­dauer mit Dass das Reper­toire von Tho­mas Sta­be­nows Wer­ken nicht nur exzel­lent umge­setzt, son­dern auch äus­serst viel­fäl­tig ist, wird schon beim ers­ten Durch­hö­ren der CD klar: Bereits der erste Track “Bass erstaunt” bie­tet die Mög­lich­keit, mit einem Bass-Osti­nato über eine phry­gi­sche Skala zu impro­vi­sie­ren. Wer da schon staunt, will wei­ter­hö­ren: Der Titel “Mon Ami”, ent­sprun­gen aus einer Co-Kom­po­si­tion mit sei­ner Toch­ter, ist ein leich­ter Valse-Musette und erin­nert durch seine Akkord­folge an “Autumn Lea­ves”. “Ama­gan­sett” und “Via Petrarca” wie­derum zei­gen eine schöne Nähe zum Bach‘schen Wohl­tem­pe­rier­ten Kla­vier. “Pirx” ist ein ele­gan­ter Jazz-Waltz, der unter ande­rem auch auf Johan­nes Enders CD “Home­ground” ver­ewigt wurde.
Über­haupt fin­det man die ein­zel­nen Tunes viel­fach auch in Ver­sio­nen hoch­ka­rä­ti­ger Kol­le­gen von Sta­be­now: So wurde der “Hit” die­ser CD, “Chut­ney”, unter ande­rem von Wolf­gang Haff­ners “Inter­na­tio­nal Jazz Quin­tet”, von “Trom­bon­e­fire” oder dem Bun­des­ju­gend­jazz­or­ches­ter (noch unter der Lei­tung des inzwi­schen lei­der ver­stor­be­nen Peter Her­bolz­hei­mer) interpretiert.

Gratis-Noten zur CD als Bonus

Plaun a plaun”, räto­ro­ma­nisch für cool oder “gemäch­lich”, erin­nert im Thema an Kat­scha­tu­rian, bevor das Stück sich im Impro­vi­sa­ti­ons­teil dann als groo­vi­ger Moll-Blues ent­puppt. Die Namens­idee zum Stück “Plus­quam­par­fait” kom­bi­niert die gram­ma­ti­ka­li­sche Form, dass ein Gesche­hen zeit­lich vor einem ande­ren ver­gan­ge­nen Gesche­hen ein­ge­ord­net wird, mit einer lecke­ren fran­zö­si­schen Nachspeise…
Die rundum gelun­gene CD bie­tet für den Musik­ken­ner schliess­lich noch ein Extra-Schman­kerl: Die Noten zur CD gibt’s als kos­ten­lo­sen Down­load auf der Web­site von Tho­mas Stabenow. ♦

Tho­mas Sta­be­now: Die Kla­vier­stü­cke, Rai­ner Böhm (Piano), Audio-CD, 37 Min, Bas­sic Sound

Leseprobe aus Thomas Stabenow: Die Klavierstücke (Rainer Böhm)
Lese­probe aus Tho­mas Sta­be­now: Die Kla­vier­stü­cke (Rai­ner Böhm)

Klaus Nemelka

Geb. 1970, frü­her Jour­na­list bei ver­schie­de­nen öster­rei­chi­schen und deut­schen Medien, lebt als PR-Mana­ger und Jazz-Freund in Wien/A

Lesen Sie im Glarean Maga­zin zum Thema Kla­vier-Jazz auch über
Jean Kleeb: Clas­sic goes Jazz (Piano-Arran­ge­ments)

… sowie über die Audio-CD von Katie Melua: Pictures

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