Mario Andreotti: Die Struktur der modernen Literatur

Moderne Literatur entschlüsselt

von Franziska Metzger

Wie lässt sich li­te­ra­ri­sche Mo­der­ni­tät fest­ma­chen, und wie lässt sie sich er­klä­ren? Wel­ches sind die Struk­tur­merk­ma­le mo­der­ner Li­te­ra­tur? Über was für Kon­zep­te las­sen sich die­se ver­an­kern, und wie wer­den Tex­te da­durch in­ter­pre­tier­bar? Wo zei­gen sich Trans­for­ma­tio­nen in den Struk­tur­merk­ma­len mo­der­ner Li­te­ra­tur des 20. Jahr­hun­derts? Dies sind Fra­gen, wel­che der Schwei­zer Ger­ma­nist Ma­rio An­dreot­ti in sei­nem Werk „Die Struk­tur der mo­der­nen Li­te­ra­tur“ auf sys­te­ma­ti­sche Wei­se re­flek­tiert und über eine Rei­he mit­ein­an­der ver­schränk­ter theo­re­ti­scher Sicht­ach­sen – mit Blick auf Fi­gu­ren- und Wirk­lich­keits­ge­stal­tung, auf das Er­zäh­len und da­mit auf Spra­che, auf die Er­fas­sung von Mo­men­ten der Ver­frem­dung – an­geht, um ein In­stru­men­ta­ri­um für eine sys­te­ma­ti­sche Tie­fen­ana­ly­se (mo­der­ner) Li­te­ra­tur zu präsentieren.

Bei der vier­ten Auf­la­ge von Ma­rio An­dreot­tis Band zur Struk­tur der mo­der­nen Li­te­ra­tur han­delt es sich um die voll­stän­dig über­ar­bei­te­te und in Ana­ly­se und Text­bei­spie­len bis in die un­mit­tel­ba­re Ge­gen­warts­li­te­ra­tur wei­ter­ge­führ­te Aus­ga­be des 1983 erst­mals er­schie­ne­nen Stan­dard­wer­kes. Der Schwer­punkt des Bu­ches liegt auf der mo­der­nen Er­zähl­pro­sa und Ly­rik. Zur Struk­tur des mo­der­nen Dra­mas hat Ma­rio An­dreot­ti ei­nen ei­ge­nen Band mit dem Ti­tel „Tra­di­tio­nel­les und mo­der­nes Dra­ma“ ver­fasst, der 1996 beim Haupt Ver­lag er­schie­nen ist und der für ei­nen ver­glei­chen­den Zu­gang auf die tra­di­tio­nel­le und mo­der­ne Li­te­ra­tur mit Blick auf Be­griff­lich­kei­ten, Ana­ly­se­ras­ter, Fra­gen von Kon­ti­nui­tät und Dis­kon­ti­nui­tät so­wie für text­ba­sier­te De­tail­ana­ly­sen mit gros­sem Ge­winn bei­gezo­gen wer­den kann.

Analytisch klare Abgrenzungen der Gattungsbegriffe

Mario Andreotti - Struktur der modernen Literatur - Haupt Verlag - CoverMa­rio An­dreot­tis auf ei­nem se­mio­ti­schen An­satz ba­sie­ren­des Werk be­sticht zum ei­nen durch die kla­re Er­läu­te­rung kom­ple­xer Be­griff­lich­kei­ten und Ka­te­go­rien und von de­ren Ver­hält­nis zu ein­an­der, wel­che ei­ner tie­fen­struk­tu­rel­len Ana­ly­se von Li­te­ra­tur zu­grun­de ge­legt wer­den kön­nen. Zum an­de­ren über­zeugt es durch die prä­zi­se und bis ins De­tail re­flek­tier­te An­wen­dung der theo­re­ti­schen Grund­la­gen auf eine Viel­zahl kon­kre­ter Textbeispiele.

