Anekdoten aus der Welt der Literatur (2)

Keine Improvisationen bitte

Ein neuer bunter Strauss von Literatur-Anekdoten

von Wal­ter Eigenmann

Christian Grabbe

Der Dra­ma­ti­ker Chris­ti­an Diet­rich Grab­be war auch ein ge­fürch­te­ter Thea­ter­kri­ti­ker. In Düs­sel­dorf gas­tier­te drei Aben­de hin­ter­ein­an­der ein be­rühm­ter Te­nor na­mens Hahn. Da schrieb Grab­be: “Und als der Hahn zum drit­ten Mal kräh­te, ging Pe­trus hin­aus und wein­te bitterlich.”

Ludvig Holberg

Ludvig Holberg
Lud­vig Holberg

Der dä­ni­sche Dich­ter Hol­berg leg­te gar kei­nen Wert auf sein Äus­se­res. So konn­te er sich auch nicht von ei­nem ur­alten, schä­bi­gen Hut tren­nen. Ein leicht an­ge­trun­ke­ner Stu­dent hielt ihn ein­mal an und sagte:
“Was? Das Ding auf Ih­rem Kopf nen­nen Sie Hut?”
Wor­auf Hol­berg er­wi­der­te: “Was? Das Ding un­ter Ih­rem Hut nen­nen Sie Kopf?”

Wilhelm Hauff

Wil­helm Hauff such­te ei­nen Ver­le­ger für sei­nen his­to­ri­schen Ro­man “Lich­ten­stein”, einst ein Best­sel­ler. Der Stutt­gar­ter Ver­le­ger Frankh war be­reit, das Buch zu dru­cken, schick­te Hauff tau­send Gul­den und schrieb, Hauff möge ent­schul­di­gen, wenn der Stil des Brie­fes nicht ein­wand­frei sei. Da er­wi­der­te Hauff:
“Ein Brief mit tau­send Gul­den ist im­mer in ein­wand­frei­em Stil geschrieben.”

Enrico Butti

Der ita­lie­ni­sche Schrift­stel­ler But­ti gab auch eine klei­ne li­te­ra­ri­sche Zeit­schrift her­aus, die nach ei­ni­gen Num­mern starb. In der letz­ten Num­mer schrieb er: “Die­se Zeit­schrift ist ge­bo­ren wor­den, weil ich kein Geld hat­te. Heu­te stirbt sie aus dem glei­chen Grund.”

Jean Paul
Jean Paul

Jean Paul

Jean Paul war ein gros­ser Kaf­fee­trin­ker. Goe­the, der ihn nicht sehr schätz­te, sagte:
“Ein glück­li­cher Mensch, die­ser Jean Paul! Er braucht nur eine Tas­se Kaf­fee zu trin­ken, und schon kann er dichten!”

W.G. Bielinsky

Ei­ner der be­rühm­tes­ten Schrift­stel­ler sei­ner Zeit in Russ­land war Biel­in­sky, der sich gern mit me­ta­phy­si­schen Fra­gen be­fass­te. So re­de­te er denn un­un­ter­bro­chen, bis Tur­gen­jeff mein­te, es sei Zeit zum Abendessen.
“Was?!” rief Biel­in­sky. “Wir ha­ben die Fra­ge der Exis­tenz Got­tes noch nicht ge­löst, und Sie wol­len zum Abend­essen gehn?!”

Heinrich Heine

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In das Al­bum sei­nes rei­chen On­kels Sa­lo­mon schrieb Heine:
“Lie­ber On­kel, leih mir hun­dert­tau­send Tha­ler und er­in­ne­re dich nie mehr Dei­nes zärt­lich er­ge­be­nen Neffen.”

Hermann Bahr

Her­mann Bahr sass mit sei­nem Pa­tri­ar­chen­bart ne­ben ei­ner jun­gen Dame, die sag­te: “Wie freue ich mich, end­lich den Dich­ter Su­der­mann ken­nen zu lernen!”
Bahr er­wi­der­te, ohne mit der Wim­per zu zu­cken: “Sie ir­ren sich, mein Fräu­lein. Ich bin nicht Su­der­mann, ich bin Brahms.”
“Ach, ver­zei­hen Sie!” rief die jun­ge Dame be­schämt. “Wie konn­te ich mich nur so ir­ren! Aber ich wuss­te, dass ich ein gross­ar­ti­ges Buch von Ih­nen ge­le­sen habe.”
“Da mei­nen Sie ge­wiss Brahms Tierleben.”
“Rich­tig! Rich­tig! Ein herr­li­ches Buch…!”

