Christian Futscher: 100. Geburtsjahr von Astrid Lindgren (Humoreske)

Drei Gedichte für Astrid

Christian Futscher

As­trid Lind­gren hat schö­ne Bü­cher ge­schrie­ben. Un­ver­ges­sen ist zum Bei­spiel „Pip­pi Lang­strumpf“, das auch ver­filmt wor­den ist. Auch an­de­re Bü­cher von As­trid Lind­gren sind ver­filmt wor­den, ich den­ke nur an die „Kin­der von Bul­ler­bü“ und an­de­re. Um auf Pip­pi Lang­strumpf zu­rück­zu­kom­men: Ich glau­be, es gibt we­ni­ge Mäd­chen in der ge­sam­ten Li­te­ra­tur, die so stark und ge­witzt sind wie sie. Un­ver­ges­sen auch ihr Pferd, ihr Affe und ihr Haus, die Vil­la Kun­ter­bunt, von ih­ren Re­chen­küns­ten ganz zu schwei­gen. Ich ma­che mir die Welt, wie es mir ge­fällt… oder heisst es: wie sie mir ge­fällt? Je­den­falls ist das wohl ei­ner der schöns­ten Sät­ze der  Welt­li­te­ra­tur, da fährt die Ei­sen­bahn drüber!

Sehr alt geworden

Die weltberühmte Kinderbuch-Autorin Astrid Lindgren an ihrer Schreibmaschine "Halda" - Glarean Magazin
As­trid Lind­gren an ih­rer Schreib­ma­schi­ne „Hal­da“

As­trid Lind­gren ist sehr alt ge­wor­den, das hat sie sich auch ver­dient. Ich glau­be, man kann so­gar sa­gen, sie ist un­sterb­lich ge­wor­den durch das, was sie ge­schrie­ben hat. Hät­te sie nicht ge­schrie­ben, son­dern nur er­zählt, ich mei­ne, hät­te sie ihre Phan­ta­sie und ihre Er­fin­dungs­ga­be nur münd­lich in den Dienst der Un­ter­hal­tung ih­rer Kin­der, En­ke­lin­nen, En­kel oder Nich­ten und Nef­fen ge­stellt, wäre sie nicht un­sterb­lich geworden.

Aber was ist das schon, Un­sterb­lich­keit? Wer kann denn wirk­lich ga­ran­tie­ren, dass in sa­gen wir 500 Jah­ren noch ein Hahn nach As­trid Lind­gren krä­hen wird? Ich muss je­doch sa­gen, ich bin fest da­von über­zeugt, dass in 500 Jah­ren noch ein Hahn nach ihr krä­hen wird!

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Ja, ich bin so­gar zu­ver­sicht­lich, dass auch in 1000 Jah­ren noch et­li­che Häh­ne nach ihr krä­hen wer­den! Dank sol­cher Aus­nah­me­ta­len­te oder soll ich sa­gen: über­ra­gen­der Schrift­stel­le­rin­nen wie ihr ist der Fort­be­stand der Li­te­ra­tur ge­si­chert. Ich habe kei­ne Angst vor ei­ner Ver­nich­tung der Er­zähl­kunst, weil die Er­zähl­kunst ge­hört zum Men­schen wie der Bu­sen zur Frau und das Glied zum Mann, um es dras­tisch und deut­lich zu formulieren.

Gedichte für Astrid

Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf alias Pippi Langstrumpf, dargesellt von Inger Nilsson
Lind­grens be­rühm­tes­te Fi­gur: Pip­pi­lot­ta Vik­tua­lia Roll­gar­di­na Pfef­fer­minz Efra­ims­toch­ter Lang­strumpf ali­as Pip­pi Lang­strumpf, dar­ge­stellt von In­ger Nilsson

As­trid Lind­gren war eine Schwe­din, sie wäre am 14. No­vem­ber 2007 hun­dert Jah­re alt ge­wor­den. Ich bin noch nicht ein­mal 50, aber das tut nichts zur Sa­che. Wer je­mals et­was von As­trid Lind­gren ge­le­sen hat, der weiss, dass sie eine gros­se Schrift­stel­le­rin war und ist. Ihre Li­te­ra­tur lebt nach wie vor, sie er­freut sich bes­ter Gesundheit.
Schon sehr viel Mist ist über As­trid Lind­gren ge­schrie­ben wor­den, ich will ihr heu­te ein Ge­dicht wid­men – ein sehr ein­fa­ches, wie es ih­rer per­sön­li­chen  Be­schei­den­heit ent­spro­chen hät­te, denn sie hat sich zeit­le­bens nie auf­ge­plus­tert wie so vie­le zweit- und dritt­klas­si­ge Au­toren, die glau­ben, sie sei­en weiss Gott was und da­bei sind sie nichts wei­ter als ein Flie­gen­schiss auf ei­nem Kuh­fla­den oder Ross­ap­fel. Es ist un­glaub­lich, wie vie­le auf­ge­bla­se­ne Wich­tig­tu­er, die kei­ne Ah­nung von nichts ha­ben, sich Schrift­stel­ler schimp­fen! As­trid Lind­gren war da an­ders, ganz an­ders, nicht zu ver­glei­chen mit die­sen Hohl­köp­fen, die glau­ben, sie sei­en was bes­se­res als ein Furz im Wind oder ein ge­schmack­lo­ser Witz.