Prof. Dr. Mario Andreotti
Prof. Dr. Ma­rio Andreotti

Dem von Ma­rio An­dreot­ti ver­tre­te­nen An­satz lie­gen ver­schie­de­ne De­kon­struk­tio­nen zu­grun­de. So ist dem Au­tor der Hin­weis auf die Gren­zen der Gat­tungs­be­grif­fe wich­tig. Die­se zei­gen sich in Be­zug auf die mo­der­ne Li­te­ra­tur in po­ten­zier­ter Wei­se. Die ent­spre­chen­de Kom­ple­xi­tät und die Ver­schrän­kungs­be­zie­hun­gen ver­schie­de­ner Gen­res kom­men in meh­re­ren sche­ma­ti­schen Dar­stel­lun­gen gut zum Aus­druck (S. 148-149). Auf­ge­löst wird wei­ter be­son­ders der In­halt-Form-Ge­gen­satz – An­dreot­tis Ana­ly­se­ras­ter sind al­le­samt Aus­druck da­von. Dies ge­schieht über den Blick auf Ge­stal­tungs­ele­men­te – Er­zäh­ler, ly­ri­sches Ich etc. – ei­nes li­te­ra­ri­schen Tex­tes als nicht nur et­was For­ma­les son­dern, dar­über hin­aus, als Kon­kre­ti­sie­rung von In­hal­ten (sie­he S. 21). In die­sem An­lie­gen spie­gelt sich die Fra­ge nach dem Wie – wis­sen­schafts­theo­re­tisch ge­spro­chen eine zen­tra­le Fra­ge ei­nes kon­struk­ti­vis­ti­schen An­sat­zes –, wie sie sich be­son­ders in der Per­spek­ti­ve auf Struk­tur­ele­men­te li­te­ra­ri­scher Tex­te kon­kre­ti­siert. Ma­rio An­dreot­ti ver­steht Struk­tur da­bei als „ein Sys­tem text­in­ter­ner Be­zie­hun­gen“ (S. 22); der Struk­tur­be­griff ver­bin­det Form und In­halt. Fi­gu­ren- und Wirk­lich­keits­ge­stal­tung, Spra­che und Wir­kungs­ab­sicht ste­hen im Fo­kus ei­ner sol­chen Struk­tur­ana­ly­se (S. 47).

Gegenüberstellung von traditioneller und moderner Prosa in Bezug auf die Erzähler-…

Schau­en wir auf ei­ni­ge Sicht­ach­sen und Kon­zep­te. Den struk­tu­rel­len Wan­del der mo­der­nen Epik fasst Ma­rio An­dreot­ti mit Blick auf die Er­zäh­ler- und Fi­gu­ren­ge­stal­tung, die nar­ra­ti­ve Struk­tur so­wie die Dar­stel­lungs­form in sechs Struk­tur­merk­ma­len: in der „Auf­lö­sung der fes­ten Er­zähl­po­si­ti­on“, in der „Ab­sa­ge an das tra­di­tio­nel­le, in­di­vi­dua­lis­ti­sche Ent­wick­lungs­prin­zip“ und da­mit im Shift von ei­ner als fest kon­zi­pier­ten hin zu ei­ner ent­per­sön­lich­ten Fi­gur, in der Preis­ga­be ei­nes „mime­ti­schen Kunst­prin­zips“, der „Auf­lö­sung des rei­nen Er­zähl­be­richts“, der „Ent­per­sön­li­chung der er­zähl­ten Fi­gur“, vor al­lem des Hel­den, so­wie im „Ab­bau der tra­di­tio­nel­len Symbolik“.