Otto Hartleben

Ein jun­ger Schau­spie­ler, der in Hart­le­bens “Ro­sen­mon­tag” ei­nen Of­fi­ziers­bur­schen ge­spielt hat­te, kam zum Au­tor und bat ihn um eine Emp­feh­lung an ei­nen Thea­ter­di­rek­tor. Hart­le­ben schrieb:
“Ich emp­feh­le Ih­nen den Schau­spie­ler X. Er hat viel Ta­lent, spielt Wil­helm Tell, Ham­let, Cä­sar, Of­fi­ziers­bur­schen, Flö­te und Bil­lard. Am bes­ten Billard.”

Gerhart Hauptmann

Gerhard Hauptmann
Ger­hard Hauptmann

Ger­hart Haupt­mann steigt in den Wa­gen, um zur Pre­mie­re ei­nes sei­ner Stü­cke zu fah­ren. Da klopft ihm ein Mann auf die Schul­ter. “Haupt­mann…?”
“Ja…”
“Kennst du mich nicht mehr? Ich bin doch Mett­ge. Karl Mett­ge. Sind wir nicht in Bres­lau zu­sam­men in die Re­al­schu­le gegangen?”
Haupt­mann er­in­nert sich dunkel.
“Na”, fährt Mett­ge fort, “und was hast du denn die gan­ze Zeit über getrieben?”

Roda Roda

Als man von den Un­ter­schie­den zwi­schen Ita­li­en und Ös­ter­reich sprach, sag­te Roda Roda:
“Über Ita­li­en lacht der blaue Him­mel; über Ös­ter­reich lacht die gan­ze Welt.”

Mark Twain

Mark Twa­in lieb­te es nicht, im Zug an­ge­spro­chen zu wer­den. Ein­mal frag­te ihn ein Rei­se­ge­fähr­te, was für ein Buch er lese. Mark Twa­in über­hör­te die Fra­ge. Da fan­den der Rei­se­ge­fähr­te und des­sen Frau, das sei ein­mal ein eif­ri­ger jun­ger Mann, der so in sei­ne Stu­di­en ver­tieft war. Und dann bot er Mark Twa­in eine Zi­gar­re an.
“Dan­ke, ich rau­che nicht”, er­wi­der­te Mark Twain.
Aber­mals Be­geis­te­rung über den tu­gend­haf­ten Jüngling.
“Aber ein Glas Whis­ky neh­men Sie doch?”
“Dan­ke, ich trin­ke nicht.”
Die Be­geis­te­rung stei­ger­te sich, und der Rei­se­ge­fähr­te sag­te: “Ich muss Sie mei­ner Frau vorstellen.”
“Dan­ke”, ent­geg­ne­te Mark Twa­in un­er­schüt­ter­lich, “aber ich ma­che mir nichts aus Frauen.”

Bernard Shaw
Ber­nard Shaw

Bernard Shaw

Bei ei­ner Thea­ter­pro­be un­ter­brach Shaw ei­nen Schauspieler:
“Hal­ten Sie sich, bit­te, an mei­nen Text und fü­gen Sie kei­ne Im­pro­vi­sa­tio­nen hin­zu, die über­dies höchst ge­schmack­los sind.”
Der Schau­spie­ler er­wi­der­te sehr er­staunt: “Aber ich habe doch kein Wort hin­zu­ge­setzt, das nicht von Ih­nen wäre!”
Shaw blick­te in den Text und muss­te zu­ge­ben, dass der Schau­spie­ler recht hatte.
“Mein Gott, wie tief man manch­mal sin­ken kann!” rief er. ♦

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin auch die
An­ek­do­ten aus der Welt der Li­te­ra­tur (1)

… so­wie die
An­ek­do­ten aus der Welt des Schachs

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