Lindgren - Die Kinder von Bullerbü - Glarean Magazin
Sze­nen­fo­to aus „Die Kin­der von Bullerbü“

Hier jetzt aber das Ge­dicht für As­trid Lind­gren, ein ein­fa­ches Ge­dicht ihr zu Eh­ren, und das geht so:

As­trid Lindgren
As­trid Lindgren
As­trid Lindgren
As­trid Lindgren

Der Ti­tel des Ge­dich­tes wäre nach­zu­tra­gen, er lau­tet ganz ein­fach: „As­trid Lindgren“.

Und ich will ihr noch ein zwei­tes Ge­dicht schrei­ben, wie­der ihr zu Eh­ren, eine klei­ne Spie­le­rei, denn auch sie war ver­spielt, das sieht man an ih­ren   ver­spiel­ten Tex­ten, wo Sprach­spie­le eine gros­se Rol­le spielen:

As­trid Lindkren
Arsch­tritt Lindcreme
Ast im Lindbrenn
Ast im Lindgrün
Ich schrei­be ih­ren Namen
Wie es mir gefällt

Ich hof­fe, die Ge­dich­te hät­ten ihr ge­fal­len! Die zwei­te Zei­le in dem Ge­dicht ohne Ti­tel ist üb­ri­gens in kei­ner Wei­se de­spek­tier­lich ge­meint, son­dern über­mü­tig, le­bens­froh und pip­pif­rech, um es so zu sa­gen! Und weil al­ler gu­ten Din­ge drei sind, hier noch ein drit­tes Ge­dicht für As­trid Lind­gren, dies­mal ein et­was an­ders ge­strick­tes als die vor­he­ri­gen, auch ein­fach ge­hal­ten, aber mit ein­deu­tig mehr Tief­gang. Es drückt sich dar­in, mehr als in den vo­ri­gen bei­den, das ly­ri­sche Ich aus, das emp­fin­den­de, möch­te ich hin­zu­fü­gen, ja, ich möch­te so­gar in al­ler Be­schei­den­heit er­gän­zen: das tief emp­fin­den­de! Der nor­ma­le Pro­sa­fluss der nor­ma­len All­tags­spra­che ist ver­ab­schie­det wor­den, es heisst jetzt: Grüss Gott, Spra­che des Ge­dichts, zur Ly­rik ge­hö­rend, er­gies­se dich über uns arm­se­li­ge Stamm­ler, Stot­te­rer, Stümper…
Ich will Sie aber nicht län­ger auf die Fol­ter span­nen. Das drit­te Ge­dicht für die von mir hoch ge­schätz­te und ver­ehr­te As­trid Lind­gren hat den Ti­tel „Wie das Le­ben so spielt“ und geht so:

Lausebengel Michel aus Lönneberga - Szenenfoto mit Darsteller Jan Ohlsson
Lau­se­ben­gel Mi­chel aus Lön­ne­ber­ga – Sze­nen­fo­to mit Dar­stel­ler Jan Ohlsson

As­trid Lin­gren wur­de sehr alt

Sie starb mit 96
Ihr Bru­der hiess Gunnar
Ihre Schwes­tern Sti­na und Ingegerd
Auch alle schon tot
Gun­nar wur­de 68 Jah­re alt
Sti­na 91 und In­ge­gerd 81
(Wenn ich mich nicht ver­rech­net habe)
Ob die Schauspielerin
Die Pip­pi Lang­strumpf ge­spielt hat
Noch lebt?

Schon mög­lich

Bzw. kei­ne Ahnung
As­trid Lind­gren hat­te ei­nen Sohn
Der hiess Lars, ge­nannt Lasse
Der wur­de nur 60
Sie hat ihn deut­lich überlebt
Ach, ach, ach!

Ich hät­te As­trid Lind­gren gern ken­nen ge­lernt, aber das hat nicht sol­len sein. Na ja.
Ich hof­fe, mit die­sem Es­say und den drei Ge­dich­ten den ei­nen oder an­de­ren auf­ge­rüt­telt zu ha­ben. So wie As­trid Lind­gren im­mer alle  auf­ge­rüt­telt hat, vor al­lem die Kin­der. Mö­gen die Bü­cher von As­trid Lind­gren noch in 10’000 Jah­ren die Her­zen und Köp­fe der Le­se­rin­nen und Le­ser erfreuen.
Dan­ke für die Aufmerksamkeit. ♦


Christian FutscherChris­ti­an Futscher

Geb. 1960 in Feldkirch/A, Stu­di­um der Ger­ma­nis­tik und Ro­ma­nis­tik in Salz­burg, Pro­sa- und Ly­rik-Pu­bli­ka­tio­nen in Bü­chern und Zeit­schrif­ten, Trä­ger ver­schie­de­ner Li­te­ra­tur-Prei­se und -Sti­pen­dia­te, lebt in Wien

Le­sen Sie im Glarean auch die Hu­mo­res­ke von Karl Gross: Das Dra­ma des un­be­gab­ten Schachlehrers

… so­wie die Gro­tes­ke von Kon­rad Vo­gel: Introkubus

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