…und in Bezug auf die Figurengestaltung

Die Ver­schie­bung von fes­tem Ich und ko­hä­ren­ter Ge­samt­sicht der Wirk­lich­keit hin zu Dis­so­zia­ti­on in Ein­zel­bil­der sieht der Au­tor im dis­kon­ti­nu­ier­li­chen Er­zäh­len, wie es sich in der Text­mon­ta­ge ma­ni­fes­tiert und auch in der mo­der­nen Ly­rik ihr Pen­dant hat, in der Auf­lö­sung des fes­ten, per­sön­li­chen Er­zäh­lers, wie sie in er­leb­ter Rede und in­ne­rem Mo­no­log eben­so wie in der Ent­per­sön­li­chung des ly­ri­schen Ich zum Aus­druck kommt so­wie in ei­ner ges­ti­schen Fi­gu­ren­ge­stal­tung bis hin zur Ges­tus­mon­ta­ge. Auf der Ebe­ne der Spra­che er­ach­tet er den Trans­fer von Mi­me­sis hin zur Sicht­bar­ma­chung der Fik­tio­na­li­tät so­wie den Trans­fer von ei­ner auf das Sym­bo­li­sche kon­zen­trier­ten Spra­che auf eine pa­ra­dig­ma­tisch-syn­tag­ma­tisch kon­zi­pier­te Spra­che als ent­schei­dend. Dies kommt be­son­ders in der Ver­la­ge­rung des Ak­zents vom Er­zähl­ten auf das Er­zäh­len sel­ber und in ei­ner Auf­lö­sung der fes­ten Spra­che im mo­der­nen Ge­dicht zum Ausdruck.

Moderne Strukturmerkmale im Verhältnis zur traditionellen Literatur

Sehr gut ge­lingt es dem Au­tor in Be­zug auf die Er­zähl­pro­sa wie in Be­zug auf die Ly­rik, die Struk­tur­merk­ma­le mo­der­ner im Ver­hält­nis zu tra­di­tio­nel­ler Li­te­ra­tur zu ver­an­kern und plau­si­bel zu er­klä­ren, wo­bei er im­mer wie­der auch auf Kon­ti­nui­tä­ten ver­weist. Zu­gleich schafft er es die in­ne­re Aus­dif­fe­ren­zie­rung des­sen, was glo­bal als „mo­der­ne“ Li­te­ra­tur be­zeich­net wer­den kann, in Klas­si­sche Mo­der­ne, Neue Sub­jek­ti­vi­tät, Post­mo­der­ne so­wie Zwei­te Mo­der­ne theo­re­tisch zu fun­die­ren (sie­he die Zu­sam­men­füh­rung im Sche­ma auf S. 94). So zeigt er etwa in Be­zug auf die Ly­rik der „Zwei­ten Mo­der­ne“ (seit den 1990er Jah­ren) schön auf, wie eine Ab­kehr von der Form­tra­di­ti­on der Post­mo­der­ne eine Ten­denz­wen­de her­vor­brach­te, in wel­cher „Sub­jekt- und Sprach­kri­tik, Ex­pe­ri­ment und Her­me­tis­mus“ (S. 304), wie sie für die Ly­rik der spä­ten 1950er und 1960er Jah­re kenn­zeich­nend wa­ren, wie­der zu­rück ge­kehrt sei­en. Durch die Ver­schrän­kung ei­ner dia­chro­nen und ei­ner auf die Par­al­le­li­tät ver­schie­de­ner Gen­res ge­rich­te­ten syn­chro­nen Be­trach­tungs­ebe­ne er­stellt Ma­rio An­dreot­ti ein theo­re­tisch kom­ple­xes und zu­gleich his­to­risch dif­fe­ren­zie­ren­des Mo­dell, auf des­sen Grund­la­ge eine se­mio­ti­sche Ana­ly­se li­te­ra­ri­scher Tex­te vor­ge­nom­men wer­den kann. Sehr gut kommt da­mit die Viel­schich­tig­keit ei­ner ent­spre­chen­den Tie­fen­ana­ly­se zum Ausdruck.

Spezifische Gestik der modernen politischen Lyrik

Textvisualisierung in der Moderne: Konkrete Poesie (Timm Ulrichs:
Text­vi­sua­li­sie­rung in der Mo­der­ne: Kon­kre­te Poe­sie (Timm Ul­richs: „ord­nung – un­ord­nung, 1978)

Zur Ver­an­schau­li­chung des Blicks auf Kon­ti­nui­tä­ten und Dis­kon­ti­nui­tä­ten sei­en zwei dia­chron-trans­ver­sa­le Bei­spie­le her­aus­ge­grif­fen, die po­li­ti­sche Ly­rik und die ex­pe­ri­men­tel­le Li­te­ra­tur. Mo­der­ne po­li­ti­sche Ly­rik be­zeich­net Ma­rio An­dreot­ti als „spe­zi­fisch ges­tisch“ (S. 337), was er an Brechts dia­lek­ti­scher Ly­rik eben­so wie an ideo­lo­gie­kri­ti­schen Ge­dich­ten (etwa am Bei­spiel Erich Frieds), an der Agi­ta­ti­ons- und Pro­test­ly­rik seit Mit­te der 1960er Jah­re, an der par­odis­ti­schen bis hin zur Sub­kul­tur- und Avant­gar­de­ly­rik der sich durch Per­for­ma­ti­vi­tät und Ora­li­tät aus­zeich­nen­den Gen­res Pop, So­cial Beat, Rap und Slam Poet­ry auf­zeigt. Als ent­schei­den­des Cha­rak­te­ris­ti­kum ex­pe­ri­men­tel­ler Li­te­ra­tur sieht der Au­tor den Grund­ges­tus des Zei­gens. Nicht mehr der Be­zug auf eine aus­ser­sprach­li­che Wirk­lich­keit, son­dern die Spra­che selbst als ei­gen­stän­di­ge Rea­li­tät steht im Zen­trum. Dies de­mons­triert er an Bei­spie­len, die vom da­da­is­ti­schen Mon­ta­ge­ge­dicht bis zur Text­col­la­ge und kon­kre­ten Poe­sie rei­chen, in wel­cher das Sprach­zei­chen „auf sei­ne ma­te­ria­le Funk­ti­on“ (384) re­du­ziert wird.

Semiotischer Ansatz in die kulturgeschichtliche Sichtweise eingebunden

In den ver­schie­de­nen Ta­bel­len, etwa den Syn­op­sen mit den Epo­chen­be­grif­fen und ih­ren li­te­ra­ri­schen Ten­den­zen, ver­bin­det Ma­rio An­dreot­ti sei­nen se­mio­ti­schen An­satz im­mer wie­der mit ei­ner kon­tex­tua­lis­ti­schen brei­te­ren kul­tur- und wis­sen­schafts­ge­schicht­li­chen Sicht­wei­se und da­mit mit ei­ner für an­de­re An­sät­ze an­schluss­fä­hi­gen Spra­che ei­nes Zu­gangs auf Li­te­ra­tur, der im wei­te­ren Sin­ne als kon­struk­ti­vis­tisch be­zeich­net wer­den kann, in­dem er auf Wirk­lich­keits­kon­struk­tio­nen, Kon­struk­tio­nen des Selbst und des an­de­ren so­wie Selbst­re­fle­xi­on blickt. Dies ist ge­ra­de für Wis­sen­schafts­theo­re­ti­ker und -his­to­ri­ker von In­ter­es­se. So wäre An­dreot­tis Buch etwa für eine in­ter­dis­zi­pli­nä­re Her­an­ge­hens­wei­se an The­men von ge­sell­schaft­li­cher Mo­der­ni­sie­rung, ge­stei­ger­ter Selbst­re­fle­xi­on und de­ren Spie­ge­lung in den Wis­sen­schaf­ten um die Jahr­hun­dert­wen­de von 1900 in­spi­rie­rend. Hier­zu ge­hört auch der wie­der­hol­te Blick auf die li­te­ra­tur­theo­re­ti­sche Selbst­re­fle­xi­on ei­ner ent­spre­chen­den Zeit, wel­che den An­satz un­ter­stützt, der mo­der­ne Tex­te im­mer auch als Aus­ein­an­der­set­zung mit tra­di­tio­nel­len li­te­ra­ri­schen Tex­ten liest.

Dadaistische Lautpoesie in der modernen
Da­da­is­ti­sche Laut­poe­sie in der mo­der­nen „Slam Poet­ry“: An­fang von „Nit­ti­grit­ti“ von Weh­walt Kos­lovs­ky (2002)

Et­was stär­ker hät­te die Wech­sel­sei­tig­keit der Be­zie­hung zwi­schen Phi­lo­so­phie, Re­li­gi­on, Psy­cho­lo­gie, Na­tur­wis­sen­schaf­ten, Tech­nik und Wirt­schaft so­wie der Kunst, d.h. Mu­sik und Ma­le­rei auf der ei­nen und Li­te­ra­tur auf der an­de­ren Sei­te be­tont wer­den kön­nen (S. 99-138). Was in Ma­rio An­dreot­tis Werk im kul­tur­ge­schicht­li­chen Zu­sam­men­hang wie auch in Be­zug auf die struk­tu­rel­le Ebe­ne of­fen bleibt und für eine wei­ter­füh­ren­de Dis­kus­si­on von In­ter­es­se wäre, ist eine stär­ke­re Ein­bet­tung der deut­schen „Mo­der­ne“ im eu­ro­päi­schen li­te­ra­ri­schen Kon­text, so­wohl hin­sicht­lich der zeit­li­chen Ent­wick­lung als auch in Be­zug auf die zen­tra­len Cha­rak­te­ris­ti­ka und Aus­drucks­wei­sen mo­der­ner Li­te­ra­tur. Wie sind dies­be­züg­li­che Dif­fe­ren­zen und Ak­zent­ver­schie­bun­gen vor dem Hin­ter­grund his­to­risch-po­li­ti­scher Kon­tex­te zu ver­ste­hen? Auch die räum­li­che Ebe­ne schie­ne in die­ser Hin­sicht in­ter­es­sant zu sein: Wel­che Rol­le spiel­ten Me­tro­po­len wie Wien, Ber­lin, Pa­ris für die „Klas­si­sche“ Mo­der­ne? In­wie­fern lies­se sich be­züg­lich der auf die „Klas­si­sche Mo­der­ne“ fol­gen­den Pe­ri­oden al­len­falls von ei­ner De­zen­tra­li­sie­rung spre­chen? Auch die Schweiz wur­de ja be­son­ders in den 1960er und 1970er Jah­ren zu ei­nem wich­ti­gen Ort li­te­ra­ri­scher Moderne.

Literarische Transformationen illustrativ sichtbar gemacht

Ma­rio An­dreot­tis pro­fun­de Kennt­nis der deut­schen Li­te­ra­tur bis in die di­ver­sen Gen­res der letz­ten Jahr­zehn­te – von Pop über Rap hin zu Slam Poet­ry – liegt der re­flek­tier­ten, pa­ra­dig­ma­ti­schen, Aus­wahl an pro­por­tio­nal zu den theo­re­tisch-kon­zep­tio­nel­len Pas­sa­gen ge­schickt ver­teil­ten Bei­spie­len zu Grun­de, an wel­chen der Au­tor sei­ne tie­fen­ana­ly­tisch-se­mio­ti­sche Her­an­ge­hens­wei­se ver­an­schau­licht und il­lus­tra­tiv Trans­for­ma­tio­nen von der tra­di­tio­nel­len zur mo­der­nen, aber auch in­ner­halb der mo­der­nen Li­te­ra­tur auf­zu­zei­gen ver­mag. Ge­ra­de in die­sen Bei­spie­len zeigt sich, was eine auf den Text be­zo­ge­ne Struk­tur­ana­ly­se leis­ten kann. Da­bei ist zu­dem po­si­tiv her­vor­zu­he­ben, dass dem Le­ser kei­ne all­zu ho­mo­ge­nen, an­de­re Mög­lich­kei­ten aus­schlies­sen­den In­ter­pre­ta­tio­nen vor­ge­legt wer­den, son­dern viel­mehr eine sys­te­ma­ti­sche Fo­kus­sie­rung auf zen­tra­le Ebe­nen im (mo­der­nen) Text und auf de­ren be­griff­lich-strin­gen­te Ver­ar­bei­tung, auf de­ren Grund­la­ge auch un­ter­schied­li­che In­ter­pre­ta­tio­nen fun­diert und plau­si­bi­li­siert wer­den kön­nen. Für Stu­die­ren­de sehr hilf­reich sind die aus Text­bei­spie­len be­stehen­den Auf­ga­ben am Ende je­des Teils des Bu­ches. Gut füh­ren zu­dem zahl­rei­che gra­fi­sche Dar­stel­lun­gen die Kon­zep­te und ihre Be­zie­hun­gen un­ter­ein­an­der zu­sam­men, so dass sich ein plas­ti­sches, ein­präg­sa­mes und kla­res Ana­ly­se­ras­ter er­gibt. Zu­sam­men mit dem über 100-sei­ti­gen Glos­sar mit li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­chen, lin­gu­is­ti­schen und phi­lo­so­phi­schen Be­grif­fen bie­ten die­se Gra­fi­ken di­dak­tisch ge­schickt prä­sen­tier­te Stüt­zen. Für Li­te­ra­tur­wis­sen­schaf­ter, die mit dem se­mio­ti­schen Zu­gang ver­traut sind, wird der Band da­durch auch zu ei­nem durch­dach­ten Nachschlagewerk. ♦

Ma­rio An­dreot­ti, Die Struk­tur der mo­der­nen Li­te­ra­tur – Neue Wege in der Text­in­ter­pre­ta­ti­on: Er­zähl­pro­sa und Ly­rik (Mit ei­nem Glos­sar zu li­te­ra­ri­schen, lin­gu­is­ti­schen und phi­lo­so­phi­schen Grund­be­grif­fen), UTB Bd. 1127 (4. voll­stän­dig neu be­ar­bei­te­te und ak­tua­li­sier­te Auf­la­ge), Haupt Ver­lag, 488 Sei­ten, ISBN 978-3-8252-1127-1


Franziska MetzgerProf. Dr. Fran­zis­ka Metzger

Geb. 1974 in St. Gal­len, His­to­ri­ke­rin und An­glis­tin, Lek­to­rin am Se­mi­nar für Zeit­ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Fri­bourg, Dis­ser­ta­ti­on „Re­li­gi­on, Ge­schich­te, Na­ti­on. Ka­tho­li­sche Ge­schichts­schrei­bung in der Schweiz im 19. und 20. Jahr­hun­dert – Kom­mu­ni­ka­ti­ons-Theo­re­ti­sche Per­spek­ti­ven“ (2010), For­schungs­tä­tig­keit und Pu­bli­ka­tio­nen zu The­men der Re­li­gi­ons- und Kul­tur­ge­schich­te, His­to­rio­gra­phie­ge­schich­te, Ge­schichts­theo­rie und Methodologie.

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin auch den Auf­satz von Ma­rio An­dreot­ti: Ist Dich­ten lernbar?

… so­wie zum The­ma „Wozu Li­te­ra­tur?“ den Es­say von Ar­nold Lei­fert: Der li­te­ra­ri­sche Text als Geschehnis

Zum The­ma Ver­la­ge le­sen Sie über Ös­ter­reichs viel­fäl­ti­ge Li­te­ra­tur­land­schaft im Li­te­ra­tur-Ka­ta­log 2019 der IG Au­torin­nen Autoren

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