Neue Musiker-Anekdoten (2)

Wie soll man pfeifen, wenn man gähnt?“

Ein neuer Strauss von Musiker-Anekdoten

von Walter Eigenmann

Hans von Bülow

Bei ei­ner Pro­be er­mahn­te Hans von Bülow den Chor: „Wol­len Sie bit­te nicht ges­ti­ku­lie­ren wie Kan­ni­ba­len! Wir spie­len die Hu­ge­not­ten und nicht die Hottentotten!“

Niccolo Paganini

Ein Pia­nist rühm­te sich, sei­ne Kon­zer­te sei­en so über­füllt, dass ein Teil des Pu­bli­kums in den Gän­gen stehn müsse.
„Das ist noch gar nichts“, er­wi­der­te Pa­ga­ni­ni. „Bei mei­nen Kon­zer­ten muss ich sel­ber stehn.“

Arcangelo Corelli

Teufelsgeiger Paganini
Teu­fels­gei­ger Nic­co­lo Paganini

Ar­c­an­ge­lo Co­rel­li war nicht nur ein be­deu­ten­der Kom­po­nist, son­dern auch ein gros­ser Gei­ger. Ei­nes Ta­ges soll­te er in ei­nem Pri­vat­haus ein Kon­zert ge­ben. Er hat­te schon be­gon­nen, doch ei­ni­ge Gäs­te plau­der­ten ru­hig wei­ter. Da un­ter­brach sich Co­rel­li und sag­te: „Ver­zei­hung, aber ich fürch­te, dass ich die Un­ter­hal­tung störe!“

Franz Liszt

Liszt und der gros­se Te­nor Ru­bi­ni ga­ben in ei­ner be­deu­ten­den Pro­vinz­stadt Frank­reichs ein Kon­zert. Doch es wa­ren kaum fünf­zig Per­so­nen im Saal. Den­noch sang Ru­bi­ni herr­lich, und Liszt spiel­te wie immer.
Am Ende des Kon­zerts wand­te sich Liszt zum Pu­bli­kum und sag­te: „Mei­ne Her­ren und mei­ne Dame — denn ich sehe nur eine ein­zi­ge – darf ich mir er­lau­ben, Sie jetzt zum Abend­essen einzuladen?“
Das Pu­bli­kum war ver­blüfft, nahm die Ein­la­dung aber an. Das Abend­essen kos­te­te Liszt etwa zwölf­hun­dert Francs, doch am nächs­ten Abend war der Saal überfüllt.

Zauberer Liszt
Zau­be­rer Liszt

Als Liszt ein­mal in Bell­agio war, mach­te er ei­nen Aus­flug nach Mai­land und ging in das Ver­lags­haus Ri­cor­di. Da ge­ra­de nie­mand da war, setz­te er sich ans Kla­vier und spiel­te. Im Nu stürz­te Ri­cor­di aus sei­nem Zim­mer und rief: „Das ist Liszt oder der Teu­fel selber!“

Gasparo Spontini

Der Kom­po­nist und Di­ri­gent Spon­ti­ni hat­te sich ei­nen selt­sa­men Di­ri­gier­stab ma­chen las­sen. Aus Eben­holz, sehr lang und an den bei­den En­den gros­se Ku­geln. Er schwang ihn wie ein Szep­ter. Als Ri­chard Wag­ner den Stock be­staun­te, er­klär­te ihm Spontini:
„Den Stock brau­che ich, um zu herr­schen, nicht um zu di­ri­gie­ren. Ich di­ri­gie­re nur mit den Au­gen. Mit dem lin­ken die Strei­cher, mit dem rech­ten die Bläser…“

Gioachino Rossini

Feuerwerker Rossini
Feu­er­wer­ker Rossini

Im Jah­re 1854 sand­te Ba­ron Roth­schild an Ros­si­ni ei­nen Korb der präch­ti­gen Trau­ben sei­nes Wein­guts. Da er­wi­der­te Ros­si­ni: „Vie­len Dank, mein lie­ber Ba­ron, Ihre Trau­ben sind vor­züg­lich. Aber ich ge­nies­se den Wein ei­gent­lich nie in Pillenform.“
Roth­schild ver­stand und schick­te Ros­si­ni eine Kis­te sei­ner be­rühm­tes­ten Weine.

Ein Freund be­such­te Ros­si­ni und sah, wie der Kom­po­nist ge­ra­de auf ein Bild die Wid­mung schrieb:
<Für Pil­let-Will, der heu­te auf dem Ge­biet der Mu­sik mei­nes­glei­chen ist!>
„Was für eine Über­trei­bung, Ma­es­tro!“ rief der Freund. „Pil­let-Will Ihresgleichen!“
„Na­tür­lich“, er­wi­der­te Ros­si­ni. „Ich kom­po­nie­re ja nicht mehr.“

Charles Gounod

Goun­od kam von ei­ner sehr schlech­ten Auf­füh­rung sei­nes Re­qui­ems nach Hau­se. Sei­ne Freun­de woll­ten ihn trösten:
„Ma­chen Sie sich nichts draus; ei­nes Ta­ges wird man Ihr Re­qui­em ein­wand­frei aufführen.“
„Ja“, er­wi­der­te er, „und das wird mein To­des­tag sein. Aber auch der Tag mei­ner Ra­che, denn ich wer­de zu mei­nen Kri­ti­kern sa­gen: <Seht ihr? Ihr seid tot, und ich lebe!>“

Hector Berlioz

Kriegsherr Berlioz
Kriegs­herr Berlioz

Ber­li­oz war bei Ade­li­na Pat­ti zu Ti­sche ge­la­den. Es gab eine gross­ar­ti­ge Pas­te­te, aber die Pat­ti quäl­te Ber­li­oz, sie wol­le ein Au­to­gramm ha­ben: „Wenn Sie mir et­was in mein Al­bum schrei­ben, so be­kom­men Sie ei­nen Kuss oder noch eine Pastete!“
Dar­auf­hin schrieb Ber­li­oz in das Al­bum: „Bit­te um die Pastete !“

Pietro Mascagnis

Über den Miss­erfolg von Mas­ca­g­nis Oper „Sil­va­no“ schrieb ein Kri­ti­ker: „Be­vor der Vor­hang sich hob, ap­plau­dier­te das Pu­bli­kum, weil es Ver­trau­en hat­te. Nach­dem der Vor­hang ge­fal­len war, ap­plau­dier­te es in der Hoff­nung, der zwei­te Akt wer­de bes­ser sein. Nach Ende des zwei­ten und letz­ten Ak­tes aber ap­plau­dier­te es aus Mitleid.“

Bei der Auf­füh­rung von Mas­ca­g­nis „Isa­beau“ in Par­ma wur­de der Te­nor nach ei­ner Arie aus­ge­pfif­fen. Das Pu­bli­kum war völ­lig ent­fes­selt. Mas­ca­gni, der in der Ku­lis­se stand, flüs­ter­te dem Un­glück­li­chen et­was zu, und dar­auf­hin trat der Te­nor noch ein­mal an die Ram­pe und rief: „Still! Sonst wie­der­ho­le ich die Arie!“ Dar­auf­hin be­ru­hig­te sich das Pu­bli­kum im Nu.

Alexander Borodin

Vor ei­nem Pe­ters­bur­ger Ge­richt strit­ten sich ein­mal zwei jun­ge Kom­po­nis­ten. Je­der be­haup­te­te, der an­de­re habe ihm eine Me­lo­die ge­stoh­len. Bo­ro­din wur­de als Sach­ver­stän­di­ger berufen.
„Wer von den bei­den ist also der Ge­schä­dig­te?“ frag­te der Gerichtspräsident.
„We­der der eine noch der an­de­re“, ent­schied Bo­ro­din lä­chelnd, „son­dern mein Freund Mussorgski.“

Opernstar Massent
Opern­star Massent

Jules Massenet

Die Oper ei­nes jun­gen Kom­po­nis­ten war durchgefallen.
„Nun“, trös­te­ten ihn sei­ne Freun­de, „we­nigs­tens hat man dich nicht ausgepfiffen.“
„Wie soll man pfei­fen“, be­merk­te Mas­se­net, „wenn man gähnt?“

David Popper

Der be­rühm­te Cel­list Da­vid Pop­per war auch ein sehr wit­zi­ger Mann. Kam ein Kol­le­ge von ei­ner Tour­nee heim und frag­te Popper:
„Ra­ten Sie, wie­viel ich ver­dient habe!“
„Die Hälf­te“, er­wi­der­te Popper.
„Wo­von die Hälf­te?“ frag­te der Kol­le­ge verdutzt.
„Von dem, was Sie mir er­zäh­len wer­den“, mein­te Popper.

Claude Debussy

Impressionist Debussy
Im­pres­sio­nist Debussy

De­bus­sy hat­te gar nichts für Mas­se­nets Mu­sik üb­rig. Er schrieb ei­nem Freund: „In mei­nem Ho­tel ist eine Dame, die Tag für Tag eine Oper von Mas­se­net singt. Das ist eine Diät, die ihr der Arzt ver­schrie­ben ha­ben muss.“

Franz Schalk

Beim Di­ri­gen­ten der Wie­ner Hof­oper, Franz Schalk, stell­te sich ein gut emp­foh­le­ner jun­ger Mann vor.
„Was wol­len Sie ei­gent­lich wer­den?“ fragt ihn Schalk. „Gei­ger oder Pianist?“
„Ka­pell­meis­ter“, er­wi­dert schüch­tern der jun­ge Mann.
„Bra­vo“, sagt Schalk. „Ich habe mir gleich ge­dacht, dass Sie nicht ar­bei­ten wollen!“

Moritz Moszkowski

Der Bres­lau­er Kom­po­nist Mosz­kow­ski sag­te: „Die Fran­zo­sen sind ge­schaf­fen, um Mu­sik zu kom­po­nie­ren, die Ita­lie­ner, um sie voll­endet zu sin­gen, die Deut­schen, um sie voll­endet zu spie­len, die Eng­län­der, um zu­zu­hö­ren, und die Ame­ri­ka­ner, um zu bezahlen!“

Ein Glück, dass es Kla­vier­leh­rer gibt“, mein­te Mosz­kow­ski ein­mal. „Sonst wür­den die Schü­ler all­zu gros­se Fort­schrit­te machen.“

Erich Kleiber

Hut-Schnauzer Toscanini
Hut-Schnau­zer Toscanini

Der Di­ri­gent Erich Klei­ber ruft bei der Pro­be zu „Car­men“ dem stimm­ge­wal­ti­gen Ba­ri­ton auf der Büh­ne zu: „Hö­ren Sie, mein Lie­ber, Sie ha­ben hier nicht den Stier zu sin­gen, son­dern den Stierkämpfer!“

Arturo Toscanini

Tos­ca­ni­ni hat­te als ho­her Acht­zi­ger ei­nen zehn­jäh­ri­gen Kon­trakt un­ter­schrie­ben. Als er an sein Pult tritt, sieht er weh­mü­tig auf das Or­ches­ter hin­un­ter und sagt: „Trau­rig zu den­ken, dass vie­le von Ih­nen nicht mehr da sein wer­den, wenn der Kon­trakt abläuft!“ ♦

Le­sen Sie im Glarean Ma­ga­zin auch die An­ek­do­ten aus der Welt der Li­te­ra­tur (1)
…und die drit­te Staf­fel der Neu­en Musiker-Anekdoten